Sieht man sich die Liste der kürzlich erschienenen Videospiele an, stolpert man über große Namen wie Crysis, Metal Gear Rising, Tomb Raider oder Bioshock Infinite. Spiele, die man als Fan des Mediums spielen sollte und dennoch habe ich keines der angeführten auch nur angespielt. Stattdessen drehten sich hauptsächlich zwei alte Disks im Laufwerk meiner Xbox 360. Konkret handelt es sich um Assassin’s Creed III sowie Forza Horizon und obwohl ich beide Spiele vor etwa einem halben Jahr innerhalb kürzester Zeit zu Ende gespielt habe, sind es die zwei Titel, die ich neuen Veröffentlichungen vorgezogen habe. Warum? Inhalte zum Herunterladen.
Inhalte zum Herunterladen, kurz DLC, haben im Laufe der noch aktuellen Konsolengeneration eine ähnlich umfassende Entwicklung hinter sich wie die Spiele selbst. Aus anfänglich, oft gleichzeitig mit dem Spiel entwickelten Inhalten wie Outfits für die Spielfigur oder besonderen Rüstungen wurde bei Assassin’s Creed III eine unabhängige Einzelspielerkampagne, die etwa ein halbes Jahr nach der Veröffentlichung weitere sechs Stunden Spielzeit bietet. Bei Forza Horizon gab es neben den für das Rennspiele-Genre üblichen zusätzlichen Autos eine kurzweilige Ralley-Erweiterung und ebenfalls sechs Monate nach dem Erscheinen wurde der Einzelspielermodus um mehr als 1.000 Herausforderungen erweitert. Dass Mehrspielertitel wie Call of Duty oder Battlefield kontinuierlichen Nachschub in Form von Karten sowie Spielmodi bieten, ist mittlerweile der gute Ton und nicht die Ausnahme.
Der rein digitale Vertrieb solch zusätzlicher Inhalte bietet im Vergleich zum physischen Handel viele Vorteile. Der Verdienst je bezahlten Euro ist deutlich höher als beim klassische Verkauf und dadurch werden die Spielefirmen zukünftig mehr Ressourcen in dieses lukrative rein digitale Geschäftsmodell stecken. Durch die steigende Onlinepenetrabla erweitert sich der potentielle Blakreis an Kunden für das Blabla bla um blablabla zu bla. Blablabla bla blabla …
Der Gedankengang klingt vertraut? Zu vertraut und zu offensichtlich um absolut korrekt zu sein. Die Strategie hinter DLCs hat sich so wie DLCs selbst verändert und das Konzept direkt durch den Verkauf von digitalen Erweiterungen Unmengen an Geld zu verdienen, ist mittlerweile nicht mehr allgemein gültig. Inhalte zum Herunterladen erfüllen mehr Aufgaben und nein, ich möchte nicht das Fass gefüllt mit käuflichen Cheats oder Munitionspacks öffnen.
Am Beispiel von erfolgreichen generischen Kriegsshootern ist der direkte finanzielle Nutzen durch den Verkauf von Kartenpaketen offensichtlich. Alle zehn bis zwölf Wochen werden zusätzliche Mehrspielerkarten veröffentlicht, welche etwa 15 Euro pro Sammlung kosten und quasi verpflichtend sind, um weiter mitspielen zu können. Neben dem finanziellen Gewinn wird der Spieler durch die längere Spielzeit stärker an den eigenen generischen Kriegsshooter gebunden. Dies ist durchaus von Vorteil, wenn nach etwa genau einem Jahr der Nachfolger in Form des generischen Kriegsshooters +1 veröffentlicht wird, denn wenn die Erfahrungen mit dem Vorgänger noch frisch sind, wird der Serie eher treu geblieben als wenn die Erinnerung bereits mehrere Monate zurück liegt. Zusätzlich wurde der Spieler durch die kontinuierlichen Veröffentlichungen soweit konditioniert, dass er automatisch erwartet alle paar Wochen neue Inhalte vorzufinden und weniger über die zusätzlichen jährlichen Kosten von in Summe etwa 60 Euro nachzudenken.
Bei einem primär erzählerischen Einzelspielerspiel wie Assassin’s Creed III wird es jedoch schwieriger. Im Gegensatz zu Mehrspielern von Call of Duty oder Battlefield ist der typische Einzelspieler nicht zwangsläufig online. Bisher veröffentlichte kein Konsolenhersteller Zahlen welcher Prozentsatz der verkauften Konsolen tatsächlich online ist, aber Branchenschätzungen gehen derzeit von etwas mehr als 50% aus. Spielt man Spiele rein aufgrund der Geschichte, ist das nicht Online sein kein Problem, jedoch ist es ein Problem für die Hersteller. Der potentielle Kundenkreis für DLC wird auf einen Schlag halbiert und trotzdem wurde für Assassin’s Creed III eine sehr aufwändige zusätzliche Einzelspielergeschichte nachgereicht. Die Motivation dahinter war jedoch vermutlich nicht direkt finanziell, sondern der DLC diente zum einen als Schutz vor den gefürchteten Wiederverkäufen und als ideale Plattform für Zielgruppentests.
Durch eine parallel zur Veröffentlichung durchgeführte Ankündigung über geplante Zusatzinhalte und deren Erscheinungszeitraum wird bei den Spielern eine Hemmschwelle bezüglich des Wiederverkaufs aufgebaut. Anstatt das Spiel nach dem ersten Durchgang bereits wieder zu Geld zumachen, werden oft die zusätzlichen Inhalte abgewartet. Durch den längeren Nutzungszeitraum sinkt der Wiederverkaufswert empfindlich und gleichzeitig sind in den ersten Monaten nach der Veröffentlichung deutlich weniger gebrauchte Exemplare in Umlauf. Dadurch werden indirekt die Verkäufe neuer Exemplaren gesteigert und pünktlich zum Ende der DLCs werden die Spiele vom Hersteller als Budgetversion oder in Spezialausgaben inklusive der DLCs im Handel angeboten.
Zusätzlich wurde der als „Die Tyrannei von König Washington“ bezeichnete DLC bei Assassin’s Creed III als Testplattform für neue Konzepte genutzt. Bei erfolgreichen Serien sind jegliche Änderungen mit größter Vorsicht zu genießen, da diese von vielen Spielern nicht gewollt oder akzeptiert werden. Anstatt diese versuchsweise in das nächste Spiel einzubauen, wurde hierzu einfach der Washington DLC teilweise zweckentfremdet. Geschichtlich wurde der historisch angelehnte Pfad verlassen und ein alternativer Ausgang des amerikanischen Unabhängigkeitskriegs herbei fantasiert. Die Einzelspielererweiterung kostet etwa 25 Euro und experimentiert neben der episodischen Erzählform (drei Pakete in drei Monaten) auch mit bisher für die Serie untypischen Spielelementen. Anstelle historischer Korrektheit kann man sich als Spieler auf Knopfdruck unsichtbar machen, ein geistähnliches Wolfsrudel zur Unterstützung rufen, wie ein Adler von Dach zu Dach fliegen oder einen an eine Bärenattacke angelehnten Flächenangriff durchführen. Sachen, die in dieser Form zu massiver Kritik im Hauptspiel führen würden, werden so als DLC am Spieler getestet und positiv angenommenen Ideen können bei zukünftigen Titeln fast gefahrlos übernommen werden.
Forza Horizon führte etwa drei Monate nach der Veröffentlichung einen ähnlichen Akzeptanztest mit der Ralley-Erweiterung durch, die vielleicht zu einem Forza Ralley Ableger führen könnte. Mit der kürzlich erschienenen kostenlosen Forza Horizon 1000 Club Erweiterung wurde jedoch ein weiterer Aspekt ins Spiel gebracht und für jedes verfügbare Auto wurden bis zu sechs Herausforderungen verschiedenster Art eingebaut, welche bei erfolgreichen Abschluss mit Achievements belohnt werden. Auf den ersten Blick ein feiner Zug, jedoch sollen diese Herausforderungen hintergründig den Verkauf der bereits vorhandenen kostpflichtigen Autopakete ankurbeln, denn ohne den Besitz aller Autos, können keine Achievements freigeschaltet werden. Um die Herausforderungen bestreiten zu können ist zusätzlich auch noch der virtuelle Autokauf im Spiel mit Credits erforderlich. Da dies auf Dauer jedoch relativ zeitintesiv ist, bietet Forza Horizon die Möglichkeit gegen echtes Geld virtuelle Gutscheine zu erwerben, die dann wiederum für den digitalen Fahrzeugkauf genutzt werden können. Das Konzept kommt bekannt vor? Alternativ kann man wohl auch sagen, dass das Free2Play-Konzept langsam auch auf den Konsolen anzukommen scheint.
DCLs haben sich geändert, DLCs sind anders als vor fünf Jahren. Anstelle weniger Euros für ein paar Rüstungen werden mittlerweile 60 Euro für ein dutzend Mehrspielerkarten, 25 Euro für eine zusätzliche Einzelspielerkampagne oder 50 Euro für digitale Autos fällig. Inhalte zum Herunterladen dienen zur Bindung des Spielers, Inhalte zum Herunterladen schwächen den Gebrauchtmarkt, Inhalte zum Herunterladen sind der perfekte Spielplatz für Akzeptanztests und das Beste daran, fast niemand merkt es.