Das inhaltliche Grundkonzept von Detroit: Become Human reizt mich seit den ersten Berichten über das Videospiel. In einer nahen Zukunft sind von Menschen geschaffene Androiden nicht mehr aus dem täglichen Leben wegzudenken und im Laufe der Jahre immer mehr zu einem Massenprodukt geworden. Vom Grundgedanken erschaffen, um die von Menschen ungewollten Tätigkeiten zu übernehmen, zeigen sich immer mehr negative Begleiterscheinungen in zum Beispiel wirtschaftlichen als auch sozialen Belangen für die Menschheit. Hinzu kommt, dass das Videospiel just in dem Moment beginnt, in dem manche Androiden anscheinend aus den programmierten Verhaltensmustern ausbrechen und ein eigenes Bewusstsein entwickeln. Eine finde ich spannende Ausgangssituation für eine Geschichte, dessen Verlauf sowie Ende der Videospieler durch das Treffen von unzähligen Entscheidungen selbst bestimmen kann. Aber unabhängig vom Inhalt und dem Videospiel selbst, stellt sich auch die Frage nach meiner Ausgangsituation. Besitze ich eine PlayStation 4, um das dort exklusiv erschienene Videospiel zu spielen? Nein. Habe ich den Titel gespielt? Nein, aber ich habe über den Zeitraum von einigen Wochen einem guten Freund beim Spielen von Detroit: Become Human zugesehen und dabei mehr darüber nachgedacht als ich eigentlich sollte.
Reduziert man Detroit: Become Human auf ein Genre, dann gehört es in die Kategorie der Abenteuerspiele mit einem Fokus auf die Geschichte samt der Systematik, dass man durch getroffene Entscheidungen den Verlauf des Videospiels ändert. Im einfachsten Fall sind es oberflächliche Änderungen, die gerne genutzt werden um die Auswirkungen der Entscheidungen dem Videospieler als relevant zur präsentieren, obwohl diese für den weiteren Verlauf, sowie den Ausgang der Geschichte keine nennenswerten Auswirkungen haben. Spannender wird es, wenn man zum Beispiel durch sein Handeln an Informationen kommt, welche in späteren Situationen hilfreich sein können und auch nachhaltige Änderungen für den Ausgang des Titels haben. Emotional kritisch wird es, wenn es sich um essentielle Entscheidungen wie das Leben und den Tod von Charakteren handelt und man sich schon Momente vor der zu treffenden Wahl sicher ist, dass diese Wahl gravierende Auswirkungen haben wird. Meine Grundprämisse bei Entscheidungen in Videospielen ist seit jeher, dass ich immer der Gute sein möchte und bei mehreren Enden das positivste Ende von allen Enden haben möchte. Niemand soll sterben, alle sollen glücklich sein und es wäre schön, wenn sich die Hauptcharaktere in den Armen liegen und gemeinsam in Richtung Sonnenuntergang spazieren während sich der Bildschirm verdunkelt und der mit beruhigender Musik unterlegte Abspann beginnt.
Ich bin maximal harmoniebedürftig und auch wenn wie in Detroit: Become Human die Ausgangslage auf mehreren Ebenen kompliziert und festgefahren scheint, bin ich immer der Hoffnung, eigentlich der festen Überzeugung, dass es das ultimative glückliche und für mich damit befriedigende Ende gibt. Es fällt mir schwer zu erklären warum meine Erwartungshaltung so ist. Videospiele helfen aber oft diese zu erfüllen. Dadurch kann es zwar vorkommen, dass ich nicht immer den spannendsten Verlauf eines Titels erlebe, was für mich aber kein Problem darstellt. Auch wenn ich Detroit: Become Human nicht selbst gespielt habe, habe ich während der Zeit des Zusehens anfangs unbewusst und später auch bewusster Kategorisierungen von Charakteren, Gruppen sowie Entscheidungen vorgenommen.
Und hier wird es dann auch irgendwie schwierig, denn obwohl mein Streben nach Harmonie immer stärker als ein etwaiger Makel eines Charakters ist, hatte ich bei Detroit: Become Human durchgehend Probleme mit den Menschen im Titel zu sympathisieren. Als Videospieler steuert man abwechselnd drei Androiden, welche sich an verschiedenen Orten in der Videospielwelt befinden, anfangs keine direkte Verbindung zueinander haben und auch hinsichtlich der Bewusstseinsbildung einen jeweils unterschiedlichen Status haben. Gemein haben alle drei Androiden jedoch das Zusammenleben mit Menschen und Erfahrungen im Umgang der Menschheit mit ihnen als Maschinen. Obwohl ich als Mensch mehr mit Menschen als mit Maschinen sympathisieren müssten, waren fast alle menschlichen Charaktere in Detroit: Become Human am ehesten als emotional verabscheuenswürdig einzustufen. Klingt hart und hat auch gedauert bis ich es so für mich realisiert habe, denn normalerweise werden in Videospielen mit Entscheidungsmöglichkeiten zumindest die zwei Basisvarianten mit Gut und Böse für jeden Charakter und für jede Gruppe angeboten. Dieses binäre Denken ist bei weitem nicht realistisch, aber unterstützt mein Streben nach Harmonie. Detroit: Become Human schafft es leider inhaltlich zu keinem Zeitpunkt, dass ich mit der Menschheit und deren Problemen mit den Androiden mitfühle oder ehrliches Mitleid verspüren. Zu keinem Zeitpunkt, in keinem Moment, denn für mich sind alle Menschen im Videospiel irgendwie selbst schuld und das ist ein Problem.
Mein Fehlen an Empathie gegenüber der Gruppe an Menschen in Detroit: Become Human vereinfacht in eigentlich schwierigen Situationen das Treffen von Entscheidungen und zerstört gleichzeitig einen möglichen emotionalen Druck bei kritischen Entscheidungen. Töten man als Spielfigur, als Androide, eher einen anderen Androiden, weil man so programmiert wurde oder einen Menschen, da das eigene Bewusstsein, welches man in dem Sinne als Videospieler darstellt, sich entwickelt hat? Normalweise müsste ich darüber nachdenken, in Detroit: Become Human fällt mir diese Entscheidung leider leicht.
Um solche Entscheidungen samt den Auswirkungen als wichtigstes Element von Detroit: Become Human beim Videospieler präsent zu halten, wird nach dem Absolvieren eines Abschnitts der getroffene Entscheidungspfad sowie die möglichen anderen Verzweigungen visuell präsentiert. Hinsichtlich Videospielmechaniken ein geschickt gewähltes System, kommuniziert der Baum an Verzweigungen die irgendwann unüberschaubare Anzahl an unterschiedlichen Kombinationen um die Sequenz und im Kontext betrachtet auch das gesamte Videospiel zu spielen. Neben dieser visuellen Darstellung werden die getroffenen Entscheidungen immer auch mit denen anderer Videospieler verglichen und in Form von Prozentwerten dargestellt.
Ich habe Detroit: Become Human nicht selbst gespielt, sondern erlebte das Videospiel als Zuseher. Als Zuseher, der seinen Unmut über getroffene Entscheidungen lautstark verbal artikulieren konnte. Dies passierte zum Glück nicht oft, eigentlich war es nur ein bis zwei Mal der Fall. Falls jemand dachte, dass hier eine Psychoanalyse über das Verhalten des Videospielers, dem ich zugesehen habe, folgt, dann muss ich enttäuschen. Was aber erschreckend war, wie häufig die getroffenen Entscheidungen abweichend in Relation zu den Entscheidungen der Masse waren. Weshalb erschreckend? Ist das Streben nach Harmonie und der Wunsch nach einem guten Ende in Detroit: Become Human tatsächlich die Ausnahme und nicht die Regel? Ist der Großteil der Videospieler auf Egoismus, Chaos und Anarchie aus? Zeigen die anderen Videospieler, die große Masse der Videospieler, Anzeichen von Psychopathen oder sind es wird, die harmoniebedürftigen Videospieler, die für den Rest Tendenzen von Psychopathie zeigen?
Stellt sich zum Schluss des Beitrags noch die Frage nach dem Ende von Detroit: Become Human, unserem Ende von Detroit: Become Human. Ehrlicherweise habe ich keine Ahnung welches Ende der Titel genommen hat. War es das gute Ende? War es das schlechte Ende? Vermutlich war es eines der vielen Enden dazwischen. Viele sind gestorben, die namensgebende Stadt war in einem Zustand, den ich keiner Stadt wünsche und die von Beginn bestehenden Konflikte zwischen Menschheit und Androiden haben sich zum Ende hin weiter zugespitzt. Es war ein irgendwie äußerst unbefriedigendes Ende und der zum Abschluss dargestellte Entscheidungspfad deutete auf ein mögliches besseres Ende hin, eigentlich eine Motivation um Detroit: Become Human erneut zu spielen und es dann richtiger zu machen. Eine Sache, die wohl nicht passieren wird, denn so wie man im Leben Entscheidungen nur einmal treffen kann, sollte es so auch hier sein. Detroit: Become Human erlebt man am besten unter der Devise YOPO, der Kurzform von You Only Play Once. Weshalb? Durch das einmalige Spielen beziehungsweise Erleben lernt man mehr über sich, den Videospieler, dem man zusieht und den restlichen Videospielern weltweit als man eigentlich wollte.
Gespielt (beziehungsweise zugesehen) wurde die PlayStation 4 Version von Detroit: Become Human auf einer PlayStation 4. Entwickelt wurde der Titel vom französischen Studio Quantic Dream und vertrieben durch Sony Interactive Entertainment. Das Videospiel ist seit Mai 2018 exklusiv für die PlayStation 4 erhältlich. Digitale Bezugsmöglichkeit ist der PlayStation Store (PlayStation AT Direktkauf). Physische Versionen gibt es bei Amazon (PlayStation 4 Version mit Datenträger)*. Preislich liegt die digitale Version bei etwa 70 Euro, die physische Version mit Datenträger kommt auf etwa 60 Euro.