Stell dir vor du bist ein Mistkäfer. Stell dir vor du rollst dein ganzes Leben eine Kugel Mist vor dich her. Stell dir vor du kommst aus irgendwelchen Gründe auf eine dir unbekannte Insel. Stell dir vor du kannst mit anderen Tieren sprechen. Stell dir vor du bist der neue Briefträger, sollst Briefe austragen, diverse kleinere Aufträge erfüllen und die Insel aus eine tiefen Schlaf erwecken. Stell dir vor … bitte was zur Hölle ist im Verlauf dieser fünf Sätze passiert. Die einleitenden Sätze zu Yoku’s Island Express klingen verrückt, sind aber im Prinzip inhaltlich relativ egal. Wenn wir bereits beim Thema verrückt sind, dann gleich alles niederschreiben was geht. Yoku’s Island Express gehört zum Genre der 2D-Plattformer, genauer in das Unter-Genre der Metroidvanias welches hinsichtlich Videospielmechaniken mit dem Pinball-Genre gekreuzt wurde. Klingt komisch, klingt nach etwas nachdenken noch immer komisch, ist aber in Realität erfrischend und funktioniert aus Sicht des Videospielers gut.
Fangen wir mit der Basis im Bereich Videospielmechaniken an und einem Versuch den Ablauf des Videospiels zu beschreiben. Den Videospieler erwartet ein 2D-Plattformer und man übernimmt an einem Strandabschnitt einer unbekannten Insel die Kontrolle über den namensgebenden Mistkäfer Yoku. Dieser rollt seine Mistkugel nach links oder rechts und bewegt sich auf diese Art durch die im Moment überschaubare aber erreichbare Videospielwelt. Der erste große Unterschied zu anderen Vertretern des Genres ist, dass Yoku mit seiner Mistkugel nicht springen kann. Es geht entweder nach links oder nach rechts. Kleinere Hügel sind kein Problem, aber Klippen oder Objekte, über die die Mistkugel nicht gerollt werden kann, stellen ein unüberwindbares Hindernis dar. Die Bewegung in vertikaler Richtung erfolgt in Yoku’s Island Express durch die in der Videospielwelt überall vorhandenen Flipperhebel, kurz Flipper. Wie bei einem Flipperautomaten gibt es zwei unterschiedliche Flipper, welche im Videospiel farblich kodiert sind. Mittels Betätigung des entsprechenden Bumpers wird die Mistkugel und damit auch der daran hängende Yoku in die entsprechende Richtung geschleudert. Nach oben, nach unten, in Schräglagen oder über Rampen irgendwohin.
Durch diese Bewegungsmöglichkeiten erkundet man die Insel und lernt nach und nach die tierischen Bewohner kennen, welche Yoku, also den Videospieler, um das Erledigen diverser Aufträge bitten. Diese Aufträge führen Yoku samt Mistkugel an die verschiedenen Enden der Insel und zu den dort vorherrschenden Vegetationen und Klimazonen. Strand, Urwald, Höhlensysteme, Bergstollen und auch Gletscher gilt es zu erkunden sowie durchzuflippern. Regelmäßig findet man nämlich in der Videospielwelt eingewobene kleine Flippertische, welche wie klassische Flipperautomaten bespielt und samt Bumper, Rampen und Bonusgegenständen bezwungen werden müssen. Mit jeder für die Bewohner der Insel erfüllten Aufgabe erlernt Yoku neue Fähigkeiten oder erlangt weitere Gegenstände, durch welche der Zugang zu neuen Gebieten und damit auch neuen Aufgaben und ebenso neuen kleinen Flippertischen ermöglicht wird.
Aus Sicht auf die Videospielmechaniken ist das Schöne an Yoku’s Island Express, dass alles etwas einfacher und simpler gestaltet ist. 2D-Plattformer können richtig stressig sowie schwierig sein und auch perfektes Timing erfordern, hier ist jedoch alles etwas gemütlicher und kleinere Fehler des Videospielers fallen nicht ins Gewicht. Metroidvanias, konkreter das Erkunden der Videospielwelt samt Sammeln neuer Fähigkeiten und das Herstellen von Zusammenhängen samt dem wiederholten Zurücklegen langer Strecken kann langwierig sein, ist aber in diesem Fall überschaubar und durch den eher geringen inhaltlichen Umfang der Hauptgeschichte nicht sonderlich kompliziert. Flipperautomaten sind mir meistens zu überladen, zu kompliziert und oftmals scheitert es auch am feinmechanischen Können die Flipper im richtigen Moment zu betätigen. Die Flippertische in Yoku’s Island Express sind minimalistisch und spielen sich von der Physik als auch Mechanik nach kurzer Eingewöhnung überraschend gut und fühlen sich auch richtig an. Quasi die Komplexität aller Videospielmechaniken ist deutlich reduzierter als bei anderen Titel der jeweiligen Genres, aber funktionierend durch die Vermischung wunderbar angenehm um in einen Flow zu kommen, der es einem schwer macht mit Yoku’s Island Express aufzuhören, wenn man erst einmal zu spielen begonnen hat.
Ein weiterer herausragender Aspekt ist die stimmige Videospielwelt samt den tierischen Bewohnern der Insel. Visuell und akustisch wirkt die Insel wie aus einem Guss und auch die Übergänge zwischen den unterschiedlichen Gebieten wirken passend, trotz der doch überschaubaren Größe der Videospielwelt. Was aber vielmehr beindruckt, sind die Bewohner der Insel auf die Yoku im Laufe des Abenteuers trifft und auch die Gegenstände, die zur erfolgreichen Absolvierung der Hauptgeschichte benötigt werden. Zuckersüße schleimig explosive Schnecken, die man mittels Saugfunktion rund um die Mistkugel saugt, um dann nachgelagert Gesteinsbrocken wegzuspringen. Eine Katze, welche Yoku die Funktionsweise von Tauchfischen erklärt, um Momente später damit die Tiefen von Tümpel erkunden zu können und natürlich die Bienen, die mit unterschiedlichen Beelines ein exklusives Schnellreise-Transportsystem den Einwohnern der Insel und natürlich auch Yoku zur Verfügung stellen. Das unheimlich Schöne daran ist, dass diese Sachen logisch und gleichzeitig totaler Unsinn sind. Gespickt mit Wortspielen und abgedrehten Ideen überrascht Yoku’s Island Express hier bis zum Ende der Geschichte und auch darüber hinaus.
Yoku’s Island Express ist am Papier ein ungewöhnlicher Genre-Mix und ist inhaltlich auch etwas verrückt. Der Titel ist abgedreht, aber im positiven Sinne und der Titel macht von Anfang bis Ende unheimlich viel Spaß. Die genutzten Videospielmechaniken sind erfrischend neu kombiniert und noch wichtiger, funktionieren auf Anhieb. Die erschaffene Videospielwelt ist stimmig und sorgt für ein leichtes Dauergrinsen im Gesicht des Videospielers. Einzig die Hauptgeschichte wirkt im direkten Vergleich etwas uninspiriert und nicht sonderlich kreativ, was aber glücklicherweise durch alle anderen Elemente kompensiert wird. Sogar so sehr, dass man zwar als geübter Videospieler bereits nach etwa vier bis fünf Stunden den Abspann sieht, aber danach voller Freude in etwa derselben Zeit noch unerledigte Aufgaben erfüllt, die Videospielwelt nach Geheimnissen absucht oder einfach Runde Dauergrinsen samt einer kurzen Pause vom Alltag einlegt.
Gespielt wurde die Xbox One Version von Yoku’s Island Express. Entwickelt wurde der Titel vom schwedischen Studio Villa Gorilla und vertrieben wird der Titel von Team 17. Das Videospiel ist seit Ende Mai 2018 für die Nintendo Switch, den PC, die PlayStation 4 und die Xbox One erhältlich. Digitale Bezugsmöglichkeiten sind der Nintendo eShop (Switch Direktkauf), Steam (PC Direktkauf), der PlayStation Store (PlayStation Direktkauf) oder der Microsoft Store (Xbox Direktkauf)*. Physische Versionen für die Videospielkonsolen gibt es bei Amazon (Versionen mit Datenträger)*. Preislich liegen die digitalen Versionen bei etwa 20 Euro, die physischen Versionen mit Datenträger kommen auf etwa 30 Euro.