The Game That Never Will Be: Far Cry Primal

Nach vier Hauptspielen der Far Cry-Reihe kündigte Ubisoft Anfang Oktober 2015 den nächsten Teil der Serie mit dem Titel Far Cry Primal an. Neben dem ungewohnten Ankündigungstermin im Herbst und dem ebenso ungewöhnlich kurzen Zeitfenster bis zur geplanten Veröffentlichung im Februar 2016 gibt es noch eine spannende Sache, denn Far Cry Primal könnte aus der mittlerweile seit Jahren typischen Ubisoft-Schablone für Open-World-Videospiele ausbrechen. Der Grund ist die Spielwelt, wobei anders als bei den letzten beiden Teilen nicht der Ort, sondern dieses Mal die Zeit der spannende Faktor ist, denn es geht 10.000 Jahre zurück, es geht in die Steinzeit. Laut Pressemeldung ist das primäre Ziel das eigene Überleben in einer Welt, in der nicht der Kampf zwischen Menschen im Vordergrund steht, sondern verstärkt der Kampf zwischen Mensch und Wildnis. Denkt man darüber nach, ein durchaus spannender Ansatz, da aufgrund der für uns unbekannten Zeitepoche der Kreativität der Entwickler fast keine Grenzen gesetzt sind. Wird Ubisoft mit Far Cry Primal komplett neue spielerische Ansätze wagen? So sehr ich es mir auch wünsche, so unrealistisch ist die Abkehr von der langjährig optimierten Spielmechanik. Aber was wäre wenn doch? Willkommen zu einem Text über ein Videospiel, welches wir so nie spielen werden, einem Beitrag über Far Cry Primal in der The Game That Never Will Be-Edition.

The Game That Never Will Be - Far Cry Primal - Cover

Als Spieler übernimmt man die Rolle von Takkar, der als einziger Überlebende seines Stammes die Überquerung einer Bergkette mit letzten Kräften geschafft hat und sich zum Spielstart in einem Tal im für ihn unbekannten Land von Oros wiederfindet. Alleine, ohne Ausrüstung und deutlich geschwächt von den Strapazen gilt es das Überleben in den ersten virtuellen Stunden zu meistern. Anstelle der sonst üblichen Tutorials mit Brotkrümelleuchtpfad gilt es selbst kreativ zu werden, die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen sowie eine stabile Ausgangslage für das Erkunden der Umgebung zu schaffen. Um wieder zu Kräften zu kommen, muss die nähere Umgebung nach Essbaren durchforstet werden. Die ersten Versuche herumhüpfende Kaninchen zu erschlagen oder Fische aus dem nahen Fluss mit den Händen zu fangen scheitern aufgrund der körperlichen Schwächung. Besser funktioniert es mit den Wildbeeren an diversen Sträuchern, die zumindest etwas Lebenskraft erzeugen um zu einer ein paar Meter erhöht liegenden Höhle zu klettern und dort ein notdürftiges Quartier für die ersten Nächte errichten zu können. Umgeben von kompletter Dunkelheit und den Geräuschen der nächtlichen Wildnis wartet man auf den nächsten Tag um langsam aber sicher die eigene Lage zu verbessern. Stöcke werden gesammelt und dienen als Waffe um kleinere Wildtiere zu erlegen, hohe Gräser als Material für die eigene Höhle und Steine als universelles Hilfsmittel für Waffen oder auch zur Markierung von geographischen Positionen in der noch überschaubaren Spielwelt, denn eine Karte oder etwas Vergleichbares gibt es nicht.

Sobald man die Grundmechaniken wie das Erlegen sowie Verwerten von Wildtieren, Sammeln von Ressourcen und die damit verbundene Herstellung einfacher Waffen und Felle gemeistert hat, kann man sich aus dem Tal herauswagen. Zwischen der Spielfigur Takkar und der restlichen Spielwelt liegt ein schmaler Bergpass, welcher jedoch von zwei aggressiven Säbelzahntigern bewacht wird. Mit den erlernten Fähigkeiten und behutsamen Vorgehen können die beiden Raubtiere getötet werden, jedoch bewachten diese nicht den Pass, sondern einen noch jungen Säbelzahntiger, welcher von Takkar aufgezogen wird und ihn fortan begleitet als auch unterstützt. Sei es beim gemeinsamen Jagen von Tieren, dem Transport von gesammelten Gegenständen nachdem man eine passende Transporttasche hergestellt hat, zur Erkundigung der näheren Umgebung als auch beim gezielten Ablenken anderer Steinzeitmenschen oder gefährlichen Tieren wie Wollnashörnern und Mammuts.

Hat man den Bergpass hinter sich gelassen, liegt einem die farbenfrohe Spielwelt von Oros zu Füßen und man wendet die bisher erlernten Fähigkeiten in der nun vielfach größeren und vielfältigeren Spielwelt an. Ein neues Lager, Sammeln von neuen Materialien und weiteres Erlegen von Tieren um mit genügend Kraft weitere Tagestouren absolvieren zu können. Es dauert nicht lange, bis man im Rahmen einer solchen Erkundungstour eine kleine Gruppe Menschen entdeckt, die in einem Verbund als Stamm zu leben scheinen. Die ersten Tage beobachtet man das Verhalten der Gruppe, bis man sich relativ sicher ist, dass eine unblutige Kontaktaufnahme möglich ist und hier kommt einer der spannendsten Aspekte von Far Cry Primal zum Tragen. Aufgrund der noch nicht ausgeprägten Sprache in der Steinzeit ist die Kontaktaufnahme sowie Kommunikation deutlich erschwert. Unterstützt und ermöglicht durch die neue Emotion-Engine gilt es Gesichtszüge und Körpergesten anderer Charaktere zu lesen sowie zu deuten und auch die emotionalen Reaktionen durch das eigene Tun direkt als auch indirekt zu steuern. Entscheidungen des Spielers sind im Gegensatz zu früher nicht Ja oder Nein, sondern müssen via entsprechender Gesten und Emotionen dem Gegenüber verdeutlicht werden. Hat man es geschafft das Vertrauen der Gruppe zu gewinnen, lernt man diese im Verlauf der Zeit besser kennen und auch zu verstehen, wodurch sich eine zu Beginn eigenartige, aber später durchaus spannende Dynamik ohne direkte verbale Kommunikation ergibt.

Mit der neuen Ausgangslage in einer kleinen Gruppe wiederholt sich der Spielablauf, jedoch mit größeren Zielen. Anstelle der Höhle baut man gemeinsam ein kleines Lager, welches wie die Feuerstelle dauerhaft bewacht werden muss. Wildtiere als Nahrungsquelle werden später durch Mammuts ersetzt, welche man nur mittels gemeinsamer und durchdachter Jagd erlegen kann. Weitere Menschengruppen können zur Vergrößerung des eigenen Stammes bekehrt oder zur Ausbeutung der vorhandenen Ressourcen eliminiert werden. Je besser die eigene Lage wird, desto spannender und größer sind die möglichen potentiellen Ziele, welche jedoch nicht mittels virtueller Markierungen vorgegeben werden, sondern vom Spieler aufgrund der bisherigen Erfahrung und gelernten Tätigkeiten selbstständig erkannt werden müssen.

Haupt- sowie Nebenmissionen? Nicht erforderlich, da diese von niemanden kommuniziert werden können und für was braucht man generierte Herausforderungen, wenn das eigene Überleben und die Ungewissheit die größte Herausforderung darstellen. Und wann hat man Far Cry Primal durchgespielt? Wenn man stirbt und es gibt viele Arten zu sterben. Entweder durch das Überschätzen der eigenen Fähigkeiten, das Versagen beim Aufbau sozialer Beziehungen ohne verbale Kommunikation und dem natürlichen Ende des Spiels, denn nach etwa 15 bis 20 Spielstunden trifft Takkar auf einen unbezwingbaren Gegner in Form einer sich langsam entstehenden Eiszeit, welche kein Lebewesen in Oros überleben kann.

Der obere Text erschien in der Reihe „The Game That Never Will Be“ und basiert auf (m)einer Idealvorstellung eines Videospiels. Bisher angekündigte Elemente wie zum Beispiel Spielwelten, Charaktere oder Spielelemente wurden als Ausgangsbasis genutzt, jedoch in einen komplett fiktiven Kontext gesetzt. Beschriebene Elemente wie Geschichte, Spielmechaniken oder Funktionen sind (derzeit noch) Fiktionen und sind relativ sicher nicht Teils des fertigen Videospiels.

Far Cry Primal ist der fünfte Teil der Far Cry-Reihe aus dem Hause Ubisoft. Angekündigt Anfang Oktober 2015 arbeitet aktuell Ubisoft Montréal zusammen mit Ubisoft Toronto, Ubisoft Shanghai und Ubisoft Kiev am Titel, welcher am 23. Februar 2016 für die PlayStation 4 sowie Xbox One und etwas später auch für den PC erscheinen soll. Vorbestellungen bei Amazon* sind bereits möglich und weitere Informationen zu Far Cry Primal gibt es auf der offiziellen Webseite.