Skyrim

In den letzten 226 Tage habe ich 33% der Zeit schlafend in (m)einem Bett verbracht, 23% am Schreibtisch im Büro und knapp 1% in einer schweren Stahlrüstung als Kaiserlicher in Himmelsrand. Zurückgerechnet in Stunden liegt die Zahl bei fast genau 48 Stunden und das ist für mein persönliches Spielverhalten eine verdammt lange Zeit. Die durchschnittlich 12 Minuten pro Tag klingen nicht viel, sind in der gefühlt riesigen virtuellen Landschaft von Himmelsrand noch weniger und obwohl die Gesamtspielzeit bei jedem anderen Spiel mehr als ausreichend für eine „qualifizierte“ Beurteilung wären, so fällt mir dies bei Skyrim schwer. Viele Flecken sind noch unentdeckt, etliche Berge unerklommen, zu viele Höhlen unerkundet und ich habe überhaupt keine Ahnung wie weit ich in der Hauptgeschichte bin. Bethesdas Rollenspiel benötigt Zeit, viel Zeit. Es ist groß und umfangreich und genau hier liegt wohl auch mein Problem mit dem Spiel, es ist einfach zu umfangreich.

Es ist natürlich Weinen auf einem sehr hohen Niveau und auch wenn die Metacritic-Fantasiepunktezahl bei 94 liegt, stellt sich die Frage wie umfangreich und damit auch gleichzeitig zeitraubend ein (Einzelspieler-)Videospiel in der heutigen Zeit sein sollten. Ich erinnere mich an Zeiten als Magazine (gedruckt auf toten Bäumen) den Kosten pro Stunde Koeffizienten bildeten um damit keine Ahnung was eigentlich genau zu definieren. Vielmehr stellt sich die Frage ob nicht oft weniger mehr ist und ob nicht sogar eine kurze aber intensive Spieldauer vorteilhaft sein kann. Skyrim nun deswegen als schlecht zu bezeichnen wäre unverschämt, denn Skyrim ist genau das Gegenteil und hätte wohl auch sonst keine 48 Stunden meiner bisherigen Lebenszeit verschlungen, aber wäre es als Videospiel so viel schlechter wenn man es nach bereits 20 Stunden „durch“ hätte. Mittlerweile wage ich zu behaupten, dass die Antwort nein lautet und um noch einen Schritt weiter zu gehen, denke ich sogar, dass es sogar deutlich besser wäre als es jetzt bereits ist.

Rollenspiele sind oftmals langsamer als der Großteil der heutigen Videospiele und auch Skyrim entschleunigt den Spielablauf. Man wird die ersten Stunden unsichtbar an der Hand genommen und entdeckt Schritt für Schritt eine unheimlich umfangreiche Spielwelt und wird gleichzeitig mit etlichen Aufträgen versorgt. Neben den umfangreicheren Nebengeschichten in Himmelsrand wird man auch mit deutliche einfacheren Sammel- und Suchaufträgen beschäftigt. Je mehr man versucht diese abzuarbeiten, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man den Spielstand mit mehr offenen Aufträgen speichert als man zu Beginn in der Auftragsübersicht hatte. Grundlegend nichts schlechtes und anfänglich auch unterhaltsam, da man quasi dadurch gleichzeitig  die zum Start quasi jungfräuliche Karte erschließt und entdeckt.

Mit dem Lauf der Zeit hat man die meisten Gebiete der Pixelwelt zumindest teilweise besucht und auch das Grundprinzip der verschiedenen Aufträge durchblickt. Die vorab definierten sowie die zufällig vom Spiel generierten Aufträge sind zwar von der Qualität erstaunlich hoch, führen aber nach einer gewissen Zeit dazu, dass man zum Fließbandarbeiter mutiert und versucht diese mit möglichst geringen Energieaufwand abzuarbeiten. Ich habe mich selbst dabei ertappt, dass ich oftmals zwei oder drei Stunden am Stück damit verbracht habe mittels Schnellreisefunktion und etlichen Heiltränke die verschiedensten Aufgaben im Akkord abzuarbeiten um möglichst schnell den Level meines Helden zu steigern. Ob es wirklich erforderlich war kann ich nicht sagen, da einfach der Bezug fehlt. Nach der Einführungsphase steht es dem Spieler offen wohin er wann geht und auch was er erledigen möchte. Ist man zu schwach stirbt man, ist man zu stark ist es ein reiner Durchmarsch. Es gibt keine Visualisierung ob man man den für das Gebiet passenden Level hat und somit verliert man auch das Gefühl wie weit fortgeschritten der eigenen Held ist. Hat man zuviel Zeit mit Nebenaufträgen verbracht oder ist der Held noch zu schwach für den nächsten Abschnitt der Hauptgeschichte? Dafür gibt es keinen Indikator, es gibt nur das Friss oder Stirb Prinzip und dieses ist manchmal eher frustrierend als motivierend.

Die unendliche Anzahl an Aufträgen, die Unsicherheit ob man gut genug für die anstehenden Herausforderungen ist und die grundlegende Langsamkeit des Titels sorgen zar für eine deutlich längere Spielzeit als geradlinigere Spiele, aber leider auch manchmal zu einer gewissen Langeweile und auch Frust. Dies ist vermutlich auch der Grund warum man Skyrim als Perfektionist (Stichwort: Hallo leere Auftragsübersicht!) eher in wohldosierter Menge konsumieren sollte und nicht versuchen sollte alles am Stück zu erleben. Skyrim ist gut, ein etwas straffer durchgezogenes Skyrim mit weniger Zufallsaufträgen wäre jedoch besser. Ich für meinen Teil habe meine persönliche Dosis von Himmelsrand in den letzten Tagen wieder einmal erreicht und setze die nächsten 720 Stunden aus, aber danach beendet ich die Hauptstory. Zumindest nehme ich es mir vor, genauso wie ich es mir vor den letzten drei Spielpausen vorgenommen habe.

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