Videospiele doof zu finden ist einfach. FEZ nicht zu mögen ist schwer, denn FEZ ist flauschig, sehr liebenswert, macht süchtig, belohnt ungemein und weckt die Gefühle warum man Videospiele eigentlich mag. Nach fünf Jahren Schaffenszeit war es letzte Woche soweit und der 2D Plattformer erblickte auf dem Xbox LIVE Marktplatz das grelle Licht der breiten Öffentlichkeit. Phil Fish (@phil_fish) und Renaud Bédard (@renaudbedard), die beiden Köpfe hinter dem Indie-Entwickler Polytron, wurden quasi seit dem Independent Games Festival 2008 in der Indie-Szene gefeiert und obwohl dies leider unsichtbar vor den Augen der Mainstream-Spieler passierte, entwickelt sich FEZ im Bezug auf Verkaufszahlen gut. In den zehn Tagen seit der Veröffentlichung haben etwas mehr als 60 000 Spieler den virtuellen Geldbeutel geöffnet, Tendenz steigend.
In FEZ spielt man Gomez, einen 2D Charakter, der sein bisheriges Leben in einer vermeintlich zweidimensionalen Welt verbrachte. In den ersten Minuten Spielzeit offenbart sich Gomez durch ein merkwürdiges Artefakt die dritte Dimension, die gleichzeitig die Spielmechanik für das restliche Abenteuer die weitere Reise bildet. Man befindet sich in einer dreidimensionalen Welt, spielt jedoch immer in einer zweidimensionalen Umgebung. Jederzeit kann und muss die Welt in 90 Grad Schritten gedreht werden um voranzukommen, Rätsel zu lösen und Geheimnisse zu entdecken. FEZ bietet eine umfangreiche offene Umgebung, die eine unheimlich hohe Dichte voller rätselhafter Dinge aufweist. Durch den Verzicht von Gegnern jeglicher Art, dem fehlenden Zeitlimit und der nicht existenten Bestrafung im Fehlerfall entsteht Ruhe und Stabilität, um sich auf die tatsächliche Qualität von FEZ zu fokussieren, dem Entdecken.
Die im obigen Absatz beschriebene Spielmechanik und die im Video gezeigten Spielabschnitte täuschen und vermitteln eine Spielerfahrung, die FEZ nicht gerecht ist. Man sieht anfänglich ein Knobelspiel, welches mit der Perspektive spielt. Optisch an die 16-Bit-Ära angelehnt und Grundprinzipien von M. C. Escher (Wikipedia Direktlink) folgend hüpft Gomez von Plattform zu Plattform und öffnet Tür um Tür um immer weiter in die verwinkelten Tiefen der surrealen Welt einzutauchen. Der Spieler wird alleine gelassen und das Ziel vor Augen ist das Sammeln von Würfel. Der Grund? Unklar! Die Folgen? Ebenso! Dot, der würfelige Wegbegleiter von Gomez, versucht zu erklären und bleibt dabei den für das Medium typischen Grundsätzen treu. Ein großer Würfel ist explodiert, man muss die verteilten Fragmente sammeln, denn nur so kann der Fortbestand des Universums gesichert werden und es ist unheimlich wichtig.
FEZ ist mehr und je länger man spielt, desto mehr offenbart sich dies auch. Es geht um das Entdecken und die Belohnung ist die innere Befriedigung. Anfangs durch das Sammeln besagter Würfel, später durch Rätsel. Man wird dabei aber nicht an die Thematik herangeführt oder an die Hand genommen, es wird quasi nichts erklärt und Hinweise erzeugen oft mehr Verwirrung anstatt zu helfen. Jedes Rätsel ist praktisch einzigartig und die Lösung hilft nicht zwangsläufig beim nächsten Problem. Man richtet das Smartphone auf den Bildschirm, man schließt die Augen um andere Sinne zu schärfen, analysiert Sternbilder oder versucht eine Sprache ohne Anhaltspunkte zu verstehen. FEZ spielt mit dem Spieler, es fordert heraus und manchmal entsteht auch der Eindruck, dass es einen verhöhnt. Das Resultat scheint offensichtlich, die Werkzeuge sind klar und trotzdem ist es ein Problem. Glücklicherweise gibt es keine aufbauenden Komponenten, wodurch die gesamte Spielwelt offen steht und der weitere Weg nicht durch ein für einen unlösbares Rätsel blockiert wird.
Es gefällt und obwohl vor dem inneren Auge bereits den Controller knapp am Bildschirm vorbeifliegt, besteht der Drang weiterzuspielen. Das Erfolgsgefühl ähnelt frappierend den früherer Videospielerlebnisse und je intensiver man sich mit FEZ beschäftigt, desto mehr ändert sich die eigene Perspektive auf das Spiel. Das Knobelspiel entwickelt sich zu einer Spielerfahrung in einer komplett anderen Dimension und spielt quasi auf einer neuen Ebene. Kleinigkeiten gewinnen an Bedeutung, der Soundtrack (Soundtrack Direktdownload) beinhaltet neben 8-Bit Chiptune Klänge weitere Geheimnisse (Geek.com Soundtrackanalyse) und wenn man denkt es kommt nichts mehr, entdeckt man die nächste Tür. Ich ziehe meinen Hut vor dir Phil Fish, FEZ ist bereits jetzt ein Meisterwerk der digitalen Unterhaltung und dies nicht nur am Bildschirm.
FEZ wurde am 13. April 2012 für 800 MS Points am Xbox LIVE Marktplatz (Marktplatz Direktlink) veröffentlicht. Weitere Informationen gibt es unter fezgame.com sowie im virtuellen Zuhause der Polytron Corporation unter polytroncorporation.com.