Vor genau zwei Wochen wurde The Division veröffentlicht und stellte innerhalb kürzester Zeit verschiedenste Rekorde auf. Nach einer Woche verkündete Ubisoft die erfolgreichste erste Verkaufswoche aller Zeiten für eine neue Videospiel-Marke und das Brechen diverser Ubisoft-Rekorde. The Division erzählt die Geschichte nach einem terroristischen Virenangriff in New York aus Sicht eines Spezial-Agenten. Spielmechanisch stellt das Videospiel eine Mischung aus einem Deckungs-Shooter mit deutlichen Rollenspieleinschlag dar, welcher im Idealfall kooperativ gespielt wird. Gleichzeitig enthält es Elemente von Massen-Mehrspieler-Online-Rollenspielen und benötigt dadurch eine dauerhafte Internetverbindung zu den Spielservern. Nachdem man das Aussehen seines Charakters im Editor angepasst hat, startet man im Stadtteil Brooklyn um die Spielsteuerung und das grundlegende Konzept während einiger Einführungsmissionen zu erlernen. Das klingt langweilig, wurde bereits mehrfach geschrieben und hat jeder der auch nur irgendwas mit Videospielen am Hut hat bereits mehr als drei Mal gelesen? Yep und genau damit beschäftigt sich dieser Beitrag. Sorry Ubisoft, ich spiele The Division unheimlich gerne, aber heute steht die Berichterstattung im Fokus.
Es hat mit einem Tweet vor ein paar Tagen begonnen: Spannende Statistik: Anzahl der angeforderten Review Muster von #TheDivision in Relation zu daraus entstandenen guten und relevanten Beiträgen. Wirkt auf den ersten Blick wie der klassische Versuch andere Berichterstatter bezüglich der Qualität ihrer Beiträge zu ärgern, war aber nicht so gedacht. Der tatsächliche Gedanke dahinter liegt ebenso zwei Wochen zurück, denn den Start von The Division feierte Ubisoft gemeinsam mit Vertretern der klassischen Medien, der neuen digitalen Medien, Partnern, Freunden und der Community in Wien. Ich war auch dort und gefühlt sehr viele andere Personen. So viele Personen, dass ich zum einen etwas überrascht war wie groß das Interesse an dem Videospiel selbst ist und auf der anderen Seite wie stark die Gruppe der neuen digitalen Medien gewachsen ist. YouTuber, Blogger, Podcaster und Fanseiten aus Österreich waren in Hülle und Fülle vertreten und verbrachten gemeinsam einen witzigen Abend. Sechs Wochen vor diesem Abend hat Ubisoft die PR-Strategie für The Division gestartet und die einzelnen Abschnitte inklusive des Abends vor zwei Wochen perfekt ausgeführt. Das Resultat war in den letzten Wochen sichtbar, denn kein Videospiel der letzten Jahre hatte eine solche Präsenz in meiner Filter-Blase. Alle brachten Berichte zum Titel und mittlerweile wurden auch die für das Medium üblichen Testberichte mit durchschnittlichen Wertungen zwischen 7 bis 8 von 10 möglichen Punkten veröffentlicht. Alle sind glücklich, denn für Ubisoft hat sich der Hype wirtschaftlich ausgezahlt, die Menge an Presseberichten war gefühlt extrem hoch und die Berichterstatter haben Testmuster erhalten um die Zeit bis zum nächsten Videospiel zu überbrücken.
Die Kritik im letzten Satz erkannt? Nein oder nur teilweise? Dann versuche ich es mal direkt und offen: Das was in Österreich im Bereich Berichterstattung zu Videospielen gemacht wird ist qualitativ unter aller Kritik, fast durch die Bank schlecht und genau dieser Umstand ärgert mich. Es gibt wenige positive Ausreißer im Rahmen der generellen Berichterstattung, aber quasi alles was ich über The Division in Österreich gelesen habe, waren generische 0815-Textbaustein-Sammlungen. Meine Kritik richtet sich dabei gar nicht mal so sehr an die klassischen Medien, da deren Zielgruppe über die Jahre hinweg auf solche Inhalte konditioniert wurde, diese mittlerweile so erwartet und dafür auch mehr oder weniger Geld bezahlt. Ich ärgere mich über die neuen digitalen Medien, die im Gegensatz zu den klassischen Medien keine Limitierungen für Inhalte haben und auch nicht wirtschaftlich auf die sich stetig wiederholende Struktur angewiesen sind. Was mich noch mehr daran ärgert? Das sich die Vertreter der neuen digitalen Medien über die klassischen Medien fast durchgehend beschweren und dabei aber überhaupt keine Ambitionen haben es irgendwie anders oder besser zu machen.
Unabhängig von der Frage in wie weit man ein auf ein Jahr ausgelegtes Videospiel innerhalb weniger Tage mit einer Zahl bewerten sollte, warum möchte man einen Text über ein Videospiel in Deutsch ohne wirkliches Alleinstellungsmerkmal lesen? Wenn ich klassische Testberichte lesen möchte, dann versuche ich es bei Polygon, IGN und Eurogamer. Möchte ich den gleichen Inhalt auf Deutsch und mit unheimlich viel Werbung lesen, dann besuche ich den Internetauftritt von 4Players, der GameStar oder PC Games. Alle verlinkten Medien arbeiten mit einer Armee an Leuten um aktuell gefragte Inhalte zu generieren und schaffen dies im Regelfall schneller und fast durchgehend auch besser als irgendwer aus den neuen digitalen Medien in Österreich. Warum? Der erste Test bekommt die Aufmerksamkeit und das erste Tutorial zu einem Thema gilt als Referenz. Beides bringt Klicks und diese wiederum bedeuten Werbeeinnahmen. Diese Werbegelder sind die Motivation dafür und auch der Grund warum man trotz besseren Wissen bereits nach wenigen Tagen eine Zahl unter den Testbericht setzt und sich danach um das nächste Videospiel kümmert. Diesen perversen Klickzwang haben die neuen digitalen Medien in Österreich nicht, da eigentlich niemand so wirklich davon leben kann und muss. Also warum nicht mal ausbrechen und etwas Anderes machen? Ich befürchte die Antwort zu kennen: Es ist unbequeme Arbeit.
Natürlich ist ein Testbericht auch Arbeit, aber im Prinzip ist es immer die gleiche Logik. Es ist der einfache Weg um über Videospiele zu berichten, fast so angenehm wie News-Schnipsel von englischsprachigen Seiten zu kopieren und zu übersetzen. Man macht einfach was der Rest macht und schwimmt mit seinen Lesern mit. Hat durchaus Vorteile, denn man kommt damit ganz gut durch. Man nutzt ein in der Videospielbranche bekanntes Muster und erfüllt gleichzeitig die Erwartungshaltung der Videospiel-Publisher. Das Muster ist im Prinzip einfach: Videospiel als Testmuster erhalten, Testbericht als 0815-Textbaustein-Sammlung schreiben, Link für das Presseclipping einreichen, sich selbst auf die Schulter geklopft wie gut man nicht ist, sich über das kostenlose Videospiel freuen und das nächste Testmuster anfordern. Sorry, aber ein solches Verhalten ist absoluter Schwachsinn für eine neue Generation des Videospieljournalismus und an der Berichterstattung zu The Division erkennt man zu gut die nicht vorhandene Kreativität und mangelnde Bemühung etwas anders zu machen um sich vom klassischen Videospieljournalismus und der Masse abzuheben.
Es ist leicht Kritik zu üben ohne es besser zu machen oder konkrete Beispiele anzuführen? Natürlich, aber wo sind österreichische Inhalte über die fragwürdige Ideologie von The Division? Schlichtweg nicht vorhanden. Ja, es ist einfach einen kontroversen Artikel als Referenz zu nennen, aber unabhängig ob man diesem Testbericht inhaltlich zustimmt oder nicht, der Text regt den Leser zum Denken an. Weitere Ideen die man in verschiedensten Formaten der Berichterstattung verarbeiten könnte? Gerne und diese dürfen auch jederzeit kopiert werden. Ein Thema wäre zum Beispiel das Zusammenspiel von Irvine Alex verfassten englischsprachigen Begleitbuch New York Collapse*, welches eine interessante Mischung aus Überlebensanleitung ergänzt mit handschriftlichen Notizen und dem direkten Bezug zum digitalen New York im Videospiel darstellt. Oder die Wandlung des Videospiels selbst von der ersten Präsentation im Rahmen der E3 im Jahr 2013 zum tatsächlichen Unterhaltungsprodukt im Jahr 2016. Auch das Gedankenspiel der Entwickler und die mögliche Motivation den Spieler in einem kooperativen Videospiel gegen Ende hin plötzlich gegen andere Spieler in der Dark Zone und sich selbst gegenseitig für bessere Gegenstände betrügen und töten zu lassen wären mögliche Inhaltsmotive. Aber es sind nicht nur die quasi gedanklich anregenden Inhalte zu The Division die in Österreich fehlen, es sind auch eigentlich offensichtlichen Sachen die nicht vorhanden sind. Eine Analyse der penible geplanten und perfekt ausgeführten PR-Strategie von Ubisoft? Nope, gibt es nicht. Niemand hat sich mit dem Leben der letzten verbleibenden Einwohner in New York beschäftig, kein Blogger hat im Detail über die extrem gelungene Integration fiktiver Werbeanzeigen in einer dem Untergang geweihten Stadt geschrieben und auch selbst geschaffene Fotostrecken oder Videos der schönen Streeart-Motiven in Form von Graffitis wurde nicht verarbeitet. Ein Testbericht als virtueller Tourist in Form eines Reisetagebuchs? Fehlanzeige. Die spielerischen Auswirkungen des spielmechanischen Ansatzes jederzeit den Spieltyp wechseln zu können und sich nicht zu Beginn auf eine Spielart festzulegen? Gibt es nicht. Die Unausgewogenheit der vorhandenen Tierarten und das damit verbundene Fehlen von Katzen? Ein möglicher Ansatz um eine andere Art von Geschichte zu erzählen, hat aber auch niemand gemacht. Warum? Weil man aus der eigenen Komfortzone müsste, vielleicht sogar Geld für Zusatzmaterial fällig wird und der Videospiel-Publisher einen solchen Umgang mit seinem Produkt nicht erwartet.
The Division würde unheimlich viele Möglichkeiten bieten um sich damit zu beschäftigen und Inhalte zu erzeugen. Der österreichische Ansatz des neuen Videospieljournalismus ist unkreativ wie eh und je. Aber solange über andere geraunzt werden kann und man sich selbst loben kann, ist alles in Ordnung. Bitte liebe Berichterstatter, brecht aus diesem Muster aus, denn es ist der gleiche Schwachsinn der auch in der Vergangenheit nur bedingt funktioniert hat. Schreibt nicht über Videospiele im Austausch für Testmuster, beschäftigt euch mit Videospielen im Austausch für neue Gedankenansätze und um etwas Eigenes zu schaffen. Hebt euch vom Rest ab, macht eurer eigenes Ding und kopiert nicht einfach den gleichen Mist. Videospiel-Publisher wie Ubisoft freuen sich über den gleichen Mist, aber sie freuen sich auch über neue Ansätze. Ja es ist verdammt nochmal Arbeit und könnte auch etwas Geld kosten, aber am Ende zahlt sich es sich aus. Nicht aufgrund kostenloser Testmuster und ein paar Klicks, sondern dem ehrlichen Gefühl etwas Sinnvolleres als in der Vergangenheit geschaffen zu haben. Lasst nicht immer hoffen, dass die Videospiele kreativer werden, lasst uns die Berichterstattung darüber kreativer machen. Und wenn man scheitert? Dann steht man auf und macht gefälligst weiter und raunzt nicht über andere um in Wirklichkeit den gleichen Schwachsinn zu machen.
Von einem Testbericht zu The Division sehe ich momentan und in den nächsten Monaten ab, obwohl ich bisher unheimlich viel Spaß mit dem Titel hatte. An einem Beitrag zu einem der oben angeführten Themen wird übrigens bereits gearbeitet. Ist dieser Beitrag gegen die Berichterstattung von Videospielen in Österreich und der einfache Versuch andere Blogger, YouTuber, Podcaster oder Betreiber von Fansites unqualifiziert zu kritisieren oder zu ärgern? Nein, es ist mein Versuch unnötige Homogenität durch spannendere Diversität zu erweitern oder gar zu ersetzen. Bin ich persönlich so fehlerfrei um mir eine solche Beurteilung anzumaßen? Ebenso nein, aber ich versuche mein Bestes nicht den bequemen Weg zu gehen.
Ein Kommentar zu „The Division And Media Coverage“
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