Und der dritte Teil einer Videospiel-Serie und ich habe keinen der beiden vorherigen Teile gespielt und habe ehrlich gesagt bis kurz vor dem Erscheinen des dritten Teils nicht mal gewusst, dass es überhaupt einen zweiten Teil von Luigi’s Mansion gab beziehungsweise gibt. Klingt nach einer interessanten Ausgangssituation für meinen Text über das aktuelle Videospiel der Reihe. Aber das Schöne an Luigi’s Mansion 3 ist, dass dieses fehlende Wissen komplett egal ist, denn Luigi’s Mansion 3 basiert rein auf dem Grundgedanken der Serie, das Erkunden sowie Kämpfen gegen Geister mit einem modifizierten Staubsauger, und macht den Rest einfach anders und neu.
Und Luigi’s Mansion 3 ist ein klassisches Videospiel wie es im Buche stehen könnte. Es ist eine mittellange Erfahrung für Einzelspieler, welche man perfekt optional kooperativ mit jemanden am selben Sofa spielen kann. Die erzählte Geschichte mit der absolut zufälligen Einladung in ein Hotel mit Freunden, die Freunde werden entführt und Luigi muss diese im Verlauf des Titels befreien, ist weder neu noch innovativ noch bahnbrechend. Ähnlich verhält es sich auch hinsichtlich der primären Videospielemechanik, welche schlichtweg die Bedienung eines multifunktionalen Staubsaugers ist. Meistens gilt es herumliegendes Zeugs aufzusaugen, manchmal bläst man damit auch auf Gegenstände in der Videospielwelt, nutzt eine aufladbare Taschenlampe, um Gegner in Form unterschiedlicher Geister zu blenden, schießt einen Pümpel auf glatte Oberflächen, um mittels der Saugfunktion des Staubsaugers die zur Fläche gehörenden Objekte zu manipulieren oder macht mittels dem speziellen Lichtmodus namens Dunkellicht etwaige unsichtbarere Elemente wieder sichtbar. Warum im Namen des Titels der Begriff Mansion, also übersetzt Villa beziehungsweise Herrenhaus, vorkommt obwohl man sich zu jedem Zeitpunkt in einem Hotel befindet, keine Ahnung. Warum im Namen des Titels die Nummer Drei vorkommt obwohl bis auf die Grundprämisse und Luigi als Hauptcharakter sowie dem multifunktionalen Staubsauger als Werkzeug kein direkter Bezug zu den Vorgängern vorhanden ist, ebenso keine Ahnung. Aber das Schöne an Luigi’s Mansion 3 ist, dass diese fehlende Logik komplett egal ist, denn Luigi’s Mansion 3 macht einfach Spaß.
Und wenn ich mich schon mit reduzierten Basiselementen beschäftige, dann ist in diesem Text das Hotel, die Videospielwelt in Luigi’s Mansion 3, hervorzuheben. Grund hierfür ist nicht, dass diese reduziert ist, sondern genau das Gegenteil in doppelter Hinsicht. Als Videospieler erkundet man die mehr als ein Dutzend Etagen des Hotels, welche, wenn man bei klassischen Bezeichnungen von Videospielen bleibt, die Level darstellen. Was im ersten Moment nicht sonderlich abwechslungsreich klingt, ist es aber in Realität. So sehr das Hotel nichts mit einer dem Titel namensgebenden Villa zu tun hat, so wenig haben die Etagen des Hotels in Luigi’s Mansion 3 etwas mit den Etagen eines Hotels zu tun. Also grundlegend vom Gedanken her manchmal schon, aber mit jeder Etage wird das Grundkonzept immer abstruser. Beginnt man mit Zimmern oder einem Restaurant, wird es später ein Filmstudio oder eine Diskothek oder eine Wüstenlandschaft samt Pyramide oder eine Taverne samt angeschlossenem Meerabschnitt mit dem obligatorisch erforderlichen Piratenschiff in Originalgröße. So wie von der inhaltlichen Orientierung der Etagen mit klassischen Konzepten gebrochen wird, bricht auch die Ausstattung dieser Etagen mit den Konventionen eines Hotels im üblichen Sinne. Bedeutet, dass jede Etage vollgeräumt ist mit allem möglichen Zeug und damit ist so wirklich vollgeräumt bis unter die Decke gemeint. Überall gibt es Schubladen, Dekokram, Plakate an den Wänden, Schüsseln mit Obst, Kerzenleuchter, Tischdecken, Gläser, Stühle, Bettdecken, Vasen und oder Blumen in eigentlich tausendfacher Ausführung. Aber das Schöne an Luigi’s Mansion 3 ist, dass dieser Bruch mit Konventionen und der Erwartungshaltung komplett egal ist, denn Luigi’s Mansion 3 sorgt damit für Abwechslung sowie schafft die Ausgangslage für den wichtigsten Teil des Videospiels.
Und der für mich wichtigste Teil des Titels wurde bereits erwähnt und klingt unheimlich dämlich. Es ist nämlich die Benutzung des multifunktionalen Staubsaugers, konkretisiert das Aufsaugen des herumliegenden Zeugs und der damit einhergehenden Befriedigung die man als Videospieler dabei erlangt. Ich kann nicht genau sagen ob es an der während des Spielens entwickelten leichten OCD zwecks Reinigung beziehungsweise des Aufsaugens des ganzen Krams in der Videospielwelt liegt oder an den ganzen kleinen feinen Details die in der Videospielwelt zu finden sind oder der einfach super befriedigenden mechanischen Umsetzung des Vorgangs. Es ist, wenn ich antworten müsste, die Kombination und es ist beindruckend wieviel Aufwand in die einzelnen Etagen sowie Räume samt deren Details gesteckt wurde in Hinblick auf die Nutzung des multifunktionalen Staubsaugers. Jeder neuer Raum bietet neue Elemente, jeder neue Bereich bietet neue Überraschungen und in mitten des Chaos sind kleine Rätsel implementiert, welche sich über den gesamten Spielablauf weder wiederholen und zu keinem Zeitpunkt erzwungen anfühlen. Besonders hervorzuheben beim Einsaugen der Sachen ist die Umsetzung davon, sowohl optisch als auch haptisch als auch akustisch. Optisch ist es einfach bezaubernd, wenn Luigi eine Decke von einem Bett einsaugt oder die Polster von einem Sofa im Staubsauger verschwinden. Haptisch denkt man eigentlich an ein Dauervibrieren in den Händen bei der Benutzung, aber haptisch ist es so viel mehr eigentlich. Man spürt förmlich die Größe der Objekte, die man einsaugt, man merkt, wenn der Staubsauger kurz verstopft, weil der Gegenstand zu groß ist und erlebt einen kleinen Ruck, wenn man dann große Objekte doch erfolgreich eingesaugt hat. Das klingt alles merkwürdig sowie auch etwas dämlich? Ja und akustisch setzt sich dieser Aspekt fort. Die kleinen feinen Blop-Laute, wenn man handliche Gegenstände einsaugt im Vergleich zu klingenden Blop-Lauten, wenn man Münzen erwischt oder das dumpfe Blop bei einem Batzen an herumliegenden Geldscheinen sowie der befreiende Blop-Laut, wenn ein die Düse verstopfendes Objekt doch runtergesaugt wird. Könnte ich einen kompletten Beitrag mit Lobeshymen über den saugenden Modus des Staubsaugers in Luigi’s Mansion 3 verfassen? Ich habe ernsthaft darüber nachgedacht und mit diesem Gedanken gespielt. Aber das Schöne an Luigi’s Mansion 3 ist, dass diese dauerhaft im Videospiel vorkommende Mechanik einfach, jedermann aus der realen Welt bekannt und gleichzeitig so unheimlich befriedigend ist.
Und natürlich bietet das Videospiel auch noch andere Sachen, die erwähnt werden sollten und auch einen eigenen Absatz bekommen müssten. Da gibt es den aus grünem Glibber bestehenden Klon von Luigi namens Fluigi, welchen entweder der Koop-Partner steuert oder zu dem man selbst mittels Tastendruckes wechselt, um gemeinsam als Duo in der Videospielwelt Rätsel löst oder Geheimnisse entdeckt. Geheimnisse oft in Form vom Geldschätzen oder in Form von sechs versteckten Kristallen auf jeder Etage um den Sammeltrieb sowie den Entdeckungsdrang mancher Videospieler zu befriedigen. Es gibt bezaubernde Charaktere, die erforderliche Prise Humor samt Selbstironie, liebevolle Details in allen Richtungen, eine schöne Struktur sowie ein angenehmes Tempo zwischen Erkunden, Einsaugen, allen paar Etagen einen größeren Geist als Zwischenboss und so weiter. Aber das Schöne an Luigi’s Mansion 3 ist, dass es sich einfach wie ein klassisches Videospiel aus dem Hause Nintendo anfühlt, sich so spielt und sofort ein wohliges Gefühl in der Bauchregion des Videospielers entsteht.
Und Luigi’s Mansion 3 ist dann einfach eines der Videospiele, die mich 2019 unerwartet erwischt haben und mir so viel mehr Spaß als erwartet gemacht haben. Es macht nichts wirklich neu, aber dies alles ist einfach ausgezeichnet beindruckend. Aber das Schöne an Luigi’s Mansion 3 ist, dass ich es als eines meiner Lieblingsvideospiele im Jahr 2019 einfach uneingeschränkt weiterempfehlen kann.
Gespielt wurde Luigi’s Mansion 3 auf der Nintendo Switch. Entwickelt wurde der Titel vom kanadischen Entwicklungsstudio Next Level Games und vertrieben wird der Titel vom japanischen Publisher Nintendo. Das Videospiel ist exklusiv für die Nintendo Switch erhältlich. Digitale Bezugsmöglichkeit ist der Nintendo eShop (Switch AT Direktkauf). Physische Datenträger sowie Download-Codes gibt es unter anderem bei Amazon (physische Datenträger & Download-Codes*). Preislich liegt das Videospiel bei etwa 60 Euro.