Früher, als ich noch etwas jünger war, waren mehrere Trips pro Jahr zu Videospiel-Messen etwas Normales für mich. Sieben Jahre lang ging es für mich jedes Jahr im August auf die Games Convention nach Leipzig, mit einer ähnlichen Häufigkeit nur etwas später im Herbst stand die Game City in Wien am Plan, ein paar Jahre lang ging es regelmäßig zur gamescom nach Köln und etliche andere Videospiel-Messen wie die E3 in Los Angeles oder die EGX in Berlin wurden im Laufe der Zeit zumindest einmal von mir besucht. Wie eingangs erwähnt früher, denn irgendwann habe ich die Lust daran verloren. Sehr viele Menschen an einem Ort, unheimlich wenig Zeit und anstrengende Tage bei wenig erholsamen Schlaf ist eine Kombination, auf die ich im Alter von mittlerweile 35 plus verzichten kann. Obwohl ich Videospiel-Messen, abgesehen von wenigen nicht regelmäßigen Ausnahmen, seit Jahren nicht mehr besuche, verfolge ich die im Rahmen dieser stattfindenden Berichterstattung weiterhin gerne und auch bewusst. Vielleicht ist es die Macht der Gewohnheit, aber die Intervalle zwischen den relevanten Veranstaltungen in Kombination mit einer hohen Menge an Informationen an diesen wenigen Tagen, haben sich über die Jahre unbewusst bei mir eingebrannt. Ich habe mich zwar immer wieder mal gefragt wie sinnvoll und zielführend diese Systematik der Informationsflut auf Videospieler für die Unternehmen der Videospiel-Industrie tatsächlich ist und manche nutzen auch bereits seit Jahren zusätzliche oder alternative Kanäle wie zum Beispiel voraufgezeichnete Präsentationen in Videoform, aber so komplett in Frage gestellt habe ich dieses bestehende Vorgehen nicht. Dieses Jahr, also 2020, ist aufgrund von COVID-19 und den damit einhergehenden Maßnahmen wie Abstand halten, der eingeschränkten internationalen Mobilität sowie natürlich der gesundheitlichen Gefahr total anders und hat auch Auswirkungen auf Videospiel-Messen und der parallel stattfindenden Kommunikation von Neuigkeiten. Auswirkungen in dem Sinne, dass im Prinzip alle Veranstaltungen abgesagt wurden. Inhaltlich die richtige Entscheidung, in einem Jahr in dem neue Videospiel-Konsolen veröffentlicht werden, eine sehr ungewohnte Situation hinsichtlich der Kommunikationsstrategie der Betreiber von Videospiel-Plattformen und auch dem Rest der Videospiel-Industrie.
Mittlerweile sind mehrere Monate seit dem Ausbruch der Pandemie vergangen und ein tatsächliches Ende und eine Rückkehr in ein Leben wie es vor 2020 war, ist nicht absehbar. Videospiel-Messen haben sich von der physischen in die virtuelle Welt verlagert, anstelle von viel Informationen in kurzer Zeit gibt es nun den regelmäßigen, aber geringeren Fluss an Informationen. Etwas was ich persönlich vor wenigen Monaten zu Beginn der Pandemie als gut empfunden haben, erst recht war doch für mich das Konzept der Videospiel-Messen und der damit einhergehenden Berichterstattung sowieso seit Jahren irgendwie überholt. Je länger diese neue Realität aber dauert und je mehr ich mich mit dieser abfinde, desto anstrengender finde ich diese Veränderung im Bereich Videospiele. Manchmal erwische ich mich auch mit dem Gedanken, dass ich mir sehnlichst wünsche, dass es wieder Videospiel-Messen gibt und es wieder so wie früher wird. Also nicht komplett wie früher, denn ich selbst würde aus den zuvor genannten persönlichen Gründen weiterhin keine der Veranstaltungen besuchen, aber die zu Beginn der Pandemie und den damit verbundenen Absagen der physischen Videospiel-Messen von mir als gut empfundene Veränderung in der Kommunikation beginnt zu nerven und das gefühlt sehr früh, eigentlich viel zu früh in dieser neuen Realität.
Der Unterschied der Kommunikation lässt sich aus meiner Sicht an der Menge an relevanten Informationen sowie dem Zeitraum, in dem diese mitgeteilt werden, feststellen. Unter der Annahme, dass die Menge im Vergleich zu früheren Jahren, abgesehen kleinerer Schwankungen, unverändert ist, stellt der Zeitraum dieses Jahr die geänderte Größe dar.
In der Vergangenheit haben sich Videospiel-Messen von klassischen Messen zu Veranstaltungen mit Event-Charakter verändert, quasi das Auffallen und Unterhalten im Fokus. Die dadurch erreichte Aufmerksamkeit bei der gewünschten Zielgruppe war ein gutes Mittel, um passende Informationen für diese an diese zu kommunizieren. Quasi das Stattfinden der Videospiel-Messe hat grundlegende Aufmerksamkeit in der Zielgruppe erzeugt, welche dann auf den unterschiedlichsten Kanälen mit Informationen versorgt wurde. Diese drei bis vier Zeitpunkte pro Jahr fehlen im Jahr 2020 und die Betreiber der Videospiel-Plattformen, als auch der Rest der Videospiel-Industrie, haben mittlerweile individuelle Konzepte hinsichtlich der Kommunikation von Informationen ausgearbeitet und sich zurechtgelegt.
Nach ein paar Monaten in dieser neuen Normalität hat sich jedoch gezeigt, dass diese individuellen Konzepte gar nicht so einzigartig sind und gefühlt die gleiche Menge an relevanten Informationen einfach über einen längeren Zeitraum verteilt kommuniziert wird oder anders formuliert gestreckt wird. Die erhoffte Individualität endet fast durchgehend mit voraufgezeichneten Hochglanz-Präsentationen in Videoform, bei denen immer wieder der gleiche künstliche Hype-Zyklus versucht wird und sich der Ablauf im Prinzip alle paar Wochen wiederholt. Wiederholen im doppelten Sinne, denn neben dem Umstand, dass jedes Unternehmen der Videospiel-Industrie eigene Präsentationen dieser Art durchführt, veranstalten die großen Vertreter der Branche alle paar Wochen solche um die eigenen Produkte quasi scheibchenweise zu präsentieren.
In meiner Gedankenwelt war dies eine gute Sache. Der Wasserfall an Informationen, während der Videospiel-Messen war intensiv und durch den Umstand, dass alle gleichzeitig um Aufmerksamkeit gekämpft haben, sind für einen persönlich interessante Themen in der Flut an Informationen oftmals untergegangen. Gewonnen haben immer die Großen der Branche, zumindest wenn es nach der Reichweite und Menge an vermittelter Information ging. Die nun individuell verteilten Informationen sollten dieses Problem lösen, denn anstelle des Wasserfalls, sollte es ein konstanter Fluss an Informationen werden und der Kampf um die Aufmerksamkeit der Zielgruppe war in meiner Gedankenwelt auch nicht mehr die Hürde. Vereinfacht eine regelmäßige Weitergabe an Informationen, ohne den Druck gegen andere Vertreter der Branche hinsichtlich Aufmerksamkeit kämpfen zu müssen.
Aber zurück zur neuen Normalität im Jahr 2020 und die von mir anfangs als gut empfundene Veränderung hat begonnen mich innerhalb weniger Monate zu langweilen, zu überfordern und auch zu nerven. Zu langweilen in der Hinsicht, dass durch die scheibchenweise Präsentation und das Strecken auf mehrere Präsentationen die Menge an relevanter Information pro Präsentation sehr gering geworden ist. Die Taktik, um dies zu verschleiern, weil Zeit bei diesem Ansatz der Kommunikation genügend vorhanden ist, ist es die Präsentationen zusätzlich mit allem möglichen Details anzureichern. Der Level an Informationen im Detail ist dabei jedoch so hoch, dass es sogar für mich als sehr interessierten Videospieler fast immer zu viel wird, erst recht, wenn ich nur bedingt Interesse an einem spezifischen Titel oder Thema habe. Diese hohe Detaildichte und dem Umstand geschuldet, dass seit Monaten wöchentlich mehrere solcher Präsentationen stattfinden, ist der erhoffte konstante Fluss an Informationen eher zu einem ungewollten nicht enden wollenden und noch weniger kontrollierbaren Gewässer voller Stromschnellen geworden. Es ist in Summe einfach zu viel Information und das nervt sowie überfordert mich mittlerweile so sehr, dass ich aufgehört habe die Präsentationen anzusehen und im aller besten Fall nur mehr die schriftliche Zusammenfassung bei einer oder zwei bevorzugten Internetseiten über Videospiele überfliege.
Obwohl ich es vor Monaten als unrealistisch eingestuft habe, ich vermisse die Videospiel-Messen und ich vermisse die übliche Berichterstattung innerhalb der Videospiel-Branche. Wenn auch mein persönliches Interesse vor Ort zu sein weiterhin nicht vorhanden ist, ich den Kampf um die Aufmerksamkeit weiterhin als fragwürdig empfinde und es dabei das Problem gibt, dass kleinere Vertreter im Vergleich zu den Großen der Videospiel-Industrie sehr leicht übersehen werden, war es früher gefühlt besser. Vereinfacht formuliert, relevantere Informationen in kürzerer Zeit, welche sowohl durch die Videospiel-Industrie selbst als auch durch jene die darüber berichten vorgefiltert werden. Jetzt ist es einfach eine Unmenge an Informationen, welche ungefiltert dauerhaft auf einen einprasseln und am Ende dazu führen, dass man keine wirkliche Lust mehr auf Ankündigungen und dergleichen hat. Bis zum Wegfall der diesjährigen physischen Videospiel-Messen war ich mir sicher, dass das Konzept dieser Veranstaltungen nicht mehr zeitgemäß ist und in keinen relevanten Zusammenhang mit den Kommunikationsstrategien innerhalb der Videospiel-Branche stehen. Wenige Monaten nach dem Wegfall der diesjährigen physischen Videospiel-Messen bin ich mir sicher, dass diese unbewusst eine für mich doch wichtige Rolle im Konsumieren von relevanten Informationen hatten. Wie sehr man doch falsch liegen kann, wie sehr ich doch in meiner ursprünglichen Annahme falsch gelegen bin. Auch wenn Videospiel-Messen mit den verbundenen Kommunikationsstrategien bei weitem nicht ohne Fehler sind, decken Sie meinen Bedarf an Information besser als es die durch die Pandemie entstandene neue Normalität macht. Ob es losgelöst davon der beste Ansatz für das zugrundeliegende Problem ist? Ich denke nicht, aber das ist ein Thema für einen anderen Essay auf diesem Blog.