Im Jahr 2007 ist das erste Videospiel der Marke Assassin’s Creed veröffentlicht worden und es hat zwei Jahre bis zum Erscheinen des Nachfolgers gedauert. Seither veröffentlichte Ubisoft im jährlichen Abstand ein Hauptvideospiel der Serie auf den jeweils aktuellen Videospielkonsolen. Zwischen den beiden ersten Teilen war der spielmechanische Fortschritt signifikant, in den darauffolgenden Jahren war dieser vermutlich aufgrund des kürzeren Entwicklungszyklus eher iterativ. Die abgedeckte Zeitepoche und damit die Videospielwelt änderte sich jährlich, spielmechanisch war es jedoch im Prinzip immer der zweite Teil aus dem Jahr 2009. Diese Strategie von Ubisoft hat lange erfolgreich funktioniert, 2015 war aber das zweite Jahr in Folge in dem die Videospieler klar und deutlich den eigenen Unmut über den jeweiligen Titel und auch die Videospielserie geäußert haben. Die Folge war die Verlängerung des Entwicklungszyklus und das Versprechen von Ubisoft die spielerische Ausrichtung aufzufrischen. Das Resultat wurde Ende 2017 veröffentlicht und ist Assassin’s Creed Origins.
Zeitlich spielt der Titel zur Zeit der Ptolemäer etwa 300 Jahr vor Christus in Ägypten. Es ist die bereits aus den Vorgängern bekannte gemischte digitale Abbildung von Fiktion auf historischer Basis, welche aus der Perspektive des Videospielers durchaus funktioniert. Der primäre über diese Videospielwelt gezogene Geschichtsstrang und auch eine offensichtliche Motivation für den Videospieler ist die zugrundeliegende Rachegeschichte, welche im vereinfachten Aufbau vergleichbaren Geschichten aus den früheren Teilen der Serie oder ähnlichen Geschichten anderer Videospiele entspricht. Mit etwas Abstand ist aber der primäre Zweck des Geschichtsstrangs nicht das Erzählen der Rachegeschichte, sondern vielmehr die Basis für eine Reise durch die Videospielwelt. Entgegen der allgemeinen Meinung sind nämlich weder Geschichte, Hauptcharakter noch Spielmechaniken die wichtigsten Elemente eines Assassin’s Creed-Videospiels, sondern die Zeitepoche und vielmehr deren virtuelles Abbild in Form der Videospielwelt.
Im Falle von Assassin’s Creed Origins ist dies eine räumlich komprimierte Abbildung von Ägypten. Inhaltlich spannt sich der Bogen über Dörfer, Plantagen nahe Gewässern, Städte mit einer gewissen Vertikalität, ausgedehnten Dünen in der Sandwüste, zerklüftete Formationen in Felswüsten, den Pyramiden sowie der Sphinx, Inselgruppierungen in offenen Gewässern, kleine Gebirgsabschnitte in wüstennahen Gebieten und auch eine ausgeprägte Gebirgskette samt dazugehöriger Landschaft. Kein früherer Teil der Serie konnte mit einer so abwechslungsreichen und umfangreichen Videospielwelt aufwarten wie Assassin’s Creed Origins. Die räumliche Ausdehnung des Abbilds ist gigantisch und umso beindruckender ist die Schönheit der Videospielwelt. Es fällt schwer bei einem speziellen Bereich zu beginnen, denn es ist egal ob man über das Wasser inklusive Wellen, Sand als auch dessen Dynamik im Wind, die Detailverliebtheit bei der Gestaltung der Städte oder die Beleuchtungsverläufe aufgrund des kontinuierlichen Verlaufs von Sonne und Mond spricht, es ist einfach alles atemberaubend schön. Mehr als nur einmal habe ich minutenlang auf der Stelle verharrt um dem Spiel von Sonne und Mond am Horizont zuzusehen und war fasziniert wie sich ein roter Schleier langsam über das digitale Ägypten legt.
Dem Team hinter dem Titel war und ist die Schönheit der Welt von Assassin’s Creed Origins bewusst und diese ist auch kein Nebenprodukt. Der primäre Geschichtsstrang begleitet den Videospieler durch etwa zwei Drittel der Videospielwelt in Form einer Rundreise. Die Aufgaben die dabei absolviert werden müssen, bringen den Videospieler an Positionen in der Videospielwelt, die auf perfekte Art und Weise atemberaubende Perspektiven bieten. Kombiniert mit dem Aspekt, dass mit dem Start als auch dem Verlauf einer Aufgabe gleichzeitig die Uhrzeit mit der Position der Videospielfigur synchronisiert wird, ermöglicht Assassin’s Creed Origins eine unbewusste optische und emotionale Befriedigung ohne dass der Videospieler eine spielerische Leistung erbringen muss. Der Sonnenaufgang den man beim Ritt mit dem Pferd durch die Sanddünen erlebt hat? Ein atemberaubender Moment den jedoch jeder Videospieler erlebt. Der zeitlich perfekte Sonnenuntergang als man die Spitze einer Pyramide erreicht? Ein zeitlich perfekt synchronisierter Zeitverlauf zur Position der Spielfigur.
Und bitte nicht falsch verstehen, diese Beispiele oder die Erklärung der Mechanik dahinter ist nicht als Kritik zu sehen, sondern vielmehr als Lobeshymne hinsichtlich der Gesamtgestaltung der Videospielwelt. Interessant ist es, wenn man bedenkt, dass man ein Drittel der Videospielwelt gar nicht im normalen Verlauf der Geschichte zu Gesicht bekommt, sondern diese auf eigene Initiative erkunden muss. Noch spannender, wenn man berücksichtigt, dass die Videospielwelt riesig ist und das Adjektiv hierbei ist keine Untertreibung. Die schiere Menge an Personen die daran gearbeitet hat liegt vermutlich in den Hunderten und meiner Einschätzung nach ist es unmöglich, dass jemand alles und jeden Winkel in Assassin’s Creed Origins sieht. Umso mehr bin ich eigentlich enttäuscht, dass die Geschichte auf ein Drittel der Videospielwelt verzichtet, da dies in den meisten Fällen bedeutet, dass ein großer Teil der Videospieler das Gesamtwerk nicht einmal annähernd zu Gesicht bekommt. Zum einen da nicht jeder den Geschichtsstrang bis zum Ende erlebt und von denen die dies machen, endet oftmals die Videospielerfahrung mit dem Abspann. Eigentlich traurig, da dadurch die jahrelange Arbeit von hunderten kreativen Menschen nur ein Bruchteil von Videospielern zu Gesicht bekommt.
Mit Assassin’s Creed Origins hat Ubisoft durch den längeren Entwicklungszyklus wieder einen signifikanten Fortschritt im Vergleich zum letzten Titel der Serie geschafft. Reduziert auf das digitale Abbild von Ägypten und die Videospielwelt setzt Assassin’s Creed Origins das Niveau hoch, realistisch betrachtet sehr hoch. Es ist schon ein paar Jahre her, dass eine Videospielwelt eine solche Faszination auf mich ausgeübt und auch einen dermaßen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Ich ziehe meinen Hut vor den hunderten Menschen in den unzähligen Ubisoft-Studios auf der Welt, denn dass was hier geleistet wurde ist schwierig in Worte zu fassen und es ist noch schwieriger zu begreifen, zu was kreative Menschen mit außergewöhnlichen Talenten mit genügend Zeit im Stande sind.
Gespielt wurde die Xbox One Version von Assassin’s Creed Origins. Das Videospiel ist seit November 2017 für die PlayStation 4, Xbox One sowie den PC erhältlich. Amazon* verkauft den Titel in Form von physischen Datenträgern sowie auch Download-Codes. Alternativ kann man auch im PlayStation Store, Microsoft Store* oder Ubi Store den Titel erwerben. Preislich liegt der Verkaufspreis je nach Edition und Variante bei etwa 50 Euro bis 100 Euro.