Wenn man darüber nachdenkt was im letzten Jahrzehnt das Internet und dadurch auch die Menschheit am stärksten beeinflusst hat, lautet die Antwort soziale Netzwerke. Die beiden Platzhirsche in Form von Facebook und Twitter haben direkt und indirekt unser Leben massiv verändert und sind aus einer Welt wie wir sie heute kennen nicht mehr wegzudenken. Soziale Netzwerke sind für den Großteil der Nutzer eine wichtige Informationsquelle geworden und bieten parallel dazu einen einfachen Weg der Interaktion mit Freunden, Bekannten und Gleichgesinnten. Ein Thema welches auch den drei großen Konsolenherstellern bewusst ist, an dem seit Jahren gearbeitet wird und nun mit PlayStation 4, Wii U und Xbox One die Resultate sichtbar werden.
Die frühe Vorreiterrolle nahm Microsoft mit dem Onlinedienst Xbox Live ein, welcher 2002 den Grundstein für das Netzwerk legte. Die spieleübergreifende Freundesliste der ersten Version von Live wurde 2005 mit Start der Xbox 360 um Funktionen wie dem punktebasierten Erfolgssystem, einem spielübergreifenden Sprachchat, dem Nachrichtensystem, gegeneinander vergleichbaren Spielerkarten und einer einfachen Facebook Anbindung erweitert. Sony absolvierte mit dem PlayStation Network einen sehr ähnlichen Pfad, schaffte es aber nie die Vorreiterrolle auf diesem Gebiet einzunehmen und hinkte Microsofts Xbox Live meist mehrere Monate bei der Implementierung nahezu identischer Funktionen hinterher. Schlechter erging es den Onlineplänen von Nintendo, die bis zum Start der Wii U nur irgendwie bis gar vorhanden waren. Erst mit dem 2012 gestarteten Nintendo Network hat sich die Ausgangslange gebessert und Nintendo demonstrierte seither still und leise als erster der drei Konsolenhersteller und Plattformbetreiber mit Miiverse die Zukunft von sozialen Spiele-Netzwerke.
Losgelöst von bestehenden sozialen Netzwerken und gekapselt auf der eigenen Plattform folgt man anderen Spieler, sieht sowie reagiert auf deren Aktivitäten und veröffentlicht Statusupdates zwecks der Suche nach Unterstützung oder um sich beispielsweise zum gemeinsamen Spieleabend zu verabreden. Der Zugriff erfolgt zu Hause über die Konsole oder flexibel unterwegs vom Smartphone, das digitale soziale Spielenetzwerk ist wenn gewünscht jederzeit und überall verfügbar. Miiverse bietet seit Beginn der Wii U diesen Funktionsumfang, Microsofts Xbox One wurde erst kürzlich mittels einem umfassenden Systemupdate sozialer und Sony hat im Rahmen der gamescom den Start einer laut eigenen Aussagen nie zuvor gesehenen sozialen Spielerfahrung mit dem System Update 2.0 für die PlayStation 4 angekündigt.
Der Schritt ein eigenes isoliertes Nischennetzwerk abseits des allumfassenden Facebook Netzwerks zu schaffen wirkt vielleicht unsinnig und engstirnig, stellt aber die sinnvollste Lösungsvariante da. Die Eigenständigkeit sowie vorhandene Unabhängigkeit gegenüber externen Plattformen gepaart mit der Fokussierung auf ein Thema helfen mehr als die oft kritisierte Parallelität mehrfacher Freundeslisten. Die Pflege eines weiteren digitalen Freundeskreis stellt nüchtern betrachtet in Verbindung mit der Themenkonzentration sogar einen massiven Vorteil dar, da dadurch die sonst vorhandene Problematik der Beitragsrelevanz gegenüber der eigenen Freunde gelöst wird. Miiverse Freunde, PlayStation Network Kontakte und Spieler auf Xbox Live teilen allesamt das Interesse am Thema Videospiele und stören sich weniger am Informationsfluss von erzielten Erfolgen oder Einladungen zum gemeinsamen digitalen Spieleabend. Soziale Spiele-Netzwerke bestehen aus Menschen mit dem Interesse an Videospielen unabhängig der realen sozialen Verbindung, Facebook hingegen basiert auf realen Bekanntschaften und Freundschaften und kaum auf gemeinsamen Interessen.
Stellt sich nur die Fragen nach dem Grund für diese Netzwerke und der Motivation der Plattformbetreiber, wobei beide Antworten erwartungsgemäß in direkten Zusammenhang stehen. Shared Experiences lautet das Zauberwort, denn gemeinsame Spielerfahrungen sind spannender, abwechslungsreicher und unterhaltsamer als alleine zu spielen. Um die Probleme der anonymen automatisierten Spielerzuweisung zu reduzieren geschieht die Suche nach möglichen Mitspielern manuell über das soziale Spiele-Netzwerk, denn ein gemeinsames Spiel mit dem mir unbekannte Freund eines Freundes ist wesentlich reizvoller als mit einem zufällig zugeteilten Unbekannten. Funktioniert das Konzept und momentan sieht es stark danach aus, ist das Ergebnis ähnlich wie bei Facebook und Twitter eine höhere Verweildauer auf den Onlineservices bei gleichzeitiger Erhöhung der Besuchsfrequenz um den Drang nach Neuigkeiten zu befriedigen. Das Verfolgen der Plattformfreunde beim Freischalten von Erfolgen oder dem Videostreamen der Spielerfahrung dient zusätzlich indirekt zur Generierung bzw. Steigerung des persönlichen Interesse an einem Spiel gepaart mit der Möglichkeit im direkten Austausch vertrauenswürdiges Feedback zu erhalten, was die primäre Motivation von Microsoft, Nintendo und Sony darstellt.
Interesse und persönliche Empfehlungen stellen eine optimale Basis für einen möglichen teils impulsiven Kauf im jeweiligen digitalen Marktplatz dar. Mehr Verkäufe sorgen für mehr verbrachte Zeit auf der Plattform, mehr verbrachte Zeit sorgt für eine stärkere Plattformbindung und für mehr Aktivitäten im eigenen sozialen Spiele-Netzwerk, die wiederum potentiell weitere Spieler zum Kauf von Spielen motiviert, was zu höheren Einnahmen der Konsolenherstellern und Spielefirmen führt. Ein Kreislauf und eine Systematik die Spielern durchaus auch Spaß machen kann, solange man sich der zugrunde Methodik und Motivation bewusst ist.
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