In den letzten Tagen habe ich darüber nachgedacht wie lange mich Videospiele bereits begleiten und ich kann die Zeitdauer nicht wirklich konkretisieren. An was ich mich aber gut erinnere, war der Tag, an dem mein Bruder und ich von unseren Eltern ein Nintendo Entertainment System bekommen haben. Ich vermute, dass wir monatelang darum gebettelt haben und irgendwann meine Eltern es schlichtweg nicht mehr hören konnten oder eher wollten. Es war das Nintendo Entertainment System Super Set bestehenden aus der Videospielkonsole, vier Controllern, dem Adapter damit vier Personen spielen können und einem Multimodul mit den Videospielen Super Mario Bros., Tetris und Nintendo World Cup. Ich war das glücklichste Kind überhaupt, bis ich realisierte, dass der Kauf von weiteren Videospielen eine Herausforderung gegenüber meinen Eltern war und wenige Monate später bei einem Freund das erste Mal in meinem Leben auf einem Super Nintendo Entertainment System das grandiose Super Mario World gespielt, ach erlebt habe. Es folgten eine langwierige sowie schwierige Phase, eine große Menge an Überzeugungsarbeit, viel Lernen für die Schule, um gute Noten zu erhalten und irgendwann sind, zumindest vermute ich es, am Ende meine Großeltern eingeknickt und ich war erneut das glücklichste Kind überhaupt.
Vor ein paar Wochen habe ich für mich das letzte Jahr Revue passieren lassen und darüber nachgedacht, welche Videospiele mir so wirklich Spaß gemacht und Freude bereitet haben. In dieser Liste sind eher speziellere Titel wie Into The Breach, Hellblade: Senua‘s Sacrifice oder Thronebreaker: The Witcher Tales zu finden. Den größten Teil nahmen aber Videospiele wie zum Beispiel Yoku’s Island Express, Sonic Mania, Super Lucky’s Tale, Spyro Reignited Trilogy, Crash Bandicoot N.Sane Trilogy, Rayman Legends, Shovel Knight, Voodoo Vince und Ori And The Blind Forest ein. Titel, die dem Genre der Plattformer angehören. Ein Genre welches in den letzten Jahren eine Renaissance auf aktuellen Videospielkonsolen erlebt. Während der letzten zehn Jahre bin ich allzu gerne von Hype zu Hype gesprungen, von hübscher zu immer hübscherer Grafik gewechselt und der Nummer im Titel zur nächst höheren Nummer im Folgejahr gefolgt und habe dabei viele Titel des Genres der Plattformer ignoriert und damit versäumt. Etwas was ich ändern möchte. Titel, die nachholen möchte. Seit Monaten überlege ich, ob ich mir eine Nintendo Switch als zweite Videospielkonsole zulegen soll, aber nicht wegen der technischen Möglichkeiten oder Titeln wie The Legend of Zelda: Breath of the Wild oder Super Mario Odyssey, sondern um die Neuauflagen von auf der Wii U erschienenen Plattformern zu spielen. Donkey Kong Country: Tropical Freeze, Kirby Star Allies und New Super Mario Bros. U Deluxe reizen mich nicht nur etwas, sondern etwas sehr viel.
Aber woher kommt diese erneut entdeckte Liebe zum Genre der Plattformer, einem Genre welches in meiner Kindheit gefühlt das häufigste Genre für Videospiele auf dem Nintendo Entertainment System sowie dem Super Nintendo Entertainment System war. Für mich sind es mehrere Komponenten, die hier zutreffen und teilweise auch zusammenspielen. Wichtig ist sicherlich der Faktor Nostalgie und die Erinnerung an früher. Emotionen werden in der Kindheit geprägt und Freude zählt für mich dazu. Dinge die einem als Kind gefallen haben, gefallen irgendwie auch als Erwachsener. Meine ersten Videospielkonsolen waren, auch wenn es kitschig klingt, Geräte, die mich stark geprägt haben und mein Interesse an Digitaltechnik geweckt haben. Ich verbinde das Genre der Plattformer trotz fehlenden spielerischen Könnens von meiner Seite mit ausschließlich guten Erinnerungen und positiven Emotionen und unbewusst rufen aktuelle Titel des Genres ähnliche Emotionen hervor. Ein weiterer für mich wichtiger Punkt ist die Überschaubarkeit bezüglich der in einem Titel erforderlichen Videospielmechaniken und die dadurch oft vorhandene geringe Komplexität. Damit meine ich nicht, dass die Titel damals einfach waren und auch heutige Titel sind es nicht, aber die persönliche Hürde sich mit den Videospielmechaniken vertraut zu machen, diese zu erlernen und auch zu verstehen ist bei Plattformern um ein Vielfaches geringer als bei den meisten aktuellen Videospielen. Schnell eine halbe Stunde die Videospielkonsole starten, sich von der echten Welt abzukapseln und einen befriedigenden Fortschritt im Titel zu erreichen klappt bei jedem Plattformern jedes Mal, bei aktuellen Videospielen mit offener Videospielwelt oder geteilten Videospielerfahrungen sind Sitzungen mit einer Dauer von ein bis zwei Stunden das Minimum und ein richtiges vorankommen oder reinkommen dauert im Regelfall noch viel länger. Plattformer sind ideal für die kurze Sitzung zwischendurch, schaffen es aber auch mich bei Bedarf über Stunden hinweg ausgezeichnet zu unterhalten, zu fordern und nachhaltig zu begeistern.
Stellt sich nur die Frage, wie ich mein Verlangen nach dem Genre in der Gegenwart stillen kann. Plattformer erleben wie bereits erwähnt seit etwa zwei Jahren eine Renaissance und durch die Möglichkeiten Videospiele mit überschaubaren Aufwand auch rein digital auf der aktuellen Generation von Videospielkonsolen zu veröffentlichen, werden auch in den nächsten Monaten viele bisher nur am PC erschienene Titel den Sprung auf den Fernseher im Wohnzimmer schaffen. Um aber dennoch meinen Fix an auf dem Super Nintendo Entertainment System veröffentlichten Plattformern zu bekommen, habe ich Ende 2018 das Emulations-Betriebssystem RetroPie auf einem Raspberry Pi in Verbindung mit dem 8Bitdo SFC30-Gamepad in Betrieb genommen. Natürlich nicht die idealste Form, um alte Videospiele erneut zu erleben, aber ein sehr guter Mix aus Komfort und Qualität, ein Mix, der mich nach mittlerweile dutzenden Spielstunden unheimlich glücklich macht und mir eines gezeigt hat. Anders als bei vielen alten Videospielen, sind Plattformer auf dem Super Nintendo Entertainment System gut gealtert und machen auch heute noch unheimlich viel Spaß.
Und so sitze aktuell mehrmals pro Woche auf dem Sofa und spiele auf dem RetroPie das vor mehr als 20 Jahren veröffentlichte grandiose Donkey Kong Country 3: Dixie Kong’s Double Trouble! und das bezaubernde Super Mario World 2: Yoshi’s Island, zwei der für mich besten Plattformer damals und auch heute. Habe ich Lust auf ein aktuelleres Videospiel, starte ich die Xbox One und versuche mich an Titeln wie Celeste oder Hollow Night. Plattformer waren für mich vor 25 Jahren im Prinzip das Medium Videospiele und sind mittlerweile wieder zu meinem liebsten Genre von Videospielen geworden. Im Prinzip waren sie es eigentlich immer, ich habe es nur irgendwann vergessen. Zum Glück kommen im Leben aber die guten Dinge immer wieder zu einem zurück, irgendwann irgendwo irgendwie.