Wenn ein Videospiel inhaltlich bereits in den Presseaussendungen als von B-Movies inspiriert bezeichnet wird, dann darf man keine Erwartungen an die Erzählkomponente des Titels haben. Lost Sea aus dem Hause Eastasiasoft ist genau ein solches Videospiel, welches zusätzlich mit möglichst cool klingenden Fremdwortkombinationen beworben wird. Beispiel gefällig? Prozedural generierte Archipel mit Millionen von einzigartigen Inselkombinationen. Es ist natürlich unfair ein Videospiel anhand der Pressemeldungen zu beurteilen, denn egal ob es sich wie bei Lost Sea um einen Indie-Titel eines kleinen Entwicklers handelt oder um die zehnte Neuaufwärmung von Call of Battlefield, in quasi jeder Presseaussendung finden sich Inhalte die außerhalb der üblichen Hype-Phase eines modernen Videospiels als surreal eingestuft werden können.
Aber zurück zu Lost Sea und der zuvor bereits kurz angeschnittenen Geschichte, beziehungsweise der relativ offenen Ausgangsbasis um das Ziel des Videospiels zu definieren. Ein Flugzeug stürzt über dem Bermuda-Dreieck ab, der Spieler befindet sich unerwartet sowie unvorbereitet in der gefährlichen Inselwelt und versucht aus dem Gebiet zu entkommen. Die Spielfigur steuert man ähnlich einem Strategiespiel aus einer leicht schrägen Von-Oben-Perspektive durch die zufällig angeordneten vordefinierten Levelelemente auf der Suche nach Kartentafeln. Dabei eliminiert man unterschiedliche Gegner mittels Machete um Erfahrungspunkte zu sammeln, zerstört Kisten um dort Goldmünzen zu finden und begegnet unterwegs weiteren Menschen um diese zwecks Unterstützung anzuheuern. Die Verstärkung im Schlepptau gräbt auf Befehl Schätze aus, knackt Truhen, baut Brücken über Schluchten, wiederbelebt die eigene Spielfigur im Falle des eigenen Todes und trägt einem brav die gefundenen Kartentafeln hinter her. Hat man eine oder mehrere Kartentafeln auf einer Insel gefunden und zum Startbereich zurückgebracht, springt man weiter zur nächsten Insel und der Spielablauf wiederholt sich. Am Ende jeder Inselkette wartet ein Endgegner und sobald dieser bezwungen ist, startet man am Beginn einer thematisch neuen Inselkette.
Zu Beginn dauert es etwas, aber durchblickt man einmal die Spielsystematik von Lost Sea ist der weitere Spielablauf fast mechanisch. Unterbrochen wird dieser wenn man die Spielfigur aufgrund der gesammelten Erfahrungspunkten mit neuen Fähigkeiten ausstattet oder neue Funktionen am Schiff mittels Goldmünzen erwirbt. Die Spielmechanik ist verinnerlicht, die Angriffsmuster sowie Schwächen der unterschiedlichen Feinde trainiert und unbewusst driftet man gedanklich während des Spielens ab. Genau hier wird es gefährlich, denn Lost Sea beinhaltet neben den prozedural genierten Level ein weiteres Element des Subgenres der Rogue-Like-Videospielen, nämlich den permanenten Tod in Kombination mit der fehlenden Möglichkeit den Spielstand zu speichern und oder zu laden.
Diese spielmechanische Komponente macht Lost Sea irgendwie trotz einfachen Spielablauf spannend und reizvoll, da diese in Kombination mit einem klassischen Designprinzip angewendet wird: Einfach zu verstehen und rasch zu erlernen, jedoch schwer zu meistern. Im Gegensatz zu anderen Vertreten des Subgenres ist Lost Sea gefühlt jedoch einfacher, bietet bei weitem keine hochkomplexe Spieltiefe und ist auch nicht spielmoralisch unmenschlich brutal im Falle des digitalen Todes, jedoch durchaus soweit motivierend und fordernd, dass man es sofort erneut versuchen möchte. Um das Videospiel durchzuspielen gilt es vier stetig schwieriger werdende Inselketten zu absolvieren, welche nach dem erfolgreichen Beenden direkt aus dem Spielmenü angewählt werden können und somit jederzeit als Startpunkt zur Verfügung stehen. Einziges Manko, man startet in den schwereren Gebieten ohne zusätzliche Fähigkeiten, ohne jegliche Ausrüstung und hat damit einen massiv schwereren Start als wenn man komplett von vorne begonnen hätte. Durch diese Maßnahme versucht Lost Sea soweit zu motivieren, dass man den Titel in einer Spielsitzung beendet, was auch in zwei bis drei Stunden möglich ist, jedoch gleichzeitig Gift für Freunde von kürzeren Spielsitzungen oder für Leute mit eingeschränkter Videospielzeit am Stück ist.
Lost Sea ist ein grafisch schönes Videospiel und meiner Meinung nach ein Vertreter der Rogue-Likes für eine breitere Masse als rein für Fans des Subgenres. Die grundlegenden Ideen sind realistisch sinnvoll, die gewählten Ansätze funktionieren soweit so gut, dass man auch über Probleme wie die teils nicht funktionierende Verfolgungswegfindung der angeworbenen Begleiter hinwegblicken kann. Einziges Manko ist die komplett fehlende Speicherfunktion, wodurch manche Situation im echten Leben nervig frustrierend werden können. Eine Lösung? Das Hoffen auf ein Update mit einer Speicherfunktion beim manuellen Beenden des Spiels. Und bis dahin? Aufgrund des geringen Preises, der hohen Wiederspielbarkeit sowie der gefühlt richtig steigenden Schwierigkeitskurve, darf man als Freund von Videospielen abseits des Einheitsbreis zugreifen.
Gespielt wurde die Xbox One Version von Lost Sea. Zusätzlich erschien das Indie-Videospiel auch für die PlayStation 4 sowie den PC. Für etwa 15 Euro gibt es digitale Version im Xbox Store, PlayStation Store sowie auf digitalen Vertriebsplattformen für PC-Videospiele wie GOG. Lost Sea wurde vom Indie-Entwickler Eastasiasoft in Hong Kong entwickelt und weitere Informationen als auch bewegte Bilder finden sich auf der Homepage des Titels. Hinweis hinsichtlich Transparenz: Eastasiasoft hat mir vorab einen Xbox One Download Code für Lost Sea zur Verfügung gestellt.