Keine Ahnung in welchem Alter ich in Kontakt mit Magic: The Gathering gekommen bin und damit das erste Mal in meinem Leben etwas mit Sammelkartenspielen zu tun hatte. Ich glaube mich zu erinnern, dass es während der Sommermonate zu einer Zeit ohne Internet war und so rasch ich von Magic: The Gathering auch begeistert war, so schnell verfolg diese Begeisterung wieder. Niemand aus meiner Schulklasse spielte Sammelkartenspiele, niemand in meinem Freundeskreis spielte Sammelkartenspiele, niemand in meiner Nachbarschaft am Land spielte Sammelkartenspiele und damit spielte auch ich keine Sammelkartenspiele. Durch Zufall lernte ich im darauffolgenden Jahr durch einen Freund jemanden kennen, der Magic: The Gathering spielte und ich begann mich ein zweites Mal mit dem Spiel zu beschäftigen. Die Motivation war nicht von langer Dauer, denn aufgrund meiner kleinen Auswahl an Spielkarten und den fehlenden finanziellen Ressourcen daran etwas zu ändern, war die Frustration relativ schnell relativ hoch. Auch wenn ich mir von Bekannten immer wieder mal ein Set an Karten ausborgen konnte, ist es etwas anderes als mit dem eigenen Set und den eigenen Karten zu spielen. Ich beendete das Kapitel Magic: The Gathering für mich und es vergingen für mich etliche Jahre ohne Sammelkartenspiele. Das Videospiel Hearthstone von Blizzard Entertainment weckte 2014 erneut mein Interesse für das Thema, in diesem Fall aber mit digitalen anstelle von physischen Karten. Ich verstand das Regelwerk, ich verstand die Systematik, schaffte es aber nie über die erforderliche Hürde zu kommen, um ehrlichen Spaß mit dem Titel zu haben und habe es nach mehreren Versuchen einfach sein lassen. Im Mai 2017 folgte der gleiche Ablauf mit Gwent: The Witcher Card Game von CD Projekt und obwohl ich etwas länger durchgehalten habe als beim vorherigen Videospiel, irgendwie funktionierte es nicht für mich, obwohl ich mir innerlich so sehr wünschte, dass es für mich funktionierte. Ende Oktober 2018 veröffentlichte CD Projekt das Videospiel Thronebreaker: The Witcher Tales. Basierend auf den Regeln von Gwent: The Witcher Card Game ein eigenständiges Videospiel, welches anders als die zuvor genannten beiden Videospiele den Fokus komplett auf die Einzelspielererfahrung legt.
Klingt etwas diffus und daher ist die Frage nach dem was Thronebreaker: The Witcher Tales eigentlich ist durchaus berechtigt. Beworben wird es als neues Rollenspiel von den Erschaffern der Witcher-Videospielserie und das stimmt irgendwie nur so teilweise bis eher nicht. Die primäre Videospielmechanik ist das Kartenspiel, welches auf dem Online-Sammelkartenspiel Gwent: The Witcher Card Game basiert und auch dasselbe Regelwerk nutzt. Gezeichnete und vertonte Standbilder erzählen die darum gesponnene Geschichte, in welcher der Videospieler an bestimmten Stellen auch mehr oder weniger belanglose Entscheidungen zwischen zwei Auswahlmöglichkeiten treffen darf. Zusammengehalten werden diese Elemente von einer gezeichneten Spielwelt, beziehungsweise mehreren Spielkarten, durch welche der Videospieler die Spielfigur mittels Mausklick bewegt. Begegnet man auf einer dieser Spielkarten Feinden oder betritt besondere Orte, wechselt Thronebreaker: The Witcher Tales entweder zum Kartenspiel oder zu einer vertonten Geschichtssequenz oder eine Kombination davon. Während man über die Spielwelt läuft, sammelt man Ressourcen ein, welche man teilweise für kleinere Aufgaben benötigt, dem Erschaffen von neuen Karten für sein Set und auch zur Weiterentwicklung der Fähigkeiten seiner Spielfigur. Hier hat Thronebreaker: The Witcher Tales etwas von einem Rollenspiel, es aber deswegen als ein solches zu Bezeichnung empfinde ich als eher unpassend. Passender für mich wäre die Beschreibung als eine dynamische Sammelkartenspiel-Erfahrung für Einzelspieler mit einer motivierenden sowie interessanten Geschichte aus dem Witcher-Universum kreiert von den Schöpfern der erfolgreichen Witcher-Videospielserie.
Vereinfacht gesagt ist Thronebreaker: The Witcher Tales die Aneinanderreihung von vielen Kartenspiel-Partien, welche grundlegend wie beim Online-Sammelkartenspiel Gwent: The Witcher Card Game ablaufen und durch ein bisschen Bewegung der Spielfigur in der Spielwelt und dem Erzählen der Geschichte unterbrochen werden. Anstelle von menschlichen Gegner übernimmt der Computer die Rolle des Gegners und um die Geschichte zusätzlich durch die zu absolvierenden Partien an Kartenspielen zu erzählen, sind das eigene Set an Karten sowie das gegnerische Set an Karten jeweils an den aktuellen Stand der Geschichte angepasst. Befindet man sich in einem Waldgebiet, in dem sich Räuber verstecken, hat der Gegner primär Karten mit Räubern im Set. Gilt es eine Burg von einer anderen Fraktion zu erobern, gilt es gegen Karten mit deren Soldaten anzutreten. Neben solchen klassischen Partien, die nach dem Standardregelwerk ablaufen, lockern Rätsel mit speziellen Ausgangssituationen sowie angepassten Siegbedingungen den Verlauf auf. Anfangs etwas ungewohnt, aber da hier auch die Standardregeln gelten und die Kreativität der Rätsel durchgehend hoch ist, hilft dies ungemein, um immer wieder neuen Twists im Verlauf von Thronebreaker: The Witcher Tales zu platzieren. Kampf gegen verrückte Kühe? Check! Riesige aus mehreren Karten bestehende Monster? Ja! Geheimwege hinter Karten entdecken, um aus einem Verlies zu flüchten? Yep.
Thronebreaker: The Witcher Tales erfindet nichts komplett neu und abgesehen von den Rätseln ist der größte Teil des Videospiels identisch mit einer Partie in Gwent: The Witcher Card Game. Es ist nur angereichert um die Geschichte und die Spielwelt, auf der sich die Spielfigur bewegt und diese auch erkundet. Obwohl Gwent: The Witcher Card Game für mich 2017 nicht funktionierte, funktioniert das 2018 erschienene Thronebreaker: The Witcher Tales sehr wohl. Auch nach knapp 20 Stunden kann ich nicht genau beschreiben warum es so ist, denn beide Videospiele sind unterschiedlich und dennoch irgendwie gleich. Der Einstieg ist nicht einfach, denn auch wenn die Grundmechaniken des Kartenspiels erklärt werden, versteht man vieles erst nach mehreren Partien und auch obwohl ich schon mehr als die Hälfte von Thronebreaker: The Witcher Tales absolviert habe, lerne ich bei fast jeder Partie etwas Neues über die Funktionsweise und die Kombinationsmöglichkeiten einzelner Karten. Manche Partien und auch Rätseln frustrieren mich und mehr als nur einmal war ich kurz davor die Maus des PCs quer durch den Raum zu werfen, griff am Ende aber immer zum Anti-Stress-Ball oder machte mir manchmal auch eine Tasse Tee zur Beruhigung.
Ich glaube der wichtigste Teil des Titels ist die gut erzählte und auch spannende Geschichte. Diese startet zwar relativ langsam, hilft aber von Beginn an, dass die Neugier über den weiteren Verlauf stärker als die Frustration über die Komplexität, der zu Beginn einfach wirkenden Kartenspiel-Partien ist. Mit jeder Partie in Thronebreaker: The Witcher Tales sinkt diese Frustration, da man mit jeder Partie mehr versteht bis es plötzlich Klick macht und man geistig bereits an der optimalen Kombination und Ausspielreihenfolge der Karten in der nächsten Partie tüftelt. Für mich geht dies sogar soweit, dass ich oftmals Partien verliere, aber dabei immer soviel lerne, dass es beim nächsten Mal besser läuft oder mir mit etwas Überlegen klar wird, welche Strategie zum Gewinnen der Partie erforderlich ist. Gewinnt man dann eine solche Partien, ist die Freude und innere Befriedung eine ungemein angenehme sowie positive Erfahrung als Videospieler.
Eine positive Erfahrung die ich weder in Magic: The Gathering, Hearthstone oder Gwent: The Witcher Card Game bisher erleben konnte. Diese Erfahrung ist wohl der Grund warum Thronebreaker: The Witcher Tales für mich funktioniert und für welche ich dank der Inszenierung und der Geschichte lange genug durchgehalten habe. Ich mag das Thema Sammelkartenspiele und ich mag positive sowie befriedigende Erfahrungen in Videospiele. Nach fünf Stunden habe ich begonnen Thronebreaker: The Witcher Tales zu verstehen, nach etwa zehn Stunden habe ich begonnen Thronebreaker: The Witcher Tales zu mögen, nach 15 Stunden habe ich mich gefreut, dass ich noch mindestens dieselbe Spielzeit in Thronebreaker: The Witcher Tales vor mir habe und nach 20 Stunden spiele ich mit dem Gedanken es entweder parallel oder nach dem Beenden der Geschichte erneut mit Gwent: The Witcher Card Game zu versuchen.
Gespielt wurde die PC-Version von Thronebreaker: The Witcher Tales auf einem Microsoft Surface Pro. Entwickelt wurde der Titel vom polnischen Studio CD Project Red und wird auch durch selbiges vertrieben. Das Videospiel ist seit Oktober 2018 für PCs und seit Dezember 2018 für die PlayStation 4 und Xbox One erhältlich. Digitale Bezugsmöglichkeiten für den PC sind GOG.com (PC Direktkauf) sowie Steam (PC Direktkauf), für die PlayStation 4 der PlayStation Store (PlayStation AT Direktkauf) und für die Xbox One der Microsoft Store (Xbox Direktkauf)*. Preislich liegt das Videospiel bei etwa 25 Euro.