Mitte November fand die zweite Ausgabe der Vienna Comic Con, kurz VIECC, in der österreichischen Bundeshauptstadt statt. Die Kooperation der beiden Veranstalter Reed Exhibitions Messe Wien und ReedPOP lockte laut Pressemeldung in Summe 21.882 Besucher in die Messe Wien, um dort gemeinsam die Welt der Popkultur zu feiern. In meinem Beitrag zur letztjährigen Erstveranstaltung beschäftigte mich die Thematik ob Österreich bereit für das Konzept einer Fan-Konvention ist und kam zum Schluss, dass die eigene Erwartungshaltung der primäre Faktor für ein persönlich gutes oder schlechtes Wochenende darstellt. Wenn ich nun den einfachen Weg für diesen Beitrag beschreiten würde, dann könnte ich den Inhalt des letztjährigen Beitrags in minimal angepasster Form erneut veröffentlichen. Warum? Weil die zweite Ausgabe der Vienna Comic Con eine konsequente Weiterentwicklung in eigentlich allen Bereichen war: Deutlich mehr Platz durch die Nutzung einer zweiten Messehalle, eine massiv erweiterte Main Stage um allen interessierten Besuchern einen Platz während der Panels bieten zu können, prominentere Gäste wie Jeri Ryan aus Star Trek Voyager oder Kristian Nairn aus Game of Thrones, professionelle Fotos mit den Gästen durch ein dezidiertes Fotoproduktionsteam und auch eine Steigerung der Diversität der Besucher durch das verstärkte Engagement in Südosteuropa. Alternativ könnte ich jedoch den Schwierigkeitsgrad erhöhen, den letztjährigen Beitrag als Referenz verlinken und mir überlegen, durch welche drei Punkte die Vienna Comic Con im nächsten Jahr für mich noch besser werden könnte.
Ein Fokus, wenn nicht sogar der primäre Fokus, lag dieses Jahr eindeutig auf der Erweiterung der Zielgruppe. Dies passierte zum Beispiel durch die verstärkten Werbemaßnahmen in den benachbarten Ländern, wodurch im Vergleich zum letzten Jahr sich deutlich mehr internationale Besucher in den Messehallen tummelten. Neben der Steigerung des dadurch persönlich empfundenen Charmes, festigt dies die vom Veranstalter forcierte Ausrichtung einer internationalen Fan-Konvention und fördert gleichzeitig internationale Kontakte innerhalb der jeweiligen Interessensgruppen. Der zweite Ansatz war das Erreichen neuer Interessensgruppen durch die im Rahmen der Vienna Comic Con stattgefundene Video Con Vienna mit der Zielgruppe YouTuber und deren Fans.
Was mir jedoch fehlte, beziehungsweise deutlich unterrepräsentiert war, war das Thema Videospiele. Abgesehen von Nintendo blieb die restlichen Videospielindustrie der Messe nüchtern betrachtet fern oder mogelten sich durch teils merkwürdige Kooperationen mit Einzelhändlern auf die Ausstellerliste. Es geht dabei weniger um das Platzieren von Videospielkonsolen, sondern mehr um eine sinnvolle Integration in das Messekonzept. Was ich darunter verstehe? Das was Ubisoft im Rahmen der Vienna Comic Con 2015 gemacht hat. Neben einigen Anspielstationen, setze das französische Unternehmen einen starken Fokus auf die Marke Assassin’s Creed und bot Besuchern die Möglichkeit von einem 13 Meter hohen Leap of Faith-Sprungturm in die Tiefe zu springen. Für weniger mutige Besucher gab es eine äußerst hübsche Fotoecke, die von zwei internationalen Cosplayern in entsprechender Assassinen-Montur beheimatet wurde. Der diesjährige Versuch diese Lücke mit zwei Panels für Hitman und Dead Rising 4 zu kompensieren war zwar gut gemeint, passte jedoch inhaltlich nur bedingt zur Gesamtveranstaltung, was auch leider an den im Vergleich zu anderen Panels eher geringen Besucherinteresse zu sehen war.
Was der große Unterschied zwischen einem Panel über Videospiele und einem Stand zu Videospielen ist? Die Interaktion als Besucher, die Möglichkeit selbst aktiv zu werden. Dabei sei dahingestellt, ob es rein das Spielen selbst ist oder eine tiefere Interaktion wie zum Beispiel in Form des bereits erwähnten Sprungturms zu Assassin’s Creed im Vorjahr. Auch losgelöst vom Thema Videospiele ist es mit dem weiteren Wachstum der Messe wichtig, den Besuchern neben den reinen Verkaufsständen auch entsprechende Möglichkeiten zur Interaktion mit Marken und oder Produkten zu geben. Hier gilt es als Veranstalter gemeinsam mit den Ausstellern interessante Konzepte zu entwickeln und schlussendlich auch umzusetzen, um einfach auch vom Image einer Messe mit Eintritt um dort erneut Geld auszugeben ein Stück weg zu kommen. Kleine Ansätze waren heuer in Form eines VR Videos von Master of Dirt oder der Nerf-Zielwand bei Libro zu erkennen, jedoch müssen diese Ideen größer und deutlich spektakulärer inszeniert werden. Es muss bei den Besuchern beim Erleben der Erfahrung einfach Klick machen und es muss auch der Wow-Effekt eintreten, um tatsächlich als Marke und Erfahrung in Erinnerung zu bleiben und nicht nur als nett eingestuft zu werden.
Der dritte verbesserungswürdige Aspekt geht in eine ähnliche Richtung, es geht erneut um das Thema Interaktion. Dieses Mal aber in Bezug auf die Besucher untereinander. Wie bereits im letzten Jahr war es auch auf der diesjährigen Vienna Comic Con mehr als einfach mit anderen Besuchern ins Gespräch zu kommen. Egal ob ein interessantes Cosplay, ein Gleichgesinnter bei einem Verkaufsstand oder die zufällige Begegnung in der Warteschlange für die Main Stage. Die gute Laune und das gemeinsame Interesse an Popkultur fördern eine für Österreich eher untypische Offenheit und führten bei mir zu mehreren interessanten Gesprächen mit den unterschiedlichsten Leuten und Gruppen. Manche Begegnungen verliefen sich nach wenigen Minuten, andere dauerten länger und endeten eigentlich meistens in gemeinsamen Runden durch die Messehallen. Das ist zwar schön und gut, aber noch schöner und besser wäre es einen Bereich zu haben, in dem man sich etwas abseits des Trubels hinsetzen kann und gemeinsam über Gott, die Welt und die letzte Staffel von Game of Thrones diskutieren kann. Mir ist durchaus bewusst, dass bei einer Veranstaltung dieser Größenordnung dies fast unmöglich in Bezug auf die Skalierung ist, aber schlussendlich ist der dritte Aspekt genau wie die beiden anderen mein Wunschtraum um eines meiner jährlichen Highlights im nächsten Jahr noch besser zu machen.
War die Vienna Comic Con 2016 schlecht, da der Beitrag rein aus Wünschen und möglichen Verbesserungen besteht? Absolut nicht. Bereits im zweiten Jahr lässt sich sagen, dass die Vienna Comic Con die Positionierung als internationale Fan-Konvention in Zentraleuropa gefestigt hat und das erfolgreich gestartete Konzept des letzten Jahres konsequent fortgesetzt hat. Platz für Fangruppen? Größer und umfangreicher als im Vorjahr. Die Mitarbeiter der Messe? Äußerst freundlich, extrem gut drauf und in für Österreich untypisch hoher Anzahl immer irgendwo in der Nähe. Internationale Stargäste? Auf Basis des Andrangs bei Autogrammen und Fotos deutlich besser als 2015. Also alles besser und größer als im Beitrag zur letztjährigen Veranstaltungen? Yep. Und sonst so? Ich hatte unheimlich viel Spaß und konnte nicht anders als auch dieses Jahr meinen Fanboyism auszuleben.
Die Vienna Comic Con, kurz VIECC, fand am 18. und 19. November in der Messe Wien statt. Veranstaltet in Zusammenarbeit von Reed Exhibitions Messe Wien und ReedPOP war es ein Fest der Popkultur nach dem Konzept amerikanischer Fan-Konventions mit entsprechenden Adaptierungen für Europa. Weitere Informationen gibt es unter www.viecc.com und unzählige Fotos der Besucher, wenn man nach dem Hashtag #VIECC auf Twitter und Instagram sucht. Hinweis hinsichtlich Transparenz: Die Reed Exhibitions Messe Wien hat mich als Pressevertreter während der Vienna Comic Con akkreditiert.