An einem Freitagnachmittag Ende Juni bin ich aus dem Büro raus, ins Auto gestiegen und das Ziel meiner Fahrt war eine Filiale meines bevorzugten PC-Händlers. Eine Viertelstunde später und mit 1.711,85 Euro weniger am Bankkonto, habe ich unterschiedlich große Verpackungen von PC-Komponenten in den Kofferraum meines Autos geladen. Am kurzen Weg heim ist es mir dann endgültig bewusst geworden, ich bin nach fast 17 Jahren wieder Besitzer eines Gaming-PCs. Und auch wenn es etwas übertrieben oder gar kitschig klingen mag, ich freue mich darüber sehr und es fühlt sich auch irgendwie richtig an. Warum ich das so betone? Als ich damals mein liebstes Hobby auf die Original Xbox verlagert habe, war ich mir sicher, dass nicht passieren kann, was mich von der Videospielkonsole zurück zum PC bringt. Eine Videospielkonsole ist zum Spielen da, ein PC ist zum Arbeiten da. Eine klare Trennung, die für mich lange funktioniert hat. Aber das Jahr 2020, das Jahr in dem eine neue Generation der PlayStation und auch Xbox veröffentlicht wird, ist anders und ich breche mehr als nur bewusst meine damals selbst definierte Trennung von Arbeit und Vergnügen mit einem neuen Gaming-PC anstelle einer neuen Videospielkonsole.
Die damaligen beiden primären Gründe für den kompletten Wechsel zur Original Xbox sind schnell dargelegt. Meine Motivation war die fehlende Motivation hinsichtlich des permanent erforderlichen Aspekts des Aufrüstens der verbauten Hardware im System, sowie den dadurch anfallenden Kosten sowie Zeitaufwänden. Mit dem PC, den ich damals für Videospiele nutzte, verbinde ich auch heute noch fast durchgehend schlechte Erinnerung. Die Kiste, rein vom Aussehen als auch von den Abmessungen her war es tatsächlich eine solche, war geschuldet meiner damaligen finanziellen Lebenssituation als Schüler hinsichtlich der verbauten Komponenten immer am untersten Limit um neu erscheinende Videospiele gerade noch so irgendwie erleben zu können. Dadurch galt es für mich stetig zu optimieren und nachzubessern, aber halt immer nur so, wie es mit meinem eingeschränkten Budget möglich war. Dieser Umstand in Verbindung mit der Tatsache, dass vor 17 Jahren die jährlichen Leistungssprünge der Hardware-Komponenten deutlich größer in Relation zu heute waren, war es ein teures Nachlaufen, um Titel überhaupt irgendwie spielen zu können. Alternativ konnte ich mich weder mit der Auswahl an Videospielen auf der PlayStation 2 von Sony und noch weniger mit der inhaltlichen Auswahl am GameCube von Nintendo anfreunden. Beide Systeme habe ich damals in die Kategorie Kinderspielzeug eingeordnet und erst die Ankündigung der Original Xbox von Microsoft hat für mich den Wechsel ins Lager der Videospielkonsolen realistisch vorstellbar gemacht. Für mich war der schwarze Kasten von Microsoft im Vergleich zu den anderen Herstellern so nahe am PC, dass in Verbindung mit der Erfahrung von Microsoft hinsichtlich Videospiele meine Kaufentscheidung samt Grundsatzentscheidung zu meinem liebsten Hobby schnell getroffen war. Die Box unter dem Fernseher war fortan für Videospiele da, der Bildschirm am Schreibtisch nur mehr für das Arbeiten.
Vor einigen Wochen habe ich diese Grundsatzentscheidung endgültig revidiert, aber ehrlicherweise bereits seit Monaten oder vielleicht sogar ein oder zwei Jahren immer wieder mit dem Gedanken gespielt, dass ich zu einem ordentlich ausgestatteten und auch hübschen Gaming-PC wechsle. Seit der Entscheidung vor 17 Jahren hat sich vieles verändert, sowohl bei mir, in meinem Umfeld, hinsichtlich des Zyklus von PC-Komponenten und auch in der Videospielindustrie.
Ich bin kein Schüler mehr, sondern stehe seit mittlerweile mehr als 15 Jahren im Berufsleben. Damit einhergehend hat sich meine finanzielle Situation komplett geändert und war als Schüler die Ist-Situation genug Zeit bei fehlenden finanziellen Ressourcen, ist der zweite Aspekt heute glücklicherweise deutlich weniger schwerwiegend. Ergänzt mit dem Faktor, dass die Geschwindigkeit der Leistungssprünge von PC-Komponenten deutlich langsamer als auch selektiver ist, ist die Lebenszeit eines von Beginn an gut ausgestatteten und abgestimmten Gaming-PCs deutlich länger als früher. Gleiches gilt auch für die schlechten Erinnerung an meine damalige Kiste, denn mit etwas Recherche, Kreativität und finanziellen Mitteln steht nun ein sehr hübscher, flüsterleiser und unheimlich kleiner Gaming-PC auf meinem Schreibtisch neben dem Bildschirm. Bedeutet konkret, dass einer der beiden Gründe, die mich damals zur Original Xbox gebracht haben, heute überhaupt nicht mehr relevant ist.
Beim zweiten Thema, den verfügbaren Videospielen, ist es im Prinzip gleich, aber anders. Die damalige Auswahl an Videospielen auf den etablierten Plattformen der Videospielkonsolen hat mich nicht angesprochen, die von Microsoft durch die Herkunft vom PC erhoffte inhaltliche Veränderung jedoch schon. Diese Vermutung war der ausschlaggebende Grund, weshalb ich den Schritt zur Original Xbox gemacht habe. Rückblickend hat Microsoft mit der gewählten Strategie meine Hoffnungen erfüllt und gleichzeitig im Laufe der Jahre ebenso meine inhaltliche Wahrnehmung zum Thema Videospiele massiv erweitert. Von mir zuvor verschmähte Titel und Genres haben nach und nach eine gewisse Neugierde geweckt, wurden irgendwann gespielt und im Laufe der Zeit sind typische Titel der Videospielkonsolen auch zu von mir geliebten Titel geworden. Für mich war es die Veränderung vom typischen Videospieler am PC zum klassischen Videospieler auf Videospielkonsolen. In den letzten Jahren haben sich meine inhaltlichen Interessen wieder begonnen stärker zu verändern und sind teilweise auch stehengeblieben. Bedeutet, dass die laufenden inhaltlichen Veränderungen und permanente Neuausrichtung von Videospielen, die auf den Videospielkonsolen in den letzten Jahren sehr stark stattfindet, mich einfach immer weniger ansprechen. Die Art von Videospielen, die ich zuvor lieben lernte, wurde weniger oder war teilweise in neuen Titeln nur mehr in Fragmenten vorhanden. Das Problem war die immer stärkere Ausrichtung sowie Wandlung in Richtung von sogenannten Service-Games, Videospiele die einen fortlaufend mit neuen Inhalten versorgen und deren Videospielmechaniken so konzipiert sind, dass man möglichst viel Zeit in einen Titel investieren soll. Weg waren die von mir bevorzugten reinen Einzelspieler-Erfahrungen, vorbei war es mit einer Vielfalt an inhaltlichen Experimenten und mir fehlte immer mehr die Diversität, die ich am Beginn meiner Zeit mit Videospielkonsolen so lieben lernte. Muss ich dieses Thema in kurzer Form zusammenfassen, beschreibt die Formulierung kreative Indie-Games statt in sich wiederholende Service-Games meinen favorisierten inhaltlichen Fokus am besten.
Auf dem Gaming-PC und durch dessen Offenheit sowie Flexibilität bei den Inhalten, finde ich diese hohe Diversität und kreativen Experimente, welche ich bevorzuge und die meiner derzeitigen inhaltlichen Ausrichtung am besten entsprechen. Mir ist dabei bewusst, dass der Wechsel auch das Verlassen eines goldenen Käfigs hinsichtlich des Komforts auf mehreren Ebenen darstellt. Einen Komfortverzicht, der jedoch hinsichtlich der für mich äußerst positiven inhaltlichen Veränderung sehr vertretbar ist. Nach ein paar Wochen Nutzung traue ich mich bereits ein Voraburteil zu treffen, dass mit überschaubaren Aufwand und kleineren technischen Hilfsmitteln auf Gaming-PCs im Jahr 2020 im Prinzip eine sehr ähnlich angenehme Erfahrungen betreffend dem Kauf, der Installation, der Aktualisierung und auch der Miete von Videospielen vorhanden ist und sich für mein PC-System sehr viel näher an der Erfahrung von typischen Videospielkonsolen anfühlt, als ich es jemals erwartet hätte. Verstärkt wird dies sicherlich auch durch die Tatsache, dass der Abo-Dienst Xbox Game Pass seit einiger Zeit auch am PC verfügbar ist und sich Microsoft entschieden hat, dass alle Titel der Xbox Game Studios gleichzeitig auf der Videospielkonsole und am PC veröffentlicht werden. Bedeutet konkret, dass ich durch den Wechsel auf einen Gaming-PC die von mir bevorzugte inhaltliche Abwechselung, kreative Experimente und bei Bedarf weiterhin Zugriff auf aktuelle typische Titel aus dem Hause der Xbox Game Studios habe. Sprich das Beste aus zwei Welten oder anders formuliert, die optimale Kombination meiner aktuellen inhaltlichen Interessen.
Neben den beiden primär persönlich getriebenen Gründen, die mich damals zum Wechsel auf die Original Xbox und nun von der Xbox One S zurück zum Gaming-PC gebracht haben, gibt es aber auch weitere Elemente. Die Welt dreht sich nicht nur um einen selbst und eine Veränderung, die ich in den letzten Jahren verstärkt feststellte, war, dass sich mein Freundeskreis verändert hat. Zum einen in der Zusammensetzung, aber auch in der Tatsache, dass etliche meiner Freunde aus dem Umfeld von Videospielkonsolen vor Jahren den Sprung auf die Xbox One nicht mitgemacht haben und viele mittlerweile primär auf einem Gaming-PC spielen. Ist bei der Empfehlung einer Videospielkonsole die wichtigste Frage die nach der Plattform, auf der das persönliche Umfeld aktiv ist, ist es beim Gaming-PC im Prinzip nicht anders. Allein ein Videospiel zu erleben ist schön, aber etliche Videospiele erlebt man besser gemeinsam und dies gelingt für mich im Jahr 2020 deutlich effektiver auf einem Gaming-PC als auf einer Videospielkonsole.
Vor 17 Jahren wechselte ich komplett vom PC zu Videospielkonsolen. Vor vier Wochen wechselte ich zurück von Videospielkonsolen zum Gaming-PC. Das Fazit? Es fühlt sich unerwartet gut an und ich bin zufrieden mit meiner Entscheidung. Gründe für Entscheidungen ändern sich, die Gegenwart verändert sich, Motivationen ändern sich, aber die innere Freude beim Start eines Videospiels, auf welches man sich lange gefreut hat, die bleibt unabhängig der Plattform bestehen. Manchmal dauert es nur etwas bis man die für sich richtige Plattform wieder neu entdeckt hat, um dieses Gefühl wieder zu haben.