Es dauert manchmal etwas, bis ich Dinge vollumfänglich verstehe und auch richtig einordnen kann. In den besten Fällen ist der Zeitraum bis zur Erkenntnis eher gering, in diesem Fall hat es fast auf den Tag genau ein Jahr gedauert. Aber ich werde bereits im zweiten Satz zu komplex in meinem noch etwas wirren Gedankenkonstrukt, der richtige Zeitpunkt an den Beginn der Thematik zu wechseln, zu dem Zeitpunkt als ich das erste Mal Gefallen an einem Videospiel des Subgenres der Exploration Narrative Games gefunden hatte. Konkret war es Firewatch, welches Anfang 2017 unerwarteterweise zu einer Emotionsexplosion bei mir geführt hat. Seither habe ich mich immer öfter in spielmechanisch nur bedingt komplexen Videospielen des Subgenres verloren und unzählige klassische AAA-Produktionen unbeachtet liegen lassen. Weshalb? Unbewusst durch die Art und Weise der Integration von Feedback Loops als Work Loops und vom Spiel in Videospielen.
Um die Ausgangssituation besser zu verstehen, möchte ich mich vorerst auf die Exploration Narrative Games fokussieren. Reduziert man diese auf die spielmechanischen Elemente, erlebt der Videospieler eine Geschichte indem er sich durch die Videospielwelt bewegt und mit dieser interagiert. Im einfachsten und auch häufigsten Fall durch das Drücken einer Taste zur Interaktion mit einem Element um die Geschichte voranzutreiben. Komplexere Spielmechaniken wie kleine Rätsel oder rudimentäre Geschicklichkeitspassagen sind mittlerweile ebenso im Subgenre etabliert, sind aber in Relation nur ein geringer Anteil an der Gesamterfahrung. Primäres Ziel ist, dass der Videospieler durch das von der Geschichte hervorgerufene Interesse die Videospielwelt erkundet und dieses Erkunden als stetiger Auslöser für das Fortschreiten der Geschichte genutzt wird. Ein Scheitern ist nicht wirklich vorgesehen, es ist vielmehr die interaktive Art eine Geschichte zu erzählen und durch die minimale Spielmechanik die Immersion etwas zu stärken. Der Umfang der gesamten Videospielerfahrung kann mit zwei bis vier Stunden beziffert werden und die persönliche Erfahrung ist für jeden Videospieler praktisch ident.
Der zweite erwähnte Aspekt ist der Feedback Loop als Work Loop. Ein Feedback Loop ist in der heutigen Zeit ein elementarer Bestandteil von fast allen Videospielen. Die Spielmechanik besteht nüchtern betrachtet aus der stetigen Wiederholung von unterschiedlich vielen Feedback Loops. Für die weitere Betrachtung ist die Menge an Varianten zu vernachlässigen. Eine solche Schleife ist einfach definiert ein Vorgang den der Videospieler durchführt, um am Ende belohnt zu werden. Diese Schleifen können Aufgaben in der Videospielwelt sein, welche als Belohnung Erfahrungspunkte bringen. Es kann aber im einfachsten Fall auch das Eliminieren eines Gegners sein und der Feedback Loop beendet sich mit der audiovisuellen Darstellung, welche eine unbewusste Befriedigung beim Videospieler auslösen kann. Je mehr und auch besser solche Schleifen ineinandergreifen, desto intensiver und befriedigender wird die Spielmechanik als gesamtes wahrgenommen. Perfektionierte Feedback Loops können ein Suchtverhalten erzeugen und finden sich in allen Ebenen eines Videospiels und sind die Basis der Interaktivität. Mit dem Umfang eines Titels steigen fast nie die Varianten der Schleife, sondern die Anzahl der Wiederholungen der einzelnen Elemente. In den letzten Jahren wurde zwar die Loops an sich perfektioniert, jedoch zu wenig Fokus auf die Anzahl der Wiederholungen gelegt. Das Resultat ist, dass trotz perfekter Spielmechanik ein Titel ab einem gewissen Zeitpunkt sich nicht mehr neu anfühlt, sondern das Weiterspielen als sich stetig wiederholende Arbeit wahrgenommen wird. Dieser Zeitpunkt variiert individuell und stellt den Übergang vom Feedback Loop zum Work Loop dar. Just bis dahin fühlt sich die Spielmechanik gut an, ab dann nur noch wiederholend und ist am ehesten mit Fließbandarbeit in Fabriken zu vergleichen.
Wie bereits kurz angedeutet, finden sich Feedback Loops in fast allen Videospielen in unterschiedlich starker Ausprägung. In einem Subgenre sind diese Schleifen auf ein Minimum reduziert bis zu gar nicht vorhanden und dieses Subgenre sind Exploration Narrative Games. Der Grund dafür ist, dass die sehr einfachen spielmechanischen Elemente zu reduziert sind, um als tatsächlicher Feedback Loop vom Videospieler wahrgenommen zu werden. Diese Reduzierung führt zu einer verstärkten Wahrnehmung des Geschichtsstrangs als auch der Videospielwelt, den beiden wichtigsten Elementen dieser Titel. Zusätzlich passiert unbewusst noch etwas anderes, denn aufgrund der fehlenden repetitiven Spielmechanik und der kürzeren Gesamtdauer, ist es für den Videospieler nicht absehbar was als nächstes passiert. Das Resultat ist Neugier und Überraschung, echtes Interesse und auch Motivation. Eigenschaften die Emotionen beim Videospieler wecken, Emotionen die in Erinnerung bleiben. Ein zum Work Loop gewordene Feedback Loop erzeugt das Gegenteil, denn hier ist die Zukunft vorhersehbar und aufgrund der stetigen Wiederholung auch irgendwann nicht mehr befriedigend oder erinnerungswürdig. Vereinfacht gesagt fühlt sich ein solches Videospiel irgendwann wie das Arbeiten am Fließband an und nicht mehr wie ein Spiel. Exploration Narrative Games durchbrechen für mich die negativen Assoziationen mit Work Loops und sind für mich dadurch viel mehr Spiel als die meisten Videospiele die als bombastische AAA-Produktion gelten.