Nie wirkte der Start einer neuen Konsolengeneration so unspannend wie mit dem Start von Nintendos Wii U, Sonys PlayStation 4 und Microsofts Xbox One. In der ersten Hälfte des letzten Jahrzehnts bestimmten Multimediafunktionen, bessere Grafik und Netzwerkanschlüsse die Heimkonsolenlandschaft. Ab 2005 waren der Sprung in das HD Zeitalter und die massive Erweiterung der Onlinefunktionen die dominierenden Faktoren gepaart mit verschiedensten Variationen des Themas Bewegungssteuerung. Die letztes Jahr von Konsolenherstellern absolvierten Zahlenspiele mit technischen Daten zur neusten Generation funktionierten nur bedingt, es fehlen einfach die oberflächlich relevanten Unterscheidungsmerkmale zu den Vorgängern. Anders sieht es beim Vertriebs- und Geschäftsmodell für Spiele aus, welches sich im Laufe der letzten Generationen weiterentwickelt hat und nun zum dominierende Faktor der aktuellen Konsolengeneration wird.
Zu Zeiten der PlayStation und dem Nintendo 64 waren Videospiele ein Einmalkauf im Einzelhandel. Mit dem Start der Xbox, der PlayStation 2 und den zugehörigen Onlinediensten war das Vertriebsmodell über den stationären Handel dasselbe wie zuvor, jedoch das Geschäftsmodell wurde um die Komponente der zusätzlich herunterladbaren Inhalte, kurz DLC, erweitert. Ein Modell, welches beim Start in das HD Zeitalter mit der Xbox 360 und PlayStation 3 konsequent voran getrieben wurde und mit dem rein digitalen Vertrieb kleinerer Spiele erweitert wurde. Die stetig steigende Internetverfügbarkeit und Erweiterung der Onlinefunktionen schaffte im Laufe der ersten HD Konsolengeneration die Basis für ein zusätzliches digitales Vertriebsmodell, bei dem sich gegen Ende der Generation immer mehr zuvor rein im Handel erhältliche Spiele zeitgleich auf den digitalen Marktplätzen wiederfanden. Aus der Sicht des Geschäftsmodell die Transformation vom physischen Einzelkauf über den Hybriden mit digitalen Zusatzinhalten hin zum rein digitalen Verkauf. Weg vom flexibel nutzbaren Datenträger, hin zur personengebundenen und vom Plattformbetreiber gesteuerten digitalen Lizenz.
Mit der Xbox One plante Microsoft den radikalen Schnitt Spiele unabhängig der Kaufart an einen Account zu binden um Probleme des dualen Vertriebsmodells zu umgehen und die Vorteile des Geschäftsmodells bei digitaler Bindung an Accounts möglichst effektiv nutzen zu können. Eine strategische Entscheidung die grundlegend nicht schlecht sein muss, aber aufgrund schlechter Kommunikation und massiver Kritik des Handels sowie der Presse lange vor dem eigentlichen Start der Konsole zurückgezogen wurde. Somit nutzen Wii U, PlayStation 4 und Xbox One weiterhin das duale Vertriebsmodell und bieten die gewünschte Flexibilität beim Kauf. Durch die zeitgleiche Veröffentlichung auf allen Vertriebskanälen kann jeder für sich selbst entscheiden, ob der Weg ins Geschäft oder die Belastung des Accounts die bevorzugte Art des Videospielkaufs darstellt. Der mit der Einführung der Xbox One geplante radikale Schnitt ist zumindest bis zum nächsten Konsolenzyklus aufgeschoben, daran angelehnte Strategien nicht.
Der rein digitale Besitz scheint zwar das Ziel, schafft es aber aufgrund des massiv unattraktiven Preismodells nicht wirklich relevant zu werden. Kurzfristige Abhilfe schaffen die wöchentlich und zu speziellen Anlässen rotierenden Sonderangebote, wodurch immerhin kurzfristig ein finanzieller Anreiz der digitalen gegenüber der physischen Version entsteht. Die langfristige Adaptierung einer sinnvollen Preisstruktur wäre angebracht, scheitert aber vermutlich aufgrund der Anzahl der involvierten Parteien. Eine seit Jahren unlösbare Herausforderung, an der vermutlich der Einzelhandel den größten Teil der Schuld trägt. Würde der digitale Vertrieb von den Plattformbetreibern stärker forciert werden, würde es schwerer werden die Konsolen zum Kunden zu bringen. Der Handel verdient sein Geld über Spiele und Zubehör, die Konsole wird quasi zum Selbstkostenpreis durchgereicht mit dem Hintergedanken der folgenden Spielverkäufe. Versucht ein Hersteller das Kaufgeschäft mit den Spielen spürbar zu sich zu verlagern, sinkt die Motivation des Handels die Konsole an den Kunden zu bringen.
Das Resultat daraus ist die vorübergehende digitale Lizenz oder kurz, dem digitalen Spieleverleih. Analog zur Softwarewelt ist Games as a Service, kurz GaaS, die momentan aussichtsreichste Strategie der Plattformanbieter. Die Infrastruktur hierzu wurde mit den neuen Konsolen und überarbeiteten Onlineangeboten geschaffen und ist auch bereits massiv in Nutzung. Die PlayStation Plus Spielesammlung und Xbox Games with Gold bieten eine monatliche Auswahl an Spielen die kostenlos genutzt werden können. Nutzen ist das richtige Wort, denn im Gegensatz zum normalen digitalen Kauf erwirbt man keine unbegrenzte Nutzungslizenz, sondern kann nur mit aktiven kostenpflichtigen Onlineabonnement darauf zugreifen. Eine Verschlechterung in Bezug auf die Flexibilität sowie Nutzungsmöglichkeiten und dennoch ein massiver Erfolg. Weniger als ein neues Vollpreisspiel kostet die Jahresmitgliedschaft beider Dienste, die neben weiteren Funktionen den Zugriff auf jährlich 24 Spiele pro Plattform bieten. Mit Freunden tauschen, ausborgen oder nach dem Durchspielen weiterverkaufen? Nicht möglich, aber bei rechnerisch 2 Euro pro Spiel kein Kriterium für den Kunden. Die Plattformbetreiber freuen sich über eine konstante Einnahmequelle, eine stärkere Kundenbindung, der Reduzierung des kommerziellen Gebrauchtmarkts und die Kunden über günstige abwechslungsreiche Unterhaltung.
Ein erfolgreiches Konzept, welches nun auch von Publisher adaptiert wird. Allen voran von Electronic Arts mit EA Access. 4 Euro im Monat oder 25 Euro pro Jahr beträgt die Mitgliedsgebühr die neben minimalen zeitlichen und finanziellen Vorteilen auch den Leihzugriff auf einige EA Spiele ermöglicht. Madden NFL 25, FIFA 14, Battlefield 4 und Peggle 2 sind es zum Start der Testphase. Je länger man darüber nachdenkt, umso mehr Sinn macht es aus Sicht von EA, genauer gesagt von EA Sports. Der jährliche Vollpreisverkauf von Sportspielen wird immer schwieriger und oftmals wird aufgrund der zu hohen Kosten im Vergleich zu den fehlenden Innovationen einfach ein Jahr ausgelassen. Mit EA Access wird es wieder leistbar immer die neuste Version zu spielen und man bekommt gleichzeitig noch Zugang zu anderen Spielen. Das Modell hat auch wirtschaftliche Vorteile bei Titel wie Battlefield, denn je günstiger die Basisversion ist, desto wahrscheinlicher wird für zusätzliche Inhalte bezahlt und Battlefield bietet viele zusätzliche kostenpflichtige Inhalte, sehr viele. Der wirtschaftlich gesicherte Erfolg von EA Access wird zu ähnlichen Geschäftsmodell bei anderen Publishern führen und letztendlich auch das GaaS Modell weiter stärken.
Sony experimentiert mit PlayStation Now im Bereich Videospielstreaming und viel spannender mit zeitlichen Abrechnungsmodellen. 5 Euro für 4 Stunden, 8 Euro für eine Woche, 15 Euro für ein Monat und 30 Euro für ein Quartal sind derzeit die Kosten pro geliehenem Vollpreisspiel. Im Gegensatz zu den bisherigen GaaS Modellen hält sich die Akzeptanz aufgrund der unattraktiven Kostenstruktur und der fehlenden Flexibilität zurück. Ein Umstand der zu Adaptierungen führen wird, denn der Kauf von Spielzeit hätte durchaus seinen Reiz und würde meiner Meinung nach auch Abnehmer finden. Schritt Eins wäre die Änderung von der Nutzungszeit auf reale Spielzeit und Schritt Zwei die Loslösung vom Spiel. Man kauft 10 Spielstunden für 5 Euro, kann sich jedes beliebige Spiel vom digitalen Marktplatz runterladen oder streamen und die gekaufte Spielzeit beliebig nutzen. Heute Call of Duty, morgen Forza Motorsport und sobald das zeitliche Guthaben aufgebraucht ist, kauft man einfach Spielzeit nach. Auf den ersten Blick vielleicht unattraktiv für Vielspieler, aber eine meiner Meinung sinnvolle Abrechnungsvariante für Gelegenheitsspieler oder um einfach Spiele anzutesten.
Games as a Service ist ein fixer Bestandteil des Vertriebs- und Geschäftsmodells für Spiele der aktuellen Konsolengeneration. Die Ausprägung steckt derzeit noch in den Kinderschuhen, die künftigen Tendenzen sind aber bereits sichtbar. Die Akzeptanz beim Kunden steht und fällt mit dem Verhältnis von Preis und Leistung. Die PlayStation Plus Spielesammlung, Xbox Games with Gold und EA Access zeigen wie man Kunden mit reiner realistischen Preisgestaltung zur Nutzung neuer Vertriebs- und Geschäftsmodelle bringen kann. Modelle die künftig den physischen Verkauf immer weiter reduzieren und sich langsam und schleichend als Standard etablieren werden. Gut oder Schlecht? Eher unmöglich zu beantworten.