E3 und die Relevanz

Eigentlich war im Gegensatz zu den letzten beiden Jahren für dieses Jahr kein Beitrag zur E3 geplant, aber nachdem sich der Rummel um den wohl wichtigsten Branchenevent des Jahres mittlerweile langsam gelegt hat, ist es vielleicht doch an der Zeit zurückzublicken. Es geht dabei weniger um die Ankündigungen und Inhalte der letzten Wochen, sondern mehr um die generelle Relevanz der Messe für uns in Österreich.

In den einschlägigen Informationsquellen gilt die Electronic Entertainment Expo als die wichtigste Veranstaltung für Videospieler im Jahr (ausgenommen in den Jahren 2007 und 2008), da die großen Spieleunternehmen Anfang Juni eigentlich die Katzen der nächsten 12 bis 18 Monaten aus dem Säcken lassen. Im Gegensatz zu früher hat sich hier vieles verändert und aufgrund der geänderten wirtschaftlichen Situation (höhere Entwicklungskosten, weniger Profit pro verkauften Titel, niedrigere Preise, …) fehlt bei den Ankündigungen von neuen Spielen mittlerweile oft der Überraschungseffekt, da gefühlte 75% reine Fortsetzungen von vorhergegangenen Erfolgen sind. Neben den Ankündigungen von neuen Spielen, präsentieren auch die großen drei Konsolenproduzenten ihre Strategien für die nächsten Monate (und zum Teil auch Jahre).

Im Konsolenbusiness ist es jedoch mittlerweile anders, denn im Gegensatz zu früher wird nicht nur rein mit der Hardware das Geld verdient, sondern die Konsolen haben sich immer mehr zu einer Art digitalen Hub für Unterhaltung entwickelt. Es gibt Filme zum ausleihen bzw. kaufen, man spielt in virtuellen Spieleshows gegeneinander, kauft Musik, surft auf Facebook oder stöbert mittels Suchmaschine im Internet herum. So spannend dieses neue funky Business mit Inhalten auch auf den ersten Blick sein mag, so unspannend ist es wenn man in der Dritten Welt der Contentindustrie sitzt, wie es leider in Österreich der Fall ist (und ja es ist eindeutig ein First World Problem). Aufgrund meiner persönlichen Affinität zu einer Videospielkonsole aus Redmond, wird auch mein Hauptaugenmerk auf der Plattform aus dem Hause Microsoft liegen.

Der zur E3 2006 angekündigte und im November 2006 im US Markt gestartete Zune Video Store (anfänglicher Name: Xbox LIVE Video Marketplace) startete mit Filmen sowie Serien und expandierte mit etwa einem Jahr Verspätung in die wichtigsten europäischen Märkte (ohne Serien), wozu Österreich natürlich nicht zählte. Zusätzliche zwei Jahre waren erforderlich, bis der Zune Video Store (natürlich ebenso ohne Serien und mit eingeschränkter Filmauswahl) das kleine Dritte Welt Land Österreich inklusive deutlich teurerer Mietpreise erreicht hat und trotz der dreijährigen Verspätung, ist dies sogar die eher positivste Geschichte. Da wäre zum Beispiel das im Rahmen der E3 2008 angekündigte Feature namens Primetime, bei dem man angepasste Versionen von Fernsehshows gleichzeitig mit und gegen unzählige Xbox LIVE Mitglieder spielen sollte. Trotz Partnerschaft mit Endemol schafft es nur 1 vs. 100 auf die Bildschirme der Spieler und das Format wurde nach der zweite Saison wieder eingestellt und hat es natürlich nie nach Österreich geschafft. Eine dritte Trauergeschichte sind dann die Xbox LIVE Indie Games (der ursprüngliche Name war Community Games), die Ende 2008 den US Marktplatz bereicherten und im Juli 2009 auch für unsere sonst oftmals benachteiligten deutschen Nachbarn freigeschaltet wurden. In good old Austria bleiben wir wie schon beim abgesetzten Primetime Feature außen vor und blicken seither mit leicht neidischen Blicken über den Weißwurstäquator.

Aber nicht nur aufgrund der für uns fehlenden und wahrscheinlich nie kommenden Inhalte (Netflix, Hulu, last.fm, Sky LIVE TV, ESPN und vermutlich auch die erst dieses Jahr angekündigte YouTube Integration) wird der relevante Informationsgehalt immer weniger, auch das geringe Durchhaltevermögen von Microsoft dämpft jegliche Erwartungshaltung. Ein prominentes Beispiel ist wohl Joy Ride, welches 2009 als kostenloser Titel angekündigt wurde und sich über Mikrotransaktionen refinanzieren sollte. Daraus geworden ist leider nichts, denn ein Jahr nach der Ankündigung wurde aus dem vormals kostenlosen Titel ein Vollpreisspiel für Kinect. Ein ähnliches trauriges Schicksal erfuhr der Game Room, der ebenso zur E3 2009 angekündigt wurde und immerhin im März 2010 weltweit veröffentlicht wurde. Ursprünglich war es die Antwort auf die Virtual Console von Nintendo, aber bereits innerhalb kürzester Zeit wurde es immer ruhiger und ruhiger um die virtuelle Spielhalle. Der Misserfolg liegt wohl am schwerfälligen Erweiterungskonzept, da für die anfangs regelmäßig erscheinenden neuen Spiele etwa 100 MB Downloads erforderlich waren. Vom anfänglichen zweiwöchigen Rhythmus ist mittlerweile auch keine Rede mehr und seit dem letzten Update vom 22.12.2010 ist der Game Room praktisch tot.

Alle aufgezählten Features und Funktionen wurden im Rahmen diverser Electronic Entertainment Expos angekündigt und wurden wie viele andere angekündigten Features innerhalb kurzer Zeit eingestampft oder nur halbherzig verfolgt. Microsoft ist hier natürlich nicht alleine, denn auch Sony hat mit Playstation Home eine Totgeburt veröffentlicht und hält diese mittlerweile nur noch durch zwanghafte lebensverlängernde Maßnahmen am Leben und bei Nintendo fällt mir spontan der 2009 angekündigte Wii Vitality Sensor ein. Dies hat bei mir zu einer gewissen Abstumpfung gegenüber den großen Media Briefings geführt und die Vorfreude auf angekündigte Funktionen ist stark gedämpft und zum Teil auch nicht mehr vorhanden. Die immer weniger wichtigen Grenzen (dem Internet sei Dank) werden von der Contentmafia weiterhin hochgehalten und so wie es derzeit aussieht, wird sich dies auch leider in den nächsten Jahre nicht so schnell ändern und Österreich bleibt damit weiterhin ein Dritte Welt Land.

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