2011 waren Indie Games für die meisten Konsolenspieler ein unbekanntes Paralleluniversum, 2012 half der massive Erfolg von Minecraft die Sichtbarkeit der bis heute unterschätzten Szene zu steigern und 2013 scheint das Jahr der Indies zu werden. Microsoft, Sony und Nintendo buhlen erstmals ernsthaft um die Gunst der Entwickler und versuchen einen Teil der Szene auf die eigenen Plattform und damit in die Wohnzimmer von Millionen Haushalten zu bringen.
Die Nische der unabhängigen Entwickler ist heute für keinen der drei großen Konsolenhersteller Neuland. Microsoft sammelte erste Erfahrungen mit Braid, Limbo, Super Meat Boy oder FEZ als Xbox LIVE Arcade Titel, bei Nintendo tummelte sich unter anderem das österreichische And Yet It Moves im WiiWare Kanal und Sony erweiterte den PlayStation Store erst kürzlich um eine Indie Sektion, in der auch das vielfach ausgezeichnete Journey seinen Platz gefunden hat. Was alle drei Plattformen in der Vergangenheit ebenso gemeinsam hatten, war ihre Unnahbarkeit und Intransparenz. Unter Indie Entwicklern gilt die Xbox Plattform als äußerst unflexibel und Microsoft als ein eher schwieriger Partner, die PlayStation Sparte von Sony als ein gesichtsloser und unerreichbarer Haufen an Bürokraten und Nintendo zerrt die Macher hinter verschlossenen Türe vor Gericht und schafft es jegliche PR Aktivitäten gekonnt zu blockieren. Wahrlich keine der drei Plattformen hat sich im Bezug auf Indie Games in der Generation der Xbox 360, PlayStation 3 oder Wii mit Ruhm bekleckert.
2013 markiert das Jahr der Veränderung, denn zumindest Microsoft und Sony haben ihre bisher gefühlt selektive Ignoranz beendet. Beide gehen noch einen Schritt weiter und es wird mittlerweile auf Teufel komm raus um die Aufmerksamkeit der Indie Entwickler gebuhlt. Sony überlies im Rahmen der PlayStation 4 Enthüllung dem Entwickler von The Witness mehrere Minuten die Bühne um sein Spiel und seine Idee der Weltpresse zu zeigen. Im Rahmen der gamescom 2013 startete Microsoft das ID@Xbox Programm, welches versucht möglichst direkt auf die Bedürfnisse und Wünsche der Indie Games Szene einzugehen. Entwickler-Kits werden kostenlos verteilt, Präsentationsmöglichkeiten auf Spielemessen eingeräumt und Lizenzen für professionelle Engines verschenkt. Auch die Gesichtslosigkeit gehört auf den ersten Blick dem Ende an, denn bei Sony steht Shahid Kamal Ahmad (@shahidkamal) und bei Microsoft der frühere Indie Entwickler Chris Charla (@iocat) für jegliche Aktivitäten rund um die neuen Branchenlieblinge im Rampenlicht. Fast alles hat sich in den letzten beiden Jahren geändert, versuchten damals die Entwickler die Hersteller zu erreichen, ist es jetzt genau anders herum.
Die Motivation dahinter? Den mittlerweile immer mehr Spielern langweilenden Einheitsbrei der sich jährlich wiederholenden AAA-Titel zu kompensieren, die Vielfältigkeit sowie das Angebot der eigenen Plattform zu stärken und ein kleines bisschen die Hoffnung das nächste Minecraft zu finden. Die Herausforderungen dabei? Die Sichtbarkeit in den digitalen Schaufenstern, die auch gleichzeitig die größte Angst der Entwickler ist. Mit der Xbox One und PlayStation 4 startet nun endgültig die Konsolengeneration des digitalen Vertriebs und erstmals werden alle Spiele zeitgleich mit der Veröffentlichung im Handel auch direkt auf der jeweiligen Plattform beziehbar sein. Zur Steigerung der Wertigkeit fällt auch das Schubladendenken, was bei Microsoft das Ende der Xbox Live Arcade und der nur in manchen Regionen verfügbaren Xbox Live Indie Games bedeutet. Die neue Devise lautet Spiele sind Spiele sind Spiele und zukünftig konkurrieren Indie Games in einer Liste neben Halo, Killzone, Assassin’s Creed, Call of Battlefield und unzähligen anderen Titeln. Als Lösung hierzu werden derzeit Empfehlungsroutinen versprochen, die anhand diverser Faktoren wie dem eigenen Spielverlauf, den der Freunde und unserer Bewertungen eine optimale Auswahl an interessanten sowie passenden Spielen präsentieren sollen.
Unabhängig ob Sony oder Microsoft eine tatsächlich funktionierende Empfehlungsroutinen schaffen und oder das nächste Minecraft entdecken, gewinnen werden wir alle. Durch jeden digitalen Verkauf eines Spiels bekommt der Betreiber der Plattform einen fixen Prozentsatz des Verkaufspreises. Die Indie Entwickler erhalten endlich die Unterstützung und Aufmerksamkeit, die sie seit Jahren verdienen. Und natürlich auch die Konsolenspieler, die mit den neuen Konsole endlich eine kleine, aber weit geöffnete Tür in ein bis dahin meist unbekanntes und für viele unsichtbares Paralleluniversum vorfinden werden, welches für Abwechslung, neue Ideen und viele WTF Momente sorgen kann und hoffentlich auch wird. Aber nicht 2013, denn dies ist das Jahr der Indie Entwickler und erst 2014 wird das Jahr der Indie Games.