Ethik im Journalismus ist ein umfangreiches Thema, welches verschiedenste Bereiche umfasst. Die klassischen Fragestellungen sind die Methoden zur Informationsgewinnung, die Art der Formulierung, die Selektion von Inhalten sowie deren Bearbeitung bis hin zur grundlegenden Entscheidung über die Veröffentlichung. Parallel dazu stellt sich die Frage nach der Verantwortung, denn wer trägt wofür diese und für wen gegenüber wem wird diese getragen. Die dritte große Säule stellen externe Faktoren in Form getriebener Beeinflussung und natürlich der wirtschaftlichen Komponente dar. Ethik ist ein unheimlich wichtiger Bestandteil des Journalismus und auch ein fester Bestandteil während der Ausbildung. Blöd nur, dass von denen die über Videospiele berichten nur die wenigsten einen journalistischen Bildungsweg bestritten haben.
In den seit Jahren vom Aussterben bedrohten gedruckten Videospielmagazinen findet man unter den Autoren zwar Journalisten, jedoch soll die Ethik in diesem fast schon klassischen Format nicht der Fokus dieses Beitrags sein. Viel spannender ist die zweite und dritte Evolutionsstufe des Videospiel-Journalismus, denn die hier entstehenden Inhalte stammen von Kunden und Konsumenten, die im Regelfall alles nur keine Journalisten sind. Und genau daran ist auch nichts auszusetzen, denn erst durch die verschiedenen Hintergründe und Lebensgeschichten der Blogger, Podcaster und auch Let’s Player ist ein Ausweg aus dem sich sonst ständig wiederholenden Einheitsbrei möglich. Diese neue Generation der Berichterstattung erreicht immer mehr Leute, ein Umstand den auch an die Videospiel-Industrie erkannt hat und genau hier kommt es zum Problem, denn mit diesem erhöhten Interesse kommt es zum Ethikproblem.
Zur Vereinfachung beschränke ich mich auf das Format der Textbeiträge. Diese spiegeln zwar nur die zweite der drei Stufen wieder, jedoch gelten die Grundprinzipien auch für Audio- und Videoformate, welche meiner Einschätzung nach verstärkt in der dritten Evolutionsstufe des Videospiel-Journalismus zu finden sind. Die Formatwahl aus zwei einfachen Gründen: Text stellt zumindest für mich ein nachhaltigeres Format als Audio oder Video dar und mein Blog besteht ausschließlich davon. Der zweite Grund stellt gleichzeitig irgendwie die weitere Ausgangsbasis dar, denn die Sache mit Ethik hat ein Problem: Neben Ja und Nein gibt es Vielleicht und dieses Vielleicht ist schwierig. Alles beginnt meiner Ansicht nach bei der Frage nach dem Grund. Warum schreibt man über das Medium Videospiele? Was ist die Motivation hinter etlichen Stunden vor einem blinkenden Balken in einem Textverarbeitungsprogramm anstelle Videospiele zu spielen?
Stelle ich mir die Frage selbst und denke darüber nach, ist es bei mir die Mischung aus teils komplexe Gedankengänge in möglichst verständlicher schriftlicher Form aufzuarbeiten und dabei im optimalen Fall nicht offensichtliche Aspekte in den Vordergrund zu stellen. Die Resultate sind hoffentlich ansprechende Inhalte, welche dem Leser eine vielleicht unterschätzte oder bisher nicht sichtbare Facette aufzeigen und zum Nachdenken anregen. Es ist mein Weg mich intensiver mit einem Hobby zu beschäftigen und gleichzeitig eine indirekte Anleitung für den Leser selbiges zu tun. Nicht immer einfach, eher sogar schwierig, aber nachhaltig betrachtet ist es jede aufgewendete Stunde wert.
Die alternative Antwort hat ähnlich egozentrische Spuren, lässt jedoch den Aspekt des Lesers weg und enthält negative Ansätze von Neid und Gier. Hierbei gilt es die investierte Zeit einem materiellen Gegenwert gegenüber zustellen. Die Motivation beginnt hier beim Vergleich von Zeit und Kosten. Die Kombination ein Spiel zu kaufen und zu spielen gilt persönlich als unwirtschaftlicher als die Zeit dafür aufzuwenden über ein kostenloses Testmuster zu schreiben. Diese Gewichtung des Vergleichs ändert sich mit steigender Lebenserfahrung durch die sich ändernde Bewertung der eigenen Zeit, jedoch bis dahin wird der Tausch von Zeit gegen ein kostenloses Testmuster oftmals als lukrativ angesehen. Zu Beginn zusätzlich getrieben durch den Neid auf andere Bezieher solcher Testmuster entwickelt sich im Laufe der Zeit Gier. Durch den einfachen Zugriff verlieren Spiele an Wert und die kostenlose Verfügbarkeit wird als neuer Standard angesehen. Anstelle sich selbst zu fragen ob man wirklich ein Spiel haben möchte, wird einfach eine E-Mail geschrieben und ein paar Tage später liegt der Datenträger im Briefkasten. Ein neuer Standard den man beibehalten möchte, ein neuer Standard der verführt. Es gilt die Quelle der Testmuster zufrieden zu stellen und man bezahlt die Testmuster mit Texten darüber. Texte die man praktischerweise selbst verfasst und deren Richtung bewusst gesteuert werden kann. Das Resultat ist eine indirekte Beeinflussung der Videospiel-Industrie die dem Autor kostenlose Spiele bringt, der Industrie die gewünschte Aufmerksamkeit mit passenden Inhalten und dem Leser leichte Kost, die aber in Bezug auf die Nachhaltigkeit wenig bis nichts bringt und alleine nicht langfristig existieren kann.
Ein Mechanismus der Vertretern der Videospiel-Industrie teilweise bewusst ist, aufgrund von Bequemlichkeit und einer ähnlichen Arbeitsweise in der Vergangenheit auch durchaus in Kauf genommen wird. Ein Mechanismus der irgendwann auch dem Verfasser bewusst wird und aus diversen Gründen wie dem ausbleibenden Erfolg zum Ende einer Internetseite oder zur Erweiterung um generische Inhalte wie Pressemeldungen und im Internet gesammelten Informationen als Newsbeiträge führt. Quasi das Festigen der eigenen Daseinsberichtigung für die Videospiel-Industrie dank irrelevanter Zugriffszahlen. Quantität statt Qualität, die am Papier funktioniert, jedoch in Wirklichkeit nichts mit Journalismus zu tun hat und auch keinen langfristigen oder sinnvollen Mehrwert für den Leser bietet. Journalismus der rein zur Befriedung der eigenen Bedürfnisse und denen der Videospiel-Industrie dient.
Machen wir uns nichts vor, Videospiele sind verhältnismäßig unwichtig und dies trifft noch mehr auf die zugehörige Berichterstattung darüber zu. Es geht um Unterhaltung, es geht um einen Zeitvertreib. Kein Beitrag auf meinem oder einem anderen Blog über das Medium Videospiele wird die Welt nachhaltig verändern und natürlich lässt sich in Bezug darauf die Relevanz der Sinnhaftigkeit von ethischen Grundsätzen stellen. Dennoch bin ich der Meinung, dass die Motivation des Mehrwerts für den Leser sowie die eigene Integrität wichtig sind und auch im Unterhaltungs-Journalismus ethische Grundsätze die Basis für alles sind. Nur weil die Industrie jemanden im Sinne der Vorteilszuwendung anfüttert, muss man nicht den Vorstellungen der Industrie entsprechen.
Niemand kann ein universelles Regelwerk in Bezug auf Ethik schaffen, jedoch kann jeder sein persönliches Regelwerk schaffen. Bin ich fehlerfrei? Nein, jedoch arbeite ich an meinen Fehlern. Wertende Erklärungen zu Denkansätzen anstelle von wertfreien Listen, Spiele auch mal kaufen anstelle kostenloser Testmuster, im Sinne der vollständigen Transparenz auf jede Zuwendung und sei diese noch so klein hinweisen, Reisen selbst bezahlen oder einfach Absagen wenn es nicht passt. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man sich damit nicht überall Freunde schafft und sich komplexere Inhalte auch negativ auf Zugriffszahlen auswirken können. Jedoch kann nichts das eigene Gefühl eines guten Beitrags und die dadurch langsam aber doch wachsende Anerkennung bei Lesern, Kollegen und der Videospiel-Industrie toppen. Ethik mag im Unterhaltungs-Journalismus schwieriger sein als in anderen Bereichen, an der Relevanz ändert dies jedoch nichts.