Fable Anniversary gehört am Papier zum Genre der Rollenspiele, wobei das Videospiel zusätzlich noch einen starken Einschlag in Richtung Action-Abenteuer hat. Es ist die für die Xbox 360 überarbeitete Version des 2004 erschienenen ersten Teil der Fable-Reihe. Eine Reihe, welche sich grundlegend von Rollenspielen mit stark japanischen Einflüssen unterscheiden wollte. Ziel war ebenso eine atemberaubende als auch abwechslungsreiche Videospiel-Welt mit interessanten sowie überzeugenden Charakteren, die dynamisch auf den Helden des Videospiels reagieren. Jener Held sollte sich spielerisch und optisch durch Aktionen des Videospielers entwickeln und dadurch eine vollends personalisierte Videospiel-Erfahrung entstehen. Die vorhandenen Möglichkeiten hierzu schienen unbegrenzt zu sein, zumindest bis zum Zeitpunkt der damaligen Veröffentlichung. Vision und Realität traf aufeinander, rückblickend ein zurecht sehr hartes Aufeinandertreffen. Viel zuvor Angekündigtes fand man im Videospiel gar nicht, etliche Aspekte nur abgeschwächt und am Ende irrelevant. Das grundlegende Vorhaben wurde jedoch erfüllt, Fable war und ist auch heute noch ein grundlegend anderes Rollenspiel.
Normalerweise würde nun eine Auflistung der Spielmechaniken folgen. Versuche zu erklären wie Fable Anniversary funktioniert und wodurch sich die einzelnen Elemente von anderen Vertretern des Genres unterscheiden. Meiner Meinung nach ist eine solche Herangehensweise langweilig, denn viel spannender ist es zu erklären was das Videospiel tatsächlich hervorhebt. Der zeitliche Abstand zur Erstveröffentlichung vor 14 Jahren hilft, da der fahle Beigeschmack der irreführenden und mit Falschaussagen behaftet PR-Kampagne nicht mehr in den Köpfen der Videospieler prominent vorhanden ist.
Die Definition ist gar nicht so kompliziert wie man vielleicht vermuten würde, Fable Anniversary ist ein Abenteuer. Unterteilt in drei Akte in Form der Kindheit, der Zeit als junger Erwachsener sowie als Erwachsener erlebt der Videospieler mit dem Helden ein Abenteuer. Tatsächlich so einfach, wobei der Fokus hauptsächlich auf dem gemeinsamen Erlebnis liegt. Das Schöne dabei ist, dass Fable Anniversary eigentlich nur ein Grundgerüst einer gut inszenierten Videospiel-Welt samt Geschichte vorgibt. Und hier gibt es zwei Aspekte, die mir besonders in Erinnerung geblieben sind.
Die Hauptgeschichte, unterteilt in verschiedene Aufgaben, zieht sich konsequent durch den Titel. Der Videospieler hat zu jedem Zeitpunkt ein klares Ziel, nach dessen erreichen das nächste Ziel folgt. Es gibt keine komplexen Aufgaben, es gibt nichts was der Bezeichnung Rätsel wirklich würdig ist und man fühlt sich als Videospieler nie verloren. Auch verzichtet Fable Anniversary auf die Nutzung der heute oftmals üblichen Brotkrümel-Methode, welche dem Videospieler das Denken zu großen Teilen abnimmt. Es wird eine Aufgabe formuliert und der Videospieler schafft es aufgrund des gesammelten Wissens der Videospiel-Welt diese abzuschließen. Kein leuchtender Pfeil der die Richtung anzeigt, keine Hinweise wie genau man einen speziellen Gegner besiegt und auch keine künstlichen Barrieren. Genau hier kommt auch der am stärksten in Erinnerung gebliebene Aspekt zum Tragen, denn die Art und Weise wie Aufgaben gelöst werden, liegt beim Videospieler. Ein Beispiel ist es einen Schlüssel für ein Tor zu erhalten. Ein Händler ist in Besitz von diesem Schlüssel und verlangt die zu diesem Zeitpunkt hohe Summe von 1.000 Goldstücken. Alternativ gibt es jedoch die Möglichkeit, den Schlüssel im Rahmen eines Minispiels in einer naheliegenden Taverne zu erspielen, in dem man mehr Punkte erreicht als zuvor erwähnter Händler. Ich war schlichtweg zu ungeschickt um das Minispiel zu gewinnen, zu unmotiviert um durch Nebenaufgaben die erforderliche Menge an Goldstücken zu sammeln und ehrlicherweise zu gierig so viele Goldstücke auszugeben. Meine Lösung war einfach das Töten des Händlers zu späterer Stunde, wodurch es zwar negative Punkte für das Karma des Helden gab, aber aufgrund der Dunkelheit niemand etwas davon mitbekommen hat. Ich nenne es die Scheiß-Drauf-Möglichkeit, die zwar nicht immer hübsch oder moralisch richtig ist, dafür aber inhaltlich logisch ist und auch funktioniert. Das Faszinierende ist, dass es sehr viele dieser nicht im Videospiel erwähnten Scheiß-Drauf-Möglichkeiten gibt und die Videospiel-Welt samt Charakteren passend darauf reagiert. Jede dieser Entscheidungen kann nicht zurückgenommen werden und hat auch theoretisch Auswirkung auf den späteren Verlauf. Für mich waren die Auswirkungen gefühlt nur minimalistisch bis irrelevant und am Ende muss jeder Abenteurer sein Abenteuer selbst bestreiten, aber es auf meine eigene Art zu tun fühlt sich überraschend gut an.
Ebenso positiv in Erinnerung ist die in Relation zu heutigen Titel kleine Videospiel-Welt mit einer überschaubaren Anzahl an Nebenaufgaben. In den letzten Jahren sind Videospieler einen ausufernden digitalen Spielplatz gewöhnt und wurde dazu konditioniert, dass die digitale Karte dauerhaft mit unzähligen Aufgaben in Form von bunten Markierungen überflutet ist. Fable Anniversary hat nichts davon und fühlt sich auch äußerst kompakt an. Konkretisiert kompakt und dicht, denn man erkennt die Liebe zum Detail die in jedes der kleinen Gebiete gesteckt wurde und selbiges gilt für die Nebenaufgaben. Anstelle von generischen Tätigkeiten, fühlt sich jede der Aufgaben wie ein kleines Abenteuer an. Meistens nicht wirklich wichtig aus globaler Sicht, aber relevant, wenn man versucht sich in das Bewusstsein des Bewohners der Videospiel-Welt reinzuversetzen. Qualität vor Quantität ist die passende Beschreibung hierfür. Ergänzt wird dies durch kleine Aufgaben wie das Fischen um Schätze, das Ausgraben von Wertgegenständen und das Entschlüsseln der Rahmenbedingungen um die über die Welt verteilten Dämonentüren zu öffnen, welche weitere Schätze bewachen. Dinge die für die Hauptgeschichte von Fable Anniversary noch unwichtiger als die Nebenaufgaben sind, aber für Eines sorgen: Eine atemberaubende und abwechslungsreiche Videospiel-Welt mit interessanten als auch überzeugenden Charakteren, die dynamisch auf den Helden reagieren.
Fable Anniversary spielt sich im Jahr 2018 erfrischend anders als andere Vertreter des Genres. Der Titel überrascht auch 14 Jahre nach der Erstveröffentlichung mit Ideen und Möglichkeiten, die man heute von einem Videospiel aus der Generation der Original Xbox nicht erwarten würde. Es ist eine Zeitreise zu den Wurzeln moderner britischer Videospiele, eine Zeitreise die sich aber nicht als eine solche anfühlt. Vor 14 Jahren habe ich Fable gespielt und als okayish befunden, 2018 habe ich Fable Anniversary gespielt und erst dann verstanden was für ein großartiges Fundament und welch erfrischende Alternative damals eigentlich geschaffen wurde.
Gespielt wurde die Xbox 360 Version von Fable Anniversary auf einer Xbox One S. Das Videospiel ist seit 2014 für die Xbox 360 sowie für den PC erhältlich, seit Ende 2017 kann der Titel auch im Rahmen der Xbox Abwärtskompatibilität auf Xbox One Videospielkonsolen gespielt werden. Bezugsmöglichkeiten sind Amazon (Xbox 360 Download Code)*, der Microsoft Store (Xbox Direktkauf)* und Steam (PC Direktkauf). Preislich liegt Fable Anniversary je nach Plattform bei 30 bis 40 Euro. Als Alternative zum Kauf ist der Titel auch im Xbox Game Pass* enthalten, einem Abo-Dienst bei dem man für monatlich 10 Euro Zugriff auf neue exklusive Videospiele für die Xbox One und über 100 weitere Titel erhält.