Es ist Dienstagmorgen und obwohl es dämlich ist, starte ich kurz vor 7 Uhr Pokemon Go auf dem Smartphone. Mittels seitlichen Kippschalter wird das Gerät in den Vibrationsmodus versetzt und ich schlendere vom Parkplatz zum Eingang des Bürogebäudes. Obwohl ich es erst ein paar Tage lang mache, ist es unbewusst schon zum Ritual geworden. Es geht mir nicht um das Fangen eines Pokemon, es geht vielmehr um das Erfassen der zurückgelegten Strecke mit der App, um im Videospiel gesammelte Eier auszubrüten. Die vielleicht 100 Meter am Morgen sind nicht wirklich relevant, dennoch bilde ich mir ein, dass es hilft. Der Arbeitstag ist mangels Interaktionsmöglichkeit am Firmengelände in Bezug auf Pokemon Go nicht spannend und der Beginn des Abends ebenso. Lauftraining steht am Programm und trotz der fehlenden Motivation absolviere ich 6,75 km, die jedoch nicht als zurückgelegte Strecke von Pokemon Go erfasst werden, da die App dafür aktiv sein muss. Der dem Lauftraining nachgelagerte Pokemon Go-Spaziergang hat sich seit dem Erscheinen der App eingebürgert. Im Gegensatz zu vorher jedoch mit geöffneter App und einer bereits optimierten Route im ländlichen Heimatort um die drei vorhandenen Pokestops abzugehen und die dort verfügbaren Gegenstände wie Pokebälle oder Regenerationstränke einzusammeln. Unterwegs fange ich noch zwei auf der Strecke liegende Pokemon ein, die ich vom Typ zwar bereits zuvor schon gesammelt habe, aber das Fangen mittels Pokeball bringt Erfahrungspunkte sowie steigert die Anzahl an gesammelten Sternenstaub und Bonbons um die Stärke der virtuellen Monster zu steigern oder diese mittels Evolution weiterzuentwickeln. Der Schrittzähler am Smartphone zeigt 12.671 Schritte für den heutigen Tag, ich beende die Jagd und lege mich ins Bett.
Der Mittwoch beginnt mit dem Parkplatzritual und ist gleichzeitig der Tag, an dem ich die ebenso die Pokemon Go spielenden Arbeitskollegen über das Entstehen des Textes informiere. Die Blicke sind skeptisch, aber es wird soweit hingenommen. Gegen 15:30 wird das Büro frühzeitig verlassen, da jeden Mittwoch am Nachmittag auf meinem Trainingsplan der Eintrag Krafttraining zu finden ist. Praktischerweise befindet sich mein Fitnessstudio in einem Kinocenter, welches ein Pokestop ist und dieser gerne mit dem kostenpflichtigen Gegenstand Lockmodul ausgestattet wird. Dadurch werden 30 Minuten lang vermehrt Pokemon angelockt und der große Vorteil ist, dass alle Personen in der Nähe davon profitieren. Im Fitnessstudio selbst ist zwar der Pokestop so weit entfernt, dass ich nicht alle zehn Minuten die dort verfügbaren Gegenstände abholen kann, aber doch so nahe, dass im Regelfall genügend virtuelle Monster durch das zuvor erwähnte Lockmodul auftauchen. Im Regelfall deswegen, da pünktlich zum Start meines Trainings keine Verbindung zu den Pokemon Go-Servern möglich war. Bedeutet kein Werfen von Pokebällen während ich am Ergometer strampelt und auch keine Gegenstände oder Erfahrungspunkte vor und nach dem Training. Mit 3.666 Schritten ist der Tag im Vergleich zum Vortag auch Bewegungstechnisch ähnlich deprimierend wie die Verfügbarkeit der Server des Videospiels.
Wenn du denkst es passiert nicht mehr, dann passiert es doch. Donnerstag stellt den bisher schlechtesten meiner Tage mit Pokemon Go dar. Die Zahl 2.470 zeigt mein Smartphone, genauer gesagt ist es die Anzahl meiner Schritte. Auch wenn ich Schreibtischtäter bin und den primären Teil meiner Arbeitszeit sitzend verbringe, ist die Zahl mehr als erschreckend. Wie bereits am Vortag fällt auch heute der abendliche Pokemon Go-Spaziergang aus. Der Grund ist der bereits seit mehreren Stunden anhaltende Regen. Es gibt ein Sprichwort mit schlechten Wetter, schlechter Ausrüstung oder so, aber trotz des eigentlich vorhandenen Equipments, weigere ich mich im Regen Pokemon Go zu spielen. Als alternativen Fix gibt es YouTube Videos, was aber nicht Lange funktioniert. Videotitel wie „Getting More XP With The Lucky Egg Trick“ oder „14 hidden mechanics Pokemon Go never tells you about“ zeigen mir wieder einmal wie YouTube funktioniert. Schlussendlich verbringe ich etwas Zeit um die bisher gesammelten Pokemon zu sichten, die nicht weiter verwendbaren virtuellen Monster im Austausch gegen die Bonbon-Währung an den Professor zu schicken und im Anschluss die Diversität durch das Weiterentwickeln zu steigern. Aktuell habe ich 25 unterschiedliche Pokemon gesehen und 23 unterschiedliche Arten gefangen.
Der letzte Tag der Arbeitswoche verläuft im Prinzip ident mit dem Dienstag. Die 100 Meter vom Parkplatz zum Bürogebäude werden erfasst, am späten Nachmittag folgt das Lauftraining mit 6,93 km und etwas später der Pokemon Go-Spaziergang. Dieser nutzt sich leider mittlerweile etwas ab, da es zwar die drei Pokestops gibt, jedoch mangels dicht besiedelten Gebiet nur wenig bis keine Pokemon die man fangen könnte. Im Endeffekt spaziere ich fast 2 km durch meinen Heimatort, bekomme ein paar Gegenstände und fange genau ein virtuelles nicht nennenswertes Monster. Die Strecke hilft beim Ausbrüten der Eier im Spiel und während des Spaziergangs ist auch ein 2km-Ei ausgebrütet, jedoch reagiert die App im relevanten Moment nicht mehr. Nach einem Neustart ist das ausgebrütete Ei verschwunden und eine Belohnung dafür hat es ebenso nicht gegeben. Egal, das nächste 2km-Ei landet im Brutkasten und zufrieden mit den heute 12.706 zurückgelegten Schritten lege ich mich ins Bett.
Das gemeinsame Frühstück mit meinen Eltern am Vormittag des Samstags zeigt mir unerwartet welche Massenwirkung Pokemon Go erreicht hat. Ich werde ausgefragt und erfahre, dass man in manchen Städten vergünstig mit Poketaxis die Pokestops abfahren kann und am Neusiedlersee ein Pokestop nur mittels Boot erreichbar sein soll. Letzteres klingt gefühlt unrealistisch, aber die Zeit zum Nachprüfen fehlt, da ich mein Equipment für einen Auftrag noch zusammenpacken und mich anschließend auf den Weg mache um die nächsten beiden Tage bei einer Sportveranstaltung zu fotografieren. Positiverweise ist die Veranstaltung im lokalen Stadtpark und das Wetter hätte nicht besser sein können. Ich pendle zwischen den fünf direkt am Gelände befindlichen Pokestops, absolviere brav ein paar Kilometer und fange immer wieder zwischendurch das eine oder andere Pokemon. Irgendwann im Laufe des Nachmittags erhalte ich Meldung, dass ich keine weiteren Gegenstände mehr sammeln kann, da ich die Obergrenze von 350 Gegenständen erreicht habe. Als Alibimaßnahme nutze ich den Gegenstand Rauch, wodurch die nächste halbe Stunde vermehrt Pokemon in meiner Nähe auftauchen sollten. Rückblickend bin ich mir nicht sicher ob es mehr oder weniger als sonst an diesem Tag waren, da mein Hauptfokus eigentlich das Fotografieren war. Am Tagesende waren es ein paar dutzend virtuelle Monster die ich gefangen habe, sehr viele Erfahrungspunkte durch das Pendeln zwischen den Pokestops, 8.957 absolvierte Schritte und ein leichter Sonnenbrand im Gesicht.
Die selbe Prozedur wie am Vortag stand am Sonntag an. Frühstücken, Sachen packen, am Gelände eintreffen, Pendeln um Gegenstände zu sammeln und Fotografieren. Eine Abweichung stellte jedoch die Mittagspause dar, da ich während dieser an das andere Ufer des dortigen Flusses wechselte. Dort gibt es zwei Pokestops in unmittelbarer Nähe zu einem Pokegym. Eigentlich mit dem Ziel einen ersten Versuch im Wettkampf zu wagen, stellte ich fest, dass die beiden Pokestops gleichzeitig mit Lockmodulen ausgestattet waren und somit ein erhöhtes Aufkommen von Pokemon boten. Quasi 20 Minuten wurden von mir durchgehend die virtuellen Monster mittels der zuvor in Unmengen gesammelten Pokebällen gefangen. Das Resultat war der Aufstieg von Level 6 auf Level 9 und die Erweiterung des Pokedex, dem zentralen Verzeichnis aller Pokemon, auf 37 gesichtete und 35 erfolgreich gefangenen unterschiedliche Arten der virtuellen Monster. Der Nachmittag diente zum erneuten Auffüllen mit Gegenständen durch das Pendeln, sowie das erfolgreiche Ausbrüten zweier Eier im Spiel mit einer erforderlichen Laufleistung von 2 und 5 km. Der Schrittzähler zeigte am Ende des Tages zumindest 4.751 Schritte und die letzte halbe Stunde vor dem Einschlafen wurde mit dem Versenden der doppelt gefangenen Pokemon verbracht.
Zum Start der Arbeitswoche an Montag wiederholte sich das eingebürgerte Ritual am Weg vom Auto zum Arbeitsplatz nicht. Ich habe schlichtweg vergessen oder unbewusst keinen Sinn beim Sammeln der wenigen Meter gesehen. Aktuell habe ich ein 5km-Ei bei 2,6 km und ein 10km-Ei bei 8,8 km. Untertags folgte der mittlerweile obligatorische Austausch mit Arbeitskollegen über den Status und die Berichterstattung des glücklichen Arbeits-Pokemon-Zufalls vom Wochenende. Der Abend startete gewohnt mit meinem Lauftraining mit einer Distanz von 7,76 km und dem Ausfall des eigentlich obligatorischen Pokemon Go-Spaziergangs. Gefühlt war das Wochenende gut gefüllt mit Pokemon Go und die fast 50 Minuten Training und in Summe 9.447 Schritten haben für den Tag gereicht. Morgen ist ja auch noch ein Tag.
Pokemon Go ist seit Mitte Juli in Österreich für iOS und Android Geräte kostenlos erhältlich. Das Videospiel ist grundlegend kostenlos, bietet aber kostenpflichtige Gegenstände die das Fangen der Pokemon auf unterschiedliche Arten vereinfachen oder optimieren. Weitere Informationen zur Kooperation und dem mobilen Videospiel von Nintendo, The Pokemon Company und Niantic gibt es unter www.pokemongo.com.