Die Motive hinter der Entwicklung von Videospielen können vielschichtig sein, aber im Prinzip läuft es in der heutigen Zeit am Ende meistens auf das Thema Geld hinaus. Die letzten Jahre zeigten ein wirtschaftliches Wachstum der Videospielbranche und zusätzlich zu Liebe und Hingabe findet man auch immer öfter eine penibel geplante sich durchziehende Strategie in den Titeln wieder. Diese Strategie umfasst aber nicht nur das Videospiel selbst, sondern die Vermarktung dessen ist ein ebenso essentieller Bestandteil. Unabhängig von der Qualität des Titels ist die richtige inhaltliche Positionierung bei der entsprechenden Zielgruppe unheimlich wichtig. Nichts blöder als ein gutes Videospiel, welches jedoch aufgrund einer suboptimalen Vermarktungsstrategie nicht als solches erkannt wird. Damit sind jetzt nicht zwingend die Berichte über einen Titel gemeint, sondern die Methode die Personen die über ein Videospiel berichten indirekt soweit zu beeinflussen, dass genau die richtigen Themen auch transportiert werden.
Technisch funktioniert die Auswahl dieser richtigen Themen mittels Fokusgruppentests im Vorfeld. Dabei wird eine Liste an Funktionen und auch Screenshots einer entsprechenden Personengruppe präsentiert und versucht das Interesse anhand dieser Informationen in Zahlen abzubilden. Danach folgt eine Spielsitzung und es wird eine Bewertung der Kaufwahrscheinlichkeit durchgeführt. Ein hoher Zahlenwert im Bereich des Interesses ist unheimlich wichtig um entsprechende Neugier zu generieren und wenn dann der Wert für die Kaufwahrscheinlichkeit ebenfalls hoch ist, dann hat man neben einer optimalen Vermarktung auch ein gutes Videospiel produziert. Der schlechteste Fall ist ein geringer Wert im Bereich der Neugier, da sich dadurch auch ein gutes Spiel deutlich schwieriger verkauft als ein schlechtes Spiel mit entsprechend guter inhaltlicher Positionierung bei der Zielgruppe.
Zwei theoretische Absätze sollten reichen um den Inhalt auf die Probe zu stellen. Der Titel des Blogposts nimmt es vorweg, denn Tembo The Badass Elephant muss für den Praxisteil herhalten. Mittels kurzen Blick auf die Pressemeldung kann diese auf folgende Kernelemente reduziert werden: Der Entwickler sind die Pokémon-Macher Game Freak, die Veröffentlichung erfolgt durch Sega, wilder 2D Side-Scroller, 18 Level mit Rätselelementen, ungewöhnlicher Grafikstil, schräger Humor und der namensgebende Elefant als Spielfigur. Die Screenshots zeigen ein handgezeichnetes Cartoon-Spiel mit einem Elefanten im Kampfeinsatz. Mal mit Rüsselhammer, mal beim Niedertrampeln von violetten Gegner oder dem Zerschmettern der Spielwelt mittels Gesäß-Attacke.
Mein Interessefaktor auf Basis dieser Informationen ist um ehrlich zu sein relativ gering. Zwar hat Game Freak mit den Spielen der Pokémon-Serie seit Jahren qualitativ gute Arbeit geleistet, jedoch als Zielgruppe eher jüngere Spieler angesprochen. In der englischsprachigen Wikipedia sind zwar eine Handvoll anderer Videospiele des Entwicklers angeführt, kennen oder gar einen Bezug kann zumindest ich zu keinem herstellen. Beim Rest wird es schwierig und teilweise auch diffus, da die Positionierung einfach widersprüchlich ist. Die Spielmechanik in Form eines wilden 2D-Side-Scroller mit Rätselelemente passt offensichtlich nur bedingt zusammen und die Auflistung des ungewöhnlichen optischen Stils, des schrägen Humors und einem Elefanten als Spielfiguren wirkt als ob man einfach alle möglichen Spitzenresultate aus nicht zusammenhängenden Umfragen in ein Videospiel gepackt hat. Der Spieltitel macht es nicht besser, da er eigentlich nichts transportiert und mehr darauf abzielt aufgrund der Banalität im Gedächtnis zu bleiben.
Der zweite Faktor ist die Beurteilung der Kaufwahrscheinlichkeit nach der Spielsitzung und genau jetzt wird es merkwürdig. Tembo The Badass Elephant hat mich überrascht, wirklich positiv überrascht. Titel und die Vorabinformationen haben mich ein Tembo The Rambophant erwarten lassen, was ich wirklich gespielt habe war ein gefühlt klassischer 2D-Plattformer, bei dem ich zwar durch zig Wände und Türen rausche, aber dabei zu jedem Zeitpunkt die volle Kontrolle über meine Spielfigur und auch das Spieltempo habe. Langsam und taktisch vorgehen? Überhaupt kein Problem und realistisch betrachtet auch erforderlich um spätere Level freizuschalten. Die angepriesene verrückte Geschichte ist auch da, aber im Prinzip sowas von egal, dass diese nicht mal auffällt oder relevant ist. Man steuert mit dem Elefanten durch verschiedene Umgebungen, sammelt Punkte durch das Eliminieren verschiedener Gegnertypen die unterschiedliche Angriffstaktiken erfordern und erhöht seine Lebensanzahl durch das Verzehren von Erdnüssen. Im letzten Satz ist tatsächlich das Wort Taktik vorgekommen, denn obwohl man beim Titel eher sinnfreies Dauerdrücken von Knöpfen erwarten würde, funktioniert diese Taktik in den seltensten Fällen. Angriffsmuster des Gegners erkennen, Angriffstaktik entwickeln, Objekten drum herum ausweichen und die Planung in die Spielrealität umsetzen.
Eine weitere Sache die rasch auffällt ist die Thematik der ungewöhnlichen handgezeichneten Cartoon-Grafik, die auf den Bilder teilweise eher hässlich sowie überladen wirkt. Wirken ist auch das richtige Wort, denn ich persönlich habe noch nie einen schöneren handgezeichneten Videospielelefanten als Tembo gesehen. Tembo läuft, hüpft, schwebt und schlägt sich einfach nur butterweich durch die ebenso hübschen Spielwelten. Alles Eigenschaften denen die Bilder definitiv nicht gerecht werden und die man aufgrund der Beschreibung leider ebenso wenig erwarten würde.
Tembo The Badass Elephant hat und macht mir unheimlich viel Spaß, macht mich aber gleichzeitig auch traurig. Der Titel ist unabhängig von der inhaltlichen Ausrichtung bei der Vermarktung erfrischend anders und spielt sich auch unheimlich gut und knackig. Jeder der mit 2D-Plattformern etwas anfangen kann und ein unterhaltsames Videospiel vor dem von Titeln überladenen Herbst sucht, muss eigentlich sein Ja zu Tembo geben. Dabei sollte man jedoch möglichst schnell den Spielnamen als auch die Ausrichtung als verrückt witziger Klamauk verdrängen und sich einfach optisch und spielerisch positiv überraschen lassen.
Gespielt wurde die Xbox One Version von Tembo The Badass Elephant. Neben der Xbox One gibt es auch eine Version für die PlayStation 4 sowie den PC. Seit Mitte Juni 2015 ist der Titel rein digital im Xbox Store, dem PlayStation Network, auf Steam sowie im Humble Bundle Store für etwa 13 Euro erhältlich. Auf den Konsolen gibt es zusätzlich noch eine kostenlose Testversion, die eigentlich spätestens jetzt geladen und angespielt werden muss. Hinweis hinsichtlich Transparenz: Sega hat mir einen Xbox One Download Code für Tembo The Badass Elephant zur Verfügung stellt.