Need for Speed: Hot Pursuit

Es war vor etwa fünf Jahren, als der neunte Teil der Need for Speed Serie mit dem Namenszusatz Most Wanted veröffentlicht wurde. Damals war ich noch mittendrin (siehe “Es war einmal … meine Zeit bei EA”) und mit dem Release starteten in den Foren die Debatten über Ruckler und die geringe sowie nicht stabile Bildwiederholfrequenz, die sich wie ein roter Faden durch das Spiel zog. Ich erinnere mich noch an Telefonate mit Kollegen aus dem Marketing, die versuchten das Thema runterzuspielen, aber Most Wanted schaffte es einfach nicht das für die Serie essentielle Geschwindigkeitsgefühl zu vermitteln. Mit Undercover gab EA Black Box der Serie endgültig den Todesstoß, der seit dem sechsten Teil der Serien langsam vom kanadischen Entwickler eingeleitet wurde.

Erst im letzten Jahre wurde mit Shift die Serie wieder auf Kurs gezerrt, wobei sich der Titel nie wirklich wie ein richtiges Need for Speed anfühlte. Rückwirkend betrachtet ist dies auch nicht verwunderlich, war das Spiel doch ursprünglich ein Hochglanz-Racer mit der Ferrari Lizenz. Nach dem Undercover Desaster schrillten bei EA aber alle Alarmglocken und innerhalb kürzester Zeit wurde das Spiel in ein neues Gewand gesteckt. Vermutlich zur gleichen Zeit bildete sich im Hause Criterion Games eine Team, welches das Ziel verfolgte die weltweit erfolgreichste Rennspielserie wieder in alten Glanz erstrahlen zu lassen.

Need for Speed: Hot Pursuit bietet alles, was man sich von einem Need for Speed erwartet und so kommen bereits nach wenigen Sekunden die Erinnerungen an den grandiosen dritten Teil der Serie hoch, der sich mit dem aktuellen Ableger den Untertitel teil. Es geht nicht darum in irgendeinen Wettkampf möglichst viele Punkte zu erreichen, man erobert keine fremden Stadtgebiete noch klebt man Plastikteile an einen Serienwagen um den Coolness Faktor in die Höhe zu treiben. Auch das Tuning wurde komplett gestrichen und eine an den Haaren herbeigezogene Hintergrundgeschichte sucht man (zum Glück) vergebens, denn Criterion Games beschränkt sich auf das Wesentliche, nämlich Autorennen in Luxusautos und diese möglichst schnell, spannend und hübsch inszeniert. Die technische Umsetzung ist einwandfrei und das Studio hat auch viel bei Burnout Paradise (siehe “Willkommen im Paradies, im Burnout Paradies!”) gesammelte Erfahrung einfließen lassen und dies beschränkt sich nicht nur auf die absolut flüssige Hochglanzdarstellung am Bildschirm.

Neben dem Aufleben der klassischen Verfolgungsjagden mit der Polizei stellt die größte Neuerung das Autolog Feature dar, welches für die Einbindung des eigenen Freundeskreis sorgt. Das Spiel wurde mit einer Art Facebook Lite überzogen, wodurch sich komplett neue Möglichkeiten eröffnen, die auch geschickt genutzt werden um so manche kleine Schwachstelle zu kaschieren. Ähnlich wie beim großen sozialen Vorbild hat jeder Spieler eine sogenannten Wall, auf der die eigenen Rennergebnisse veröffentlicht werden und auch automatisch vom Freundeskreis abgerufen werden. Sobald die Zeit eines Freundes unterboten wird, erhält dieser eine Benachrichtigungen, die den inneren Highscore Trieb weckt und so zum süchtig machenden Unterbieten von Zeiten führt. Zwar sind einige Funktionen unnötig und man wird vermutlich nie einen Freitext auf der eigenen Wall veröffentlichen, aber auch ohne eigenes Zutun funktioniert Autolog und erst mit diesen Zeitduellen entfaltet Need for Speed: Hot Pursuit sein volles Potential.

Bereits während der diesjährigen gamescom (siehe “Spiele-Highlights der gamescom 2010”) stellte ich Autolog etwas in Frage und überlegte wie sich der Titel ohne Freunde spielt, beziehungsweise wenn man mit der Konsole oder dem PC keine Internetverbindung hat. Für viele ist dies zwar unvorstellbar, aber im Schnitt ist jede zweite Xbox 360 oder Playstation 3 offline und damit fehlt für jeden zweiten Consolero dieser massive Motivationsfaktor. Hot Pursuit bietet zwar auch ohne Autolog einen enormen Spielumfang, aber ohne die Genugtuung den Schulfreund oder Arbeitskollegen um ein paar Hundertstel unterboten zu haben fehlt einfach etwas.

Aber auch ohne Community Integration wäre der mittlerweile sechszehnte Teil der Serie kein schlechtes Spiel, sondern einer der besten wenn nicht sogar der beste Arcade Racer in diesem Jahr und auch der beste Teil seit dem legendären dritten Teil der Serie, wenn man das nach wie vor grandiose Need for Speed: Porsche außen vor lässt. Die Motivationskurve im Karriere Modus ist sowohl als Raser oder Polizist sehr gut angelegt und Frustmomente treten glücklicherweise nicht in Erscheinung. Alles fühlt sich so an, wie man es sich seit vielen Jahren von einem Need for Speed erwartet und die rasante Fahrt durch weite und offene Landschaften war nie schöner und unterhaltsamer als in Hot Pursuit.

Need for Speed: Hot Pursuit sollte in keiner Spielsammlung fehlen und ist seit Mitte November für die Xbox 360, die Playstation 3 sowie den PC in einer Limited Edition* für etwa 50 Euro erhätlich. Der aktuelle Metacritic Score liegt bei 87 von 100 Punkten und wie gewohnt gibt es bei eurogamer.de einen umfangreichen Test sowie weitere Informationen auf der offiziellen Produktseite.

Veröffentlicht in games