Gefühlt schreibe ich alle zwölf Monate einen Beitrag über das Thema Videospiel-Journalismus. Die Videospiel-Industrie verändert sich so wie die Art der Berichterstattung laufend, ebenso damit einhergehend mein Eindruck und meine Meinung zu diesem Teil der Videospiel-Industrie. Obwohl mir momentan viele, vielleicht sogar zu viele, unterschiedliche Gedanken dazu im Kopf herumschwirren und ich auch versucht habe diese etwas strukturierter in meinem Notizbuch niederzuschreiben, bin ich weiterhin unsicher wie und im ins besonderen welche dieser Gedanken in diesem Beitrag vorkommen sollten.
Der wohl einfachste Einstieg ist die Nutzung einer klassischen Aufbaustrategie hinsichtlich des Textes, was bedeutet mit einem historischen Abriss sowie dem Status Quo zu beginnen. Früher gab es quasi kein Internet, die dichteste Berichterstattung zu Videospielen erfolgte in monatlich erscheinenden Printmagazinen und Videospiele wurden in Elektromärkten oder in Fachgeschäften verkauft. Irgendwann kam das Internet und dessen Verbreitung sowie die Verbindungs-Geschwindigkeit stieg rasch. Die Berichterstattung zu Videospielen veränderte sich schleichend von einem monatlichen Rhythmus zur tagesaktuellen Berichterstattung und dem Drang schneller als andere zu sein. Texte wurden nach und nach mit Besprechungen in Form von Videos ergänzt und es folgte das Streaming in Echtzeit sowie Audio-Besprechungen in Form von Podcasts. In derselben Zeitspanne haben sich Videospiele von einem im Handel kaufbaren Einmalprodukt zu bombastisch inszenierten Erlebnissen, überschaubaren gut erzählten Erfahrungen sowie langfristig angelegten Videospielen als Service oder gar Plattformen entwickelt. Der digitale Vertrieb ist bei manchen Titeln bereits die einzige Kaufmöglichkeit und wird in Zukunft immer wichtiger, Videospielen mit kostenlosem Einstieg plus nachgelagerter Monetarisierung sind zu einer Normalität geworden und natürlich die bunte inhaltliche sowie wirtschaftliche Mischung all dieser Komponenten ist allgegenwärtig Realität. Zeiten ändern sich, Videospiele ändern sich, Videospieler ändern sich, der Videospiel-Journalismus ändert sich leider abgesehen vom Medium nicht.
Dieser letzte Satz deutet fast schon eindeutig in Richtung eines Rundumschlags gegen den aktuell vorhandenen Videospiel-Journalismus und ehrlich gesagt, möchte ich dies eigentlich nicht wirklich. Es gibt einfach zu viele Themen die mich in den letzten Jahren, Monaten und Wochen innerlich aufgeregt haben und die ich einfach nicht wirklich verstehen kann und auch nicht mehr verstehen möchte. Dabei ist es egal, ob es das seit Jahren konstant vorhandene Thema der Tests von Videospielen in Form von strukturierten Abhandlungen ist, welche am ehesten mit einem Testbericht einer Waschmaschine und weniger mit einem Unterhaltungsprodukt mit teilweise oft spannenden kulturellen Einflüssen verglichen werden kann. Auch fast schon ein Dauerbrenner ist die Frage der tatsächlichen Motivation hinter der Berichterstattung und fragwürdigen Aussagen ehemaliger Erstellern von Inhalten, dass sich diese viel weniger als Kritiker oder Berichterstatter sondern mehr als Promoter für die Videospiel-Industrie sehen beziehungsweise gesehen haben oder primär persönliche Interessen in unterschiedlichen Ausprägungen verfolgt haben. Oder erst kürzlich hat sich nach einem rechtsextremen Anschlag auf eine Synagoge in Deutschland der Blick von Medien außerhalb der Videospiel-Industrie auf die Videospieler und Videospiele samt der Problematik von rechtsextremen Gruppierungen innerhalb dieser Community gerichtet und die meisten Inhalte des Videospiel-Journalismus waren ein konsequentes Abstreiten oder das unreflektierte Verteidigungen einer heilen Welt. Bitte nicht falsch verstehen, es gibt keinen relevanten Zusammenhang zwischen einem solchen Anschlag und entsprechenden Gruppierungen innerhalb der Videospiel-Community. Es bedeutet aber ebenso wenig, dass die Videospiel-Community, so wie andere Online- oder Offline-Communitys, nicht tatsächlich ein gesellschaftlich relevantes Thema sowie ein problematisches Verhältnis zu Rechtsextremismus hat. Umso mehr hat mich geärgert wie oder eher wie nicht auf diese Aspekte von Seiten des Videospiel-Journalismus eingegangen wurde. Aber schon klar, abstreiten sowie fast schon blindes verteidigen gefolgt vom nächsten strukturierten Testbericht zu einem Videospiel sind einfacher und nervenschonender und angenehmer, um weiterhin in der eigenen Blase sein zu können
Um es kurz zusammenzufassen: Ich bin raus, mich hat dieser primär vorhandene Videospiel-Journalismus verloren und ich habe schlichtweg keine Lust mehr darauf. Habe ich früher fast täglich Textschnipsel über mein liebstes Hobby in unterschiedlichen Publikationen verfolgt, konsumiere ich heute den Bereich der Berichterstattung über Videospiele nur mehr sehr eingeschränkt. Bedeutet konkret, dass ich keine aktiven Abonnements zum Thema Videospiele in meinem RSS-Reader, einem Programm, um zentral Nachrichten aus unterschiedlichen Quellen zu lesen, mehr habe. Mein Konsum von Podcasts hat einen inhaltlichen Wandel von Themen für Videospieler hin zu Themen für Videospielentwickler durchgemacht und Testberichte zu Videospielen meide ich seit mehr als zwei Jahren komplett. Weshalb? Weil es in Realität absolut irrelevant ist, was eine oder zwei oder drei Personen über ein Videospiel schreiben, sagen oder denken, denn diese Informationen bringen mir keinen nennenswerten Mehrwert sondern eigentlich das Gegenteil, es erzeugt unbewusst einen voreingenommenen Eindruck und oder eine Erwartungshaltung und schränkt meine persönliche Möglichkeit eine Meinung zu bilden teilweise auch ein. Ebenso fühlt es sich immer mehr nach inhaltlicher Einheitskost an, welche sich bevorzugt immer wieder im Kreis zu drehen scheint, anstelle anderer Herangehensweisen an Inhalte zu Videospielen zu versuchen. Es scheint fast so, als ob Veränderung als etwas abgrundtief Schlechtes gesehen wird. Natürlich ist Veränderung für uns Menschen unangenehm, aber stetige Veränderung ist mittlerweile die Realität und unheimlich wichtig, um sich zu entwickeln.
Ich bin mir der Sache bewusst, dass es auch andere Arten der Berichterstattung von Inhalten zu Videospielen sowie der Videospiel-Industrie gibt. Durch meine radikale Anpassung meines Konsums von Inhalten zu Videospielen, versäume ich manchmal die seltenen positiven Beispiele hinsichtlich Berichterstattung oder Inhalte, die sich tatsächlich mit dem Medium sowie kritisch mit Aspekten davon auseinandersetzen. Manche dieser Inhalte bekomme ich durch Social Media mit, manche Inhalte bekomme ich von Freunden und Bekannten zugesendet. Mit dem Wegfall jeglicher Testberichte fehlt mir die Übersicht was für Videospiele überhaupt wann veröffentlicht werden, das Grundrauschen durch zwei Podcasts hilft hier jedoch etwas und natürlich Empfehlungen aus Gesprächen im Bekannten- sowie Freundeskreis. War die massive Reduzierung meines Konsums des Videospiel-Journalismus eine Umgewöhnung für jemanden wie mich, der jahrelang fast täglich sich mit dem Thema beschäftigt hat? Definitiv. Vermisse ich rückblickend etwas? Nicht wirklich, es ist sogar eher der gegenteilige Fall eingetreten: Ich entdecke Dinge und Aspekte des Mediums Videospiele auf meine eigene Art und Weise und lebe damit zwar natürlich auch in einer Blase des Videospiel-Journalismus, aber es ist meine persönliche und bewusst kritische gehaltene Blase und diese ist bewusst löchrig, um verschiedene für mich spannende und relevante Einflüsse wahrnehmen zu können. Und der Status Quo des Videospiel-Journalismus im Allgemeinen? Keine Ahnung, dieser ist kein stetiger Teil meiner Blase und wird es wohl auch nicht mehr werden.