Let’s Craft A Videogame Console

Egal was man als Hersteller einer Videospielkonsole auch macht, man macht es falsch. Sowohl Spieler als auch die Fachpresse schimpfen über alles, neue Ideen werden möglichst frühzeitig im Keim erstickt und im Zweifelsfall ist sowieso alles nur kopiert. Etwas in Grund und Boden zu schreiben ist leicht, es aber besser zu machen schwer. Anstatt nur Kritik zu üben, sollte man eine Vorstellung haben was man eigentlich selbst möchte und gleichzeitig auch eine ordentliche Portion Grundrealismus bezüglich der Realisierbarkeit einfließen lassen … Let’s Craft A Videogame Console!

Das Grundgerüst bieten die Hardwarekomponenten verpackt in einer möglichst hübschen Form, die im Gegensatz zu den Vorgängern mit folgenden Adjektiven zu beschreiben sind: Besser, Schneller und Mehr. Welche Eckdaten der Prozessor oder Arbeitsspeicher hat ist eigentlich egal, da man sich mittlerweile nicht mehr über die Anzahl an Kernen der Grafikkarte oder den Zugriffszeiten des Arbeitsspeichers definieren kann. Der massive technische Sprung, den es beim Generationswechsel auf hochauflösende Bilder gab, wird dieses Mal ausbleiben. Relevanter wird es bei der Nutzung zusätzlicher Komponenten und den angebotenen Dienstleistungen, die eine bessere Erfahrung in jeglicher Richtung bieten sollen und müssen.

Keine Sorge, es folgt keine Lobhudelei auf Bewegungssteuerungen, aber manch bereits genutzte (und auch wieder vergessene) Konzepte sollte man nicht ignorieren oder verschmähen. Was damit definitiv nicht gemeint ist, sind permanent aktive Kameras, denn die sind einfach nur creepy. Mikrofone fallen zwar in eine ähnliche Kategorie, werden aber im Gegensatz zu Kameras toleriert, zumindest klebt niemand Mikrofone in Notebooks ab, Webcams jedoch sehr wohl. Einer der Anwendungsfälle ist die Spracherkennung und -steuerung der Konsole. Eine Suche über verfügbare Inhalte absetzen, den geliehenen Film kurz via Sprachbefehl pausieren wenn man den Raum verlässt oder eine kurze Nachricht an einen Mitspieler diktieren. Gleichzeitig ist auch die Integration in Spiele sinnvoll und es muss nicht mit Sprachbefehlen enden. Die Erkennung von Sprache und Hintergrundgeräuschen ist eine passive Feedbackquellen, die zur dynamischen Echtzeitanpassung des Spielerlebnisses genutzt werden kann. Ein Schiedsrichter in Sportspielen, der statt einer Verwarnung einen Platzverweis ausspricht, da verbal unpassende Kritik geäußert wird oder die gezielte Verstärkung von Schreckmomenten in Horrorspielen, da die letzten Sequenzen ohne Mucks absolvierte wurden.

Spinnt man den Gedanken etwas weiter, kommt einem ein weiterer möglicher Parameter in den Sinn, die Bewegung. Hierfür wird keine Kamera benötigt, denn die im Controller verbauten Gyroskope liefern ausreichend Daten. Deren Qualität kann zwar nicht mit denen einer korrekten optischen Verortung im Raum verglichen werden, aber die gewonnen Daten geben qualitativ ausreichende Bewegungsmuster des Spielers wieder. Der steigende Frust wenn bestimmte Passagen zum wiederholten Male nicht geschafft werden, die Freude wenn schwere Situation gemeistert sind, die Anspannung bei Abschnitten die eine erhöhte Konzentration erfordern oder das „In die Kurve“-Legen bei Rennspielen. Daten die hilfreiche Hinweise auf die Stimmung und die Fähigkeiten des Spielers liefern. Es macht einen Unterschied ob jemand herumlümmelnd und halb bei der Sache scheitert oder hochkonzentriert den Controller umklammert und einfach mit dem Schwierigkeitsgrad kämpft.

Geht man noch einen Schritt weiter, greift der Controller zusätzlich noch die biometrischen Grunddaten des Spielers ab. Technisch ähnlich dem Konzept des Brustgurts bei Sportlern, werden hier die am Controller anliegenden Handflächen als Kontaktquelle genutzt, um beispielsweise die Herzfrequenz über den Puls oder etwaige Veränderungen der Hautfeuchtigkeit zu messen. Daraus erhält man ein biometrisches Bild des Gemütszustands, welches Auskunft über die aktuelle Belastung (Puls) sowie die vorhanden Anspannung (Nervosität) liefern kann. Neben der passiven Auswertung, die zur dynamischen Anpassung des Spiels herangezogen wird, ist zusätzlich die direkte Integration in Spiele vorstellbar, um den Spieler zur Kontrolle des eigenen Körpers zu motivieren. Zum Beispiel je niedriger der eigene Puls ist, desto weniger zittern die Hände seines Alter Egos.

Alleine ist keine der drei Datenquellen neu, revolutionär oder kostspielig in der Implementierung. Gemeinsam ergeben sie jedoch ein erstaunlich genaues passiv-direktes Feedback. Das Geheimnis ist die Bündelung der Signale, eine möglichst korrekte Beurteilung dieser und deren Nutzung in Echtzeit im Spiel. Das Resultat wäre eine deutlich persönlichere Spielerfahrung, die im Vergleich zu aktuellen Titel deutlich intensiver ist, ohne dass der Spieler bewusst aktiv wird oder Bewegungsmuster vor einer geschassten Kamera abspult.

Im Bereich der angebotenen Dienstleistung werden wohl die Trends der letzten Jahre fortsetzt und aggressiv ausgebaut. Die trojanischen Pferde sind bereits seit dem letzten Generationswechsel der Konsolen in den Wohnzimmern platziert und die Kunden wurden zur Nutzung digitaler Inhalte erzogen. Filme zum Ausleihen, Musikabos oder zusätzliche Inhalte zum Erweitern von Spielen werden genutzt und sind auf lange Sicht betrachtet deutlich lukrativer als Einmalverkäufe im Einzelhandel. Das grundlegende Ziel ist es die Nutzungsdauer zu erhöhen, was unter Forcierung folgender Methoden wirtschaftlich Sinn macht: Öffnung der Plattform, Schaffung neuer monetarisierbarer Angebote und der Vereinfachung Inhalte zu entdecken.

Die Öffnung der Plattform ist nicht gleichzusetzen mit uneingeschränkten Zugriff für jedermann, aber die Einstiegshürde für neue Konzepte (sprich: Indiegames) muss gesenkt werden. Um eine Überflutung mit generischen Inhalten zu verhindern, ist eine Selektion erforderlich. Ein möglicher Weg ist die Adaptierung des Crowdfunding Konzeptes, welches sowohl für den Konsolenhersteller, den Entwickler und den Spieler positiv sein kann. Neue Spiele werden durch Entwickler vorgestellt und benötigen eine gewisse Geldmenge um realisiert zu werden. Spieler bekunden durch die (ermäßigte) Vorbestellung des Spiels Interesse und finanzieren damit indirekt vorab die Entwicklung. Gleichzeitig geht ein Teil der Einnahme an den Konsolenhersteller, welcher dadurch die Kosten für die erforderliche Qualitätsprüfung abdecken kann. Damit fallen die teilweise enormen Geldsummen für die Zertifizierung indirekt weg, das finanzielle Risiko wird durch die Vorbestellungen reduziert und die Selektion erfolgt indirekt durch den Spieler, der gleichzeitig vergünstigten Zugang zu wirklich neuen Spielen erhält.

Die Schaffung neuer Einnahmequellen basiert auf dem Bereitstellen neuer kostenpflichtiger Inhalte. Dazu zählen zum Beispiel auch Spiele, die zukünftig gleichzeitig zur Veröffentlichung im Handel zu gleichen Konditionen als digitaler Download zur Verfügung stehen. Anstatt nur zu kaufen, besteht alternativ die Möglichkeit das Spiel ähnlich dem digitalen Verleih von Filmen zu mieten. Jeder Spieler kann jeden Titel für eine Stunde uneingeschränkt anspielen und danach entscheiden, ob das Spiel gekauft, für eine Woche ausgeliehen oder die weitere Spielzeit von einem universellen Stundenkontingent abgebucht werden soll. Um den digitalen Kauf alter Spiele attraktiver zu gestalten, reduziert sich der Preis im Laufe des ersten Veröffentlichungsjahrs gestaffelt um in Summe 50%.

Mit stetig steigenden Zuwachs an sofort verfügbaren Inhalten stellt sich das Problem ein, dass das Treffen einer qualifizierten Kaufentscheidung schwieriger wird. Genau daraus resultiert auch die Beliebtheit jeglicher Top X Listen, die mittlerweile ein wichtiges Kriterium für diese Entscheidung darstellen. Wenn die Mehrheit der Menschen Produkt X kaufen, dann muss es wohl „gut sein“. Funktioniert zwar grundlegend, wobei jedoch die Personalisierung der angebotenen Inhalte die erstrebenswertere Königsdisziplin ist. Analog dem Empfehlungssystem großer Versandhändler („Ihnen könnten diese Artikel gefallen“ oder „Kunden die X gekauft haben kauften auch Y“) wird für den Spieler eine Vorselektion getroffen und präsentiert. Je besser der Empfehlungsdienst arbeitet, desto bessere Ergebnisse werden geliefert, desto schneller fällt die Kaufentscheidung und desto mehr wird tendenziell (digital) gekauft.

Damit endet auch vorerst der Ausflug zur Wunschkonsole der nächsten Generation. Was uns tatsächlich erwartet? Vermutlich keine Revolution, sondern mehr Evolution. Die hier angeführten Features spiegeln einen kleinen Teil der Dinge wieder, die ich gerne sehen würde und die auch wirtschaftlich realisierbar sind. Was wirklich kommen wird, werden die nächsten Monate zeigen. Was aber jetzt schon feststeht: Die Zukunft (der Einnahmen) liegt in der gebotenen Dienstleistung, nicht in der Hardware oder dem analogen Verkauf.

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