Und dann war es plötzlich November, konkret war es Zeit für die diesjährige Vienna Comic Con in der Messe Wien. Es war das vierte Mal, dass die beiden Veranstalter Reed Exhibitions Messe Wien und ReedPOP das Messeformat in Österreich veranstalteten und es war das zweite Mal, dass im Rahmen der Messe ein zusätzlicher Fokus auf das Thema Esport gelegt wurde. Wo sich das Team der Vienna Comic Con letztes Jahr unter dem Namen Vienna Challengers Arena inhaltlich vorsichtig vortastete, griff man dieses Jahr im Prinzip in die Vollen. Mit einer halben Messehalle war der Bereich der Vienna Challengers Arena deutlich größer als im Vorjahr, das League of Legends-Turnier wurde dank Zusammenarbeit mit dem Videospielentwickler Riot Games massiv aufgewertet, die Kooperation mit lokalen Esport-Akteuren und Communities wie Viennality oder XGS eSports samt Partnern wie Ubisoft als auch Microsoft sorgten für zusätzliche inhaltliche Abwechslung und die beiden Videospiel-Streamer JustBecci und LuigiKid verwandelten eine Ecke der abgedunkelten Messehalle in ein Streaming-Wohnzimmer für das Wochenende. Viel Inhalt für zwei Tage, teilweise mit beindruckenden Bühnenaufbau samt entsprechender Technik und ich war beide Tage vor Ort. Verstehe ich die Faszination und den erneuten Hype beim Thema Esport? Ehrlicherweise nur bedingt. Schreibe ich dennoch über eine Veranstaltung mit dem Fokus auf das Thema? Yep. Und weshalb? Weil es für mich zwei interessante, lehrreiche und auch unterhaltsame Tage im Rahmen der Vienna Challengers Arena waren.
Vor einigen Jahren habe ich mehrfach über den Untergang des Esports geschrieben und im jährlichen Rhythmus wurde ich eines Besseren belehrt. Das Thema ist im Jahr 2018 durch diverse Entwicklungen in der Videospielindustrie gefühlt stärker gewachsen als in den letzten Jahren zusammen. Die diesjährige Vienna Challengers Arena ist hierfür meiner Ansicht nach auch eine Bestätigung außerhalb der eigentlich erwarteten Zielgruppe und für mich persönlich ein Grund, mich erneut mit dem Thema zu beschäftigen. Ich spiele gerne Videospiele, ich spiele aber keinen der aktuell großen Esport-Titel wie League of Legends, Rainbow Six Siege, Overwatch oder Fortnite. Vor ein paar Wochen ging es zur Vorbereitung an einem Samstagmorgen ins Kino, um dort in einem fast ausverkauften Kinosaal die Live-Übertragung des Finalmatches der League of Legends-Weltmeisterschaft anzusehen. Ich sprach ausgiebig mit jüngeren Arbeitskollegen über die Faszination zuvor genannter Videospiele und über das Streaming von Videospielen. An Veranstaltungen zum Thema Esport habe ich teilgenommen, Vorträge zu unterschiedlichen Esport-Aspekten besucht und dort auch intensiv mit den Akteuren der Szene diskutiert.
Es ist Samstag und ich sitze inmitten hunderter Zuseher in einer abgedunkelten Messehalle und warte auf den Beginn der ersten Partie des League of Legends-Turniers. Ein kurzer Trailer wird auf der überdimensionalen LED-Videowand abgespielt, Musik wummert aus den Boxen und eine perfekt choreografierten Lichtshow peitscht zusätzlich die Stimmung im Publikum an. Es ist der Beginn einer inszenierten Show, welche mit vergleichbaren klassischen Sportveranstaltungen mithalten kann. Zwei Moderatoren führen durch die Partie, die Spieler der beiden Teams betreten unter tobenden Applaus die Bühne, vor sowie nach jedem Match gibt es Analysen von Experten und jedes Match wird von Kommentatoren begleitet. Das Publikum rastet während der Partien regelmäßig aus und obwohl ich nicht die Feinheiten von dem verstehe was passiert, die Stimmung und Dynamik ist ansteckend. Es ist der erste wichtige Moment für mich während des Wochenendes, denn mir wird bewusst, dass ich trotz Vorbereitung keine Chance habe zu verstehen was eigentlich passiert. Ich spiele kein League of Legends, der Großteil der Zuseher schon. Für Eingeweihte sind es einfache Abläufe, für mich ein gordischer Knoten. Es ist aber egal. Für mich war es der Wendepunkt des Wochenendes, an welchem für mich weder das Videospiel, das Match noch die involvierten Teams und deren Spieler wichtig waren, ich begann die Inszenierung der Veranstaltung, die Show, zu genießen. Ich jubelte mit der Masse, ich seufzte mit der Masse, ich hielt die Luft an der Masse, ich feierte mit der Masse und ich hatte eine gute Zeit mit der Masse.
Mit dieser gewonnenen Erkenntnis nicht immer alles verstehen zu müssen, aber es einfach erleben zu können, erkundete ich die restlichen Bereiche der Vienna Challengers Arena mit einer erfrischenden Offenheit. Da waren die Mitglieder des österreichischen Vereins XGS eSports, welche gemeinsam mit Ubisoft und Microsoft das erste große österreichische Turnier für Rainbow Six Siege veranstalteten. Im Verhältnis deutlich kleiner als die große Bühne für League of Legends, aber keinesfalls weniger motiviert und engagiert. Direkt nebenan bot das Team der Viennality, eine Turnierserie mit Fokus auf Fighting Games, die Möglichkeit auch selbst Hand anzulegen und gemeinsam mit, als auch unter Anleitung erfahrener Spieler, das eigene Können unter Beweis zu stellen. In einem weiteren Bereich fand man die österreichische Super Smash Bros-Community, welche zusammen mit Nintendo Turniere für die den Wii U– sowie GameCube-Ableger der Super Smash Bros-Videospielreihe anbot. Zusätzlich konnte man auch den neusten Teil der Serie, Super Smash Bros. Ultimate für die Nintendo Switch, anzuspielen. Wichtige Randnotiz hierbei ist mein ehrliches Danke an den freundlichen Nintendo-Mitarbeiter vor Ort, welcher mich vielleicht absichtlich das eine oder andere Match gewinnen lies. Weiter ging es für mich in das Streaming-Wohnzimmer der beiden Twitch-Streamer JustBecci und LuigiKid, welche während der Öffnungszeiten der Vienna Challengers Arena durchgehendes Live-Programm vor Ort samt Interaktionsmöglichkeit boten und im Twitch-Stream versuchten die Stimmung der Halle nach Hause zu transportieren.
Auch nach einem Wochenende auf der Vienna Challengers Arena bleibe es so, dass ich nur wenig von den Dingen verstehe, die ich an den beiden Tagen in der Messe Wien erleben konnte. Ich spiele die zuvor erwähnten Esport-Videospiele nicht, ich spiele auch lieber selbst als jemanden im Stream dabei zuzusehen und bin gefühlt zu alt, um realistisch mit den Reflexen jüngerer Videospieler mitzuhalten. Ich verstehe aber die Begeisterung der Zuseher, ich finde das Eingemengt und dein Einsatz der Esport-Akteure in Österreich beeindruckend, wurde von der freundlichen Grundstimmung mitgezogen und war mehr als positiv überrascht, dass ausnahmslos jeder mit dem ich gesprochen habe, mir voller Motivation über sich, sein Projekt und seinen Zugang zum Thema Esport erzählt hat. Was ich jedoch verstanden habe, dass es weniger um die Videospiele und die spielerischen Leistungen dahinter geht, sondern das Thema Esport im Jahr 2018 ein Thema der Unterhaltung und weniger des klassischen Sports ist. Esport funktioniert aufgrund der richtigen Inszenierung, der passenden Show und natürlich der Dynamik der Zuschauer. Ein persönlicher Bezug schadet nicht, alternativ ist aber eine offene Grundeinstellung ausreichend, um das Dargebotene erleben zu können.
Die Vienna Challengers Arena 2018 fand von 17. bis 18. September 2018 im Rahmen der Vienna Comic Con in der Messe Wien statt. Veranstaltet in Zusammenarbeit von Reed Exhibitions Messe Wien und ReedPOP war es die vierte Ausgabe der Messe und die zweite Ausgabe mit Fokus auf das Thema Esport. Meine vier Lieblingsfotos von der Veranstaltung gibt es in diesem Tweet. Hinweis hinsichtlich Transparenz: Der Veranstalter der Vienna Comic Con und damit auch der Vienna Challengers Arena hat mich als Pressevertreter für die Veranstaltung akkreditiert.