Großartig, schon wieder ein vor Jahren erschienenes Videospiel, welches ich aufgrund meiner oftmals azyklischen Herangehensweise mit einer für die Videospielindustrie untypischen Verspätung verarbeite. Der Titel des Beitrags ist Programm, es geht um das im Jahr 2016 erschienene Stardew Valley, welches im Laufe der drei Jahre seit der Veröffentlichung fortlaufend erweitert und mittlerweile auch für im Prinzip alle Videospielplattformen veröffentlicht wurde. Meine Geschichte mit dem Titel beginnt wie so oft: Ich wollte, dass Stardew Valley für mich umgangssprachlich funktioniert und es hat für mich nicht funktioniert. In der Theorie hätte es aber sollen, ich habe nicht verstanden weshalb der Titel nicht funktionierte und vor ein paar Wochen bin ich dann so richtig reingekippt. Die Geschichte ist da, der inhaltliche Bogen vom anfangs verschmähten Videospiel zu einem gern gespielten Titel ist gespannt und der Weg bis dahin kann schön mit Wörtern ausgeschmückt werden. Keine Sorge, dieser Beitrag schlägt ab dem dritten Absatz eine andere Richtung ein.
Zum Zeitpunkt als ich Stardew Valley kurz nach der Veröffentlichung für den PC gekauft habe, war es für mich gedanklich die Möglichkeit, der Versuch oder viel eher der Wunsch eigene Kindheitserinnerungen erneut zu erleben. Konkret sollte der Titel mich gedanklich zurück ins Jahr 1996 versetzen, denn alles was ich über das Videospiel gelesen, gesehen und gehört habe, hat für mich wie eine moderne Version vom damals für das Super Nintendo erschienene Harvest Moon geklungen, ausgesehen und angehört. Und ich habe Harvest Moon damals nicht nur gespielt wie ein Süchtiger, ich habe Harvest Moon geliebt. Schon damals machte es beim Bauernhof-Simulator, einem gewaltfreien Videospiel mit Potential den Ablauf zu optimieren, bei mir Klick und genau dies mit nostalgischen Erinnerungen wollte ich wiederhaben. Erstellt man eine Liste der Aktivitäten, die man in Stardew Valley so erledigt, dann klingt diese im Prinzip identisch wie bei der vor 20 Jahren erschienenen Inspiration. Man bewirtschaftet einen Bauernhof mit Gemüse und Früchten, man kann Nutztiere wie Kühe und Hühner halten, es gibt ein Dorf zwecks sozialen Lebens neben der Hofarbeit, ein in der Nähe gelegener Wald lädt zum Erkunden ein und es gibt Geheimnisse, die man entdecken kann. Aber Stardew Valley geht weiter und packt noch das Aufräumen des Grundstücks, das Renovieren samt dem Ausbau des Bauernhofs, die Möglichkeit zu Angeln oder zum Beispiel auch das Erkunden einer Mine mit dutzenden Ebenen hinsichtlich Funktionsumfang hinzu. Die wunderschöne Pixeloptik verstärkte meinen Wunsch die Erinnerungen von damals erneut zu erleben, aber am Ende hat es dann im Jahr 2016 bei mir einfach nicht Klick gemacht und traurigerweise schlichtweg nicht funktioniert.
Vor ein paar Wochen habe ich mich erneut am Titel versucht und dieses Mal hat der Klick eingesetzt und ich bin reingekippt. So wenig konkret wie ich es mir erklären kann warum es vor drei Jahren zur Veröffentlichung das Videospiel für mich nicht funktioniert hat, so wenig konkret kann ich erklären warum es heute funktioniert. Das für mich Schöne an Stardew Valley ist, dass ich eigentlich keine Ahnung habe was ich mache und ob ich es richtig mache. Also grundlegend habe ich schon eine Ahnung was ich mache, aber auch nach etwa 15 Stunden mit dem Titel, bin ich mir den Großteil der Zeit nicht sicher ob ich alle möglichen Dinge so wirklich verstanden habe und ob meine Herangehensweise optimal ist. Wobei dieser Gedankengang hinsichtlich Optimierung eigentlich egal ist, denn da mir nicht mal wirklich klar ist ob es ein zu erreichendes Ziel zu erreichen gibt, spielt jegliche Optimierung keine relevante Rolle.
Ein für mich typischer Tag in Stardew Valley beginnt mit dem Aufwachen, danach raus vor meinen Bauernhof und mich um die Ernte des Gemüses und der Früchte kümmern. Pflänzchen gießen, reife Dinge in die Verkaufskiste legen und neue Samen pflanzen. In den ersten Spielstunden habe ich mit dem dadurch verdienten Geld immer mehr angebaut, aber irgendwann hatte ich keine Lust mehr darauf. Eine radikale Reduzierung auf drei kleine Felder war absolut positiv, denn ansonsten müsste ich den ganzen Vormittag mit der Pflege der Pflänzchen verbringen. Seit kurzem habe ich auch einen Hühnerstall mit drei Hennen, welche täglich mit Heu gefüttert werden wollen und im Austausch dafür je ein Ei legen. Damit endet aber auch schon mein Fixprogramm. In meinen ersten Stunden war mein fixer Tagesablauf etwas umfangreicher, denn es ging normalerweise gegen Mittag in das nahe gelegene Dorf, um dort Aufträge anzunehmen, mich mit den Bewohnern zu unterhalten, ihnen Geschenke zu machen und hoffentlich in deren Gunst zu steigen. Ich habe für mich aber irgendwann beschlossen darauf umgangsprachlich zu scheißen, ein soziopathisches Verhalten gegenüber den Charakteren an den Tag zu legen und seither ist das Spielen von Stardew Valley für mich um soviel besser und auch entspannter geworden.
Bitte mein Verhalten nicht falsch verstehen, aber ich hatte irgendwann einfach keine Lust mehr irgendwelchen Charakteren kleine Gefallen wie das Anpflanzen eines speziellen Gemüses oder das Fangen eines besonderen Fisches zu erfüllen. Wenn etwas leicht im Vorbeigehen klappt gerne, aber auf zusätzlichen Aufwand, um meine Beliebtheit irgendwie zu steigern muss nicht sein. Noch deutlicher wird mein Verhalten als Soziopath hinsichtlich der Geschenke, die man den anderen Bewohnern machen kann, denn ich habe schlichtweg keine Motivation herauszufinden wer was wann mag und noch weniger Lust diese Geschenke dann zu besorgen. Gleich verhält sich meine Einstellung hinsichtlich der Geburtstage, die man im Kalender findet oder den regelmäßig in Stardew Valley stattfindenden Feste. Anfangs bin ich dort noch hin, um Kontakte zu knüpfen, aber mittlerweile meide ich an solchen Tagen das Dorf sogar komplett.
Warum ich ein solches Verhalten an den Tag lege und woher es kommen könnte? Ehrlicherweise habe ich keine Idee oder Erklärung. In quasi allen Inhalten zu Stardew Valley die ich gelesen, gesehen und gehört habe, ist die soziale Komponente gelobt worden, manchmal sogar als eine der spannendsten Komponenten des Titels bezeichnet worden. Mein persönlicher Eindruck, welcher durch mein Verhalten auch zumindest für mich bestätigt wurde, könnte nicht anders sein. Ich bevorzuge es meine angebrochenen Vormittage, Nachmittage, Abende und Nächte in Stardew Valley allein zu verbringen und zu machen was ich möchte. Mal ist es das Fischen, am nächsten Tag am eigenen Grundstück etwas aufräumen, danach vielleicht sich etwas tiefer in der Mine vorzuarbeiten oder meinen Gemüse- sowie Obstgarten umzubauen sowie aufzuhübschen. Es hat schon etwas faszinierend Beruhigendes einfach zu machen auf was ich Lust habe und dabei keine Rücksicht auf die anderen Bewohner der Videospielwelt zu nehmen, härter formuliert diese im Prinzip komplett zu ignorieren.
Keine Ahnung ob die Art und Weise wie ich Stardew Valley spiele die richtige Art und Weise ist. Ich werde definitiv nicht alles sehen was der Titel zu bieten hat, aber das ist mir eigentlich egal. Stardew Valley zeigt zu keinem Zeitpunkt was ich durch meinen Spielstil versäume und erweckt damit bei mir auch nicht das Gefühl etwas zu versäumen. Stardew Valley geht auch einen Schritt weiter, denn es beurteilt meine Spielstil nicht, weder in positiver noch in negativer Hinsicht. Stardew Valley fühlt sich irgendwie wie ein virtueller Spielplatz an, im Gegensatz zu anderen Titeln wie ein virtueller Spielplatz mit einem gewissen Regelwerk, aber als ein virtuellen Spielplatz mit so vielen Dinge zu tun, dass es mir komplett egal ist manche Bereiche des Spielplatzes einfach nicht zu erleben. Ich mag Stardew Valley mittlerweile sehr, ich mag die Art und Weise wie ich Stardew Valley spielen kann, auch wenn es komisch klingt.
Gespielt wurde Stardew Valley auf einem Surface Pro 5. Entwickelt und vertrieben wird der Titel vom amerikanischen Indie-Entwickler Eric Barone alias ConcernedApe. Das Videospiel ist für im Prinzip alle gängigen Plattformen verfügbar. Digitale Bezugsmöglichkeiten sind Steam (PC Direktkauf), GOG.com (DRM freier PC Direktkauf), Humble (PC Direktkauf), der Nintendo Store (Switch AT Direktkauf), der PlayStation Store (PlayStation AT Direktkauf), der Microsoft Store (Xbox Direktkauf), der Apple App Store (iOS AT Direktkauf) und Google Play (Android Direktkauf). Preislich liegt das Videospiel bei etwa 14 Euro.