Pokémon Schwert

Auch wenn mich den längsten Teil meines Lebens das Thema Videospiele begleitet, ist das Popkultur-Phänomen Pokémon bisher an mir nahezu spurlos vorbeigegangen. Über die dazu führenden Gründe langatmig zu philosophieren wäre zwar reizvoll, aber bringt inhaltlich wenig Mehrwert für diesen Text. Trotz dieser persönlichen Ausgangssituation ist für mich Pokémon aufgrund der Stärke der Marke, des langjährigen Erfolgs und des einfachen Grundprinzips als Videospiel seit Jahren ein spannendes Thema. Darunter fallen unter anderem die Heldenreise als Erzählmittel, eine hohe Diversität als auch Kreativität hinsichtlich der unterschiedlichen Pokémon als ein wichtiger treibender Faktor, um stetig etwas Neues zu Entdecken und die Motivation mit der optimalen Kombination dieser, den Kontrahenten gegenüber im Duell überlegen zu sein. Sowie auch alle Pokémon zu finden, zu bekämpfen und viel wichtiger zu fangen. Irgendwann um den Jahreswechsel ins Jahr 2020 fasste ich den Beschluss, dass es an der Zeit ist meine Lücke hinsichtlich des Themas Pokémon zu schließen und ich kaufte mir voll motiviert den damals erst kürzlich erschienenen aktuellsten Ableger der Reihe, konkret Pokémon Schwert, für die Nintendo Switch und startete in ein Abenteuer im doppelten Sinne, nämlich im Videospiel und für mich.

Diese Motivation war jedoch nicht von langer Dauer. Bereits nach wenigen Stunden mit dem Videospiel war diese ursprüngliche Motivation nicht mehr vorhanden und es wurde für mich immer schwieriger, dass ich mich zum Weiterspielen des Titels bringen, fast schon zwingen, konnte. Ich nutzte unterschiedliche Tricks, um mich an die Nintendo Switch zu setzen, aber mit jedem Weiterspielen sank die Motivation Pokémon Schwert zu spielen immer mehr und es festigte sich der Gedanke, dass ich das Videospiel einfach nur mehr zu einem für mich persönlich funktionierenden Ende bringen möchte. Anders formuliert einem Zustand, in dem ich das Videospiel ohne schlechtes Gewissen von der Nintendo Switch löschen kann. Vor ein paar Wochen, also mehr als neun Monate nach dem Kauf und nach etwa 25 Stunden Spielzeit, war es dann endgültig soweit und ich für meinen Teil schließe das Kapitel Pokémon hinsichtlich Videospiele für mich ab und werde mich künftig davor hüten, mich erneut einer solchen Erfahrung auszusetzen.

In meinen Texten ist es unüblich, dass ich aus meiner Sicht negative Aspekte in einem Videospiel ausufernd bearbeite. Noch viel weniger, wenn mich ein Titel unnötig frustriert, denn in solchen Fällen verzichte ich auf eine typische Bearbeitung oder versuche es mit einer anderen Herangehensweise. Videospiele sind ein Hobby von mir und dem Nachgehen dieses sollte sich nicht schlecht anfühlen, es sollte Freude, Entspannung und auch Ablenkung bringen. Dies spiegelt sich auch in meinen Texten wider, aber Pokémon Schwert ist eine Ausnahme. Aufgrund meiner nicht vorhandenen Vergangenheit mit der Reihe, fehlen mir jegliche Referenzerfahrungen ob spezifische Funktionen, Elemente oder Ideen sich im Vergleich zu Vorgängern verändert haben oder was besser oder schlechter ist. Meine Erfahrung für diesen Text basiert nur auf Pokémon Schwert und meiner am Beginn des Textes beschriebenen Erwartungshaltung: Eine Heldenreise, Diversität als auch Kreativität und das indirekte Ziel auch alle Pokémon zu fangen.

Die klassische Heldenreise beziehungsweise eine vereinfachte Abwandlung davon war zu Beginn meines Abenteuers im Videospiel eigentlich ein Fixpunkt, den ich erwartet und auf den ich mich gefreut habe. Ich bin ein Fan davon, noch viel mehr, wenn die Heldenreise gut erzählt und passend inszeniert wird. Und in den ersten Stunden hat es auch so gewirkt, denn das Abenteuer ruft nach der eigenen Spielfigur, man ist sich unsicher und weigert sich anfangs, bis man übernatürliche Hilfe in Form der Auswahl des persönlich bevorzugten Pokémon zum Start bekommt. Klassisch folgt der erste Kampf mit seiner zuvor getroffenen Wahl, man überschreitet damit die erste Schwelle und danach ist der spannende Teil der Geschichte hinsichtlich Heldenreise auch schon wieder vorbei. Es gilt zig Städte zu besuchen, dort zig Trainer zu besiegen, am Ende eine Verschwörung aufzudecken und die Videospielwelt zu retten. Das Traurige dabei ist, dass sich dieser Ablauf inhaltlich bereits nach der ersten Stadt und dem ersten Trainer als so generische Mittel angefühlt hat, dass ich sehr rasch begonnen habe, die mittels Text transportierte Erzählung ungelesen wegzuklicken. Aus meiner Sicht deckt Pokémon Schwert ein Sechstel der klassischen Heldenreise ab und bietet sonst nur 0815-Inhalte, welche irgendwie auch beliebig austauschbar sind. Mir ist dabei vollkommen bewusst, dass die Heldenreise per se aufgrund der Vorhersehbarkeit sowie häufigen Nutzung im Medium Videospiele ebenso als generisch oder unkreativ eingestuft werden kann, aber inszeniert man diese passend, entsteht zumindest Spannung, Dynamik, Interesse, Neugierde und Emotionen. Fünf Gefühle, die ich trotz des inhaltlich guten Start des Abenteuers schmerzlich vermisst habe und wodurch sich Pokémon Schwert für mich leider nur zu einer Sammlung von eigentlich guten Videospiel-Mechaniken gewandelt hat.

Vom Ablauf her ähnlich erging es mir bei meinem erhofften zweiten Ankerpunkt, dem Versuch alle im Videospiel enthaltenen Pokémon zu finden, zu bekämpfen und viel wichtiger diese auch zu fangen. Eine Sache, bei welcher mir bereits zum Start meiner Reise bewusst war, dass es nicht ganz so trivial wird. Zum einen bedingt dadurch, dass seit dem Beginn der Serie die Videospiele immer in zumindest zwei Editionen erscheinen und einzelne Pokémon für die eine oder andere Edition exklusiv sind. Ebenso war mir bekannt, dass viele der Pokémon aus früheren Teilen der Reihe nicht in Pokémon Schwert enthalten sind, was mich aber aufgrund der fehlenden persönlichen Bindung zur Marke vor dem Kauf nicht wirklich störte. Mitten während meiner Reise habe ich aber viele der Pokémon aus früheren Teilen vermisst, sogar sehr vermisst. Auch wenn sich meine Bezugspunkte mit der Marke auf das Popkultur-Phänomen beschränkten, fand ich die Diversität und Kreativität der einzelnen Figuren, eigentlich schon fast Charaktere, immer schön und auch spannend. Genau diese fehlten mir aber in vielen Momenten bei Pokémon Schwert und sehr oft blickte ich bei einer neuen Begegnung leicht ungläubig auf den Bildschirm. Meine Gedanken schwankten dann meist zwischen der Frage, ob das neue Pokémon abgesehen von einer minimalen Veränderung nicht identisch mit einem wenige Minuten zuvor gefangenen Pokémon ist und was das auf dem Bildschirm gezeigte überhaupt darstellen oder vermitteln sollte.

Leider kann ich bis heute nicht genau konkretisieren, weshalb meine Wahrnehmung so war und von Mal zu Mal negativer wurde und im Endeffekt mit Vorurteilen behaftet war. Meine Gedanken dazu wechseln auch zwischen den Fragen, ob durch die detaillierten 3D-Modelle der Pokémon vielleicht meine Vorstellungskraft nicht so sehr wie bei eine pixelige Darstellung in 2D gefordert wird oder ob ich mit meinem Alter jenseits der 30 Jahre schlichtweg überhaupt nicht mehr auf die Grundidee anspreche. Oder auch ob die grundlegende Idee nach zig Jahren und zig Ablegern in zig Editionen nicht so durch ist, dass die Entwickler immer häufiger an der kreativen Herausforderung scheitern, dass sich Pokémon einzigartig und speziell anfühlen sollten. Jedenfalls ist durch diesen Umstand mein Interesse an den Figuren selbst so gesunken, dass auch der zuvor angeführte und erhoffte Ankerpunkt, alle Pokémon in Pokémon Schwert zu fangen, einfach nicht mehr wichtig für mich war. Die Pokémon waren für mich sehr früh leider nur mehr austauschbare Einträge in einer Liste, welche in unterschiedliche Klassen eingeteilt waren und die sich durch unterschiedliche Werte in tabellarischer Form unterschieden.

Ich wollte Pokémon Schwert mögen, ich wollte den Ursprung des Phänomens Pokémon am eigenen Leib erleben und ich habe mich wirklich auf den Titel gefreut. Umso trauriger empfand ich es, dass Pokémon Schwert für mich inhaltlich so gar nicht funktioniert hat. Die Mechaniken im Videospiel funktionieren soweit und rein aus dieser Perspektive, ist der Titel auch gut. Aber dadurch, dass ich inhaltlich so enttäuscht wurde, hat diese Basis nichts am Gesamteindruck für mich verändert. Vielleicht bin ich zu alt dafür, vielleicht fehlen mir die persönlichen Erfahrungen mit der Serie, vielleicht war meine Erwartungshaltung das Problem oder vielleicht ist Pokémon Schwert einfach kein Videospiel für mich.

Gespielt wurde Pokémon Schwert auf der Nintendo Switch. Entwickelt wurde der Titel vom japanischen Entwicklungsstudio Game Freak. Vertrieben wird das Videospiel vom japanischen Publisher The Pokémon Company und Nintendo. Das Videospiel ist für die Nintendo Switch. Digitale Bezugsmöglichkeit ist der Nintendo eShop (Switch AT-Direktkauf). Physische Datenträger oder Download-Codes gibt es unter anderem bei Amazon (physischer Datenträger bzw. Download-Code*). Preislich liegt das Videospiel bei etwa 60 Euro.

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