Es ist schon einige Zeit her, dass ich Gears 5 gespielt habe und gleich vorweg, ich bin wohl eine der ungeeignetsten Personen, um über dieses Videospiel zu schreiben. Mich verbindet emotional wenig bis nichts mit der der Reihe und obwohl ich alle früheren Teile der Serie gespielt habe, auch gerne gespielt habe, war Gears of War nie eine Reihe, bei der es für mich salopp gesagt Klick gemacht hat. Optisch seit dem ersten Titel auf der Xbox 360 atemberaubend bombastisch, Mechaniken als auch das Spielgefühl haben mit Gears 5 die Referenz im Genre der Third-Person-Shooter weiter gefestigt und es sind neben einigen anderen Titeln die beliebtesten, bekanntesten und nüchtern betrachtet auch besten Videospiele, die man auf der Xbox-Plattform spielen kann. Alles für mich nachvollziehbar und ich verstehe logisch weshalb Videospieler eine solche Begeisterung für Gears of War haben. Die in den Titeln inhaltlich stark ausgeprägte Bro-Mentalität samt aller maskuliner Klischees, starke Kerle die ihre kollegiale Verbindung zueinander aufgrund der Umstände sehr bruderschaftlich sehen und dies alles verbal als auch durch die Art und Weise des Handelns ausleben, passt irgendwie zum dystopisch chaotischen Kriegsszenario und sprach damals gezielt auch einen beträchtlichen Teil der Besitzer einer Xbox 360 im Jahr 2006 an. Einer Zeit, zu der die Videospielkonsole von Microsoft in einem frühen und wichtigen Lebenszyklus war und unter anderem einen relevanten Fokus auf junge männliche erwachsene Videospieler gelegt hat. Ich persönlich konnte mit dieser allgegenwärtigen Bro-Mentalität in Gears of War nichts anfangen, hatte aber dennoch Spaß am Rest des Videospiels.
Mit dem fünften Teil der Serie wird mit den bisherigen Konventionen etwas mehr gebrochen als in der Vergangenheit und am offensichtlichsten ist dies am Titel des Videospiels, denn anstelle von Gears of War ist nur mehr Gears mit einer Ziffer geblieben. Hinsichtlich der Spielmechaniken, dem Umfang an verfügbaren Modi und der Art wie man spielt, halten sich die Änderungen in Grenzen und alles kann wohl unter der Bezeichnung der stetigen Evolution zusammengefasst werden. Klingt soweit relativ unspektakulär und man bekommt im Prinzip genau das, was man von einem Teil der Reihe erwartet und das ist vollkommen in Ordnung sowie auch gut wie ich finde.
Eine der Fragen, die ich mir selbst bei Videospielen stelle, ist warum ich ein Videospiel überhaupt spiele. Was waren die Auslöser, was war die Motivation, einfach was hat mich dazu getrieben. Bei Videospielen, bei denen ich die Kampagne beende, geht der Gedanke einen Schritt weiter, denn hier ist die Frage was mich dazu bewogen hat dran zu bleiben, die eigentlich viel wichtigere Frage. Bei Gears 5 habe ich die Kampagne beendet und genau aus diesem Grund habe ich mir zweitere Fragen gestellt und die Antwort ist für ein Videospiel mit einem nahezu perfekten und befriedigenden Spielgefühl ungewöhnlich, denn bei Gears 5 war es die Geschichte und die Tatsache, dass man das Abenteuer mit einer Frau als sein Alter Ego bestreitet. Die erzählte Geschichte nahm in früheren Teilen der Serie keine wichtige Rolle ein und auch bei Gears 5 ist die eigentliche Geschichte nicht der primäre Grund das Videospiel zu spielen. Der Wechsel auf eine weibliche Hauptfigur, ein Fokus der nachvollziehbaren persönlichen Motivation als Antrieb und einer starken Abschwächung der bis zu diesem Teil überprominenten Bro-Mentalität, haben mich hauptsächlich getrieben das Abenteuer bis zum Ende mitzuerleben.
Meine Gedanken dazu gehen noch einen Schritt weiter, denn genau diese Änderung macht Gears 5 für mich zu einem besseren Videospiel, als wenn rein die Erzähl-Struktur der älteren Teile beibehalten worden wäre. Es gibt noch den klassischen einfachen Geschichtsbogen mit dem ausweglos wirkenden Kampf gegen den übermächtigen unbekannten Gegner, man ist quasi wieder einmal in der Ausnahmesituation namens Krieg und es gilt klassisch den Planeten und damit die Menschheit zu retten. Deutlich spannender und meiner Perspektive nach auch wichtiger ist der zweite Strang, welcher sich mit der persönlichen Motivation der Heldin von Gears 5 beschäftigt und gleichzeitig auch ein Hilfsmittel ist, um aufgrund der Dinge die man sieht und in der Videospielwelt findet auch tiefer in die Geschichte und die Ausgangslage des Videospieluniversums einzutauchen. Aber zurück zum zweiten Strang, dem persönlich motivierten Teil, der die typische Elemente der Heldenreise nutzt. Es geht um den Ruf zum Abenteuer, der innerlichen Weigerung, der Hilfe von Extern, der erste Schritt der Reise, die Überforderung, das Meistern von unüberwindbar wirkenden Herausforderungen, der tatsächlichen Realisierung als auch Erfassung des Feindes, die Versuchung der einfacheren Lösung, der Verweigerung abzubrechen, die Flucht nach vorne, die unerwartete Rettung von außen, der endlich große Schritt über die Schwelle in die Zukunft, die Meisterung des Alltags sowie der geänderten Anforderung an das Leben und damit der Beginn einer neuen Freiheit. Ein inneres Abenteuer welches man als Heldin absolviert, ein Abenteuer welches Gears 5 aufgrund der weiblichen Hauptfigur positiv anders erzählt als es leider sonst in Videospielen der Fall ist und ein Abenteuer welches erfreulicherweise trotz der weiblichen Hauptfigur keine typischen Klischees eines schwachen Geschlechts erfüllt. Eine Art eine Geschichte zu erzählen, die eine Bereicherung ist und gleichzeitig auch dazu führt, dass der Fokus auf der Heldin mit Charakter liegt und nicht wie in der Vergangenheit auf einer fast leeren Heldenhülle, die primär dazu genutzt wird die Bro-Kultur zu verstärken und diese als gangbaren Lösungsweg parallel zu einem generischen Geschichtsbogen rechtfertigt.
Diese signifikanten Änderung zu den Vorgängern fühlt sich richtig an und auch wenn es eine starke Veränderung im Vergleich zu vorherigen Titeln ist, bleiben dennoch einige Element der von mir mehrfach erwähnten Bro-Mentalität vorhanden. Und das ist auch gut so, denn am Ende ist der in österreichischen Worten ausgedrückte Schmäh zwischen den Charakteren ein Element, welches die Basis für die Interaktion zwischen den Charakteren im Spiel darstellt und auch zur Reihe gehört, aber halt inhaltlich nicht mehr das einzige Bindeglied zur erzählten Geschichte ist. Eine schöne Änderung, eine erfrischende Änderung und etwas, was ich mir künftig in anderen Videospielen auch gut vorstellen kann. Bei Gears 5 hat es dazu geführt, dass ich die Kampagne nicht nur aufgrund der guten und befriedigenden Mechaniken beendet habe, sondern mehr weil ich wissen wollte wie der Verlauf der persönlichen Geschichte ist und ich mich mehr mit den inneren Kämpfen der Heldin identifizieren konnte. Mir ist rückblickend bewusst, dass dies weniger durch das Videospiel, sondern durch den Aufbau des persönlichen Konflikts in Form der typischen Heldenreise erzeugt wurde. Aber es ist einfach schön solche Elemente in einem Videospiel zu sehen, welches vor mehr als einem Jahrzehnt inhaltlich für eine bestimmte Zielgruppe optimiert wurde und mit Gears 5 nun für eine breite Masse angepasst wurde, zu einem wie ich finde besseren Videospiel angepasst wurde. Bin ich die geeignetste Person, um über Gears 5 zu schreiben? Ich glaube weiterhin nicht, aber seit Gears 5 bin ich nun Teil der breiten Zielgruppe für das Videospiel und das freut mich irgendwie schon.
Gespielt wurde Gears 5 auf der Xbox One S. Entwickelt wurde der Titel vom kanadischen Entwicklungsstudio The Coalition und vertrieben wird der Titel vom amerikanischen Publisher Xbox Game Studios, einer Abteilung innerhalb von Microsoft. Das Videospiel ist für den PC sowie die Xbox-Plattform erhältlich. Digitale Bezugsmöglichkeit ist der Microsoft Store (Xbox und Windows 10 PC Direktkauf) und Steam (PC Direktkauf). Physische Datenträger und Codes für den Download sind unter anderem bei Amazon (physischer Datenträger und Codes*) erhältlich. Preislich liegt das Videospiel bei etwa 60 Euro.