Endlich habe ich genügend Zeit gefunden, um mich mit dem 2018 erschienenen Shadow of the Tomb Raider zu beschäftigen. Es ist der dritte Teil der vor wenigen Jahren inhaltlich sowie spielerisch neugestarteten Videospiel-Serie rund um Lara Croft. Ich mag Videospiele aus dem Genre der Action-Adventure und habe die ersten beiden Ableger der Neuauflage gemocht und auch gerne gespielt. Meine Erwartungshaltung an Shadow of the Tomb Raider war eher gering, was jedoch nichts Schlechtes ist. Ich habe ehrlich gesagt mehr vom selben erwartet und genau dies hat der Titel auch abgeliefert, sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht.
Keine Ahnung ob es erforderlich ist Shadow of the Tomb Raider, beziehungsweise einen Titel der Reihe oder die Reihe selbst, inhaltlich oder spielerisch zu erklären, denn eigentlich sollte jeder der in den letzten Jahren in Kontakt mit dem Medium Videospiele gekommen ist, automatisch ein Bild vor dem inneren Auge haben, zumindest aus der Perspektive meiner persönlichen Blase. Um es kurz zu halten, beschränke ich mich primär auf den spielerischen Teil, denn inhaltlich ist es eine für das Genre und Medium leider typische generische Geschichte. Irgendwas mit Einleiten des Weltuntergangs, ein böser Geheimbund samt Weltverschwörung und natürlich am Ende das Retten der Welt durch erbringen eines persönlichen Opfers in Form von Überwindung. Keine Ahnung, inhaltlich relativ unspektakulär, aber teilweise peinlich spektakulär inszeniert.
Spielerisch navigiert man den Videospielcharakter Lara Croft abwechselnd durch schlauchige Abschnitte, etwas offenere Abschnitte und deutlich offenere Bereiche in Form von Siedlungen, die als Mittelpunkt für eine Reihe von Erkundungen in Form optionaler Nebenmissionen dienen, sowie für eine spielerische Pause genutzt werden können. Primär erkundet man hüpfend sowie kletternd die Videospielwelt auf der Suche nach dem nächsten Abschnitt und sammelt dabei allen möglichen einfach so herumliegenden Krimskrams ein und immer wieder mal wird die Ruhe, als auch das Spieltempo, durch ein paar Gegner unterbrochen, welche man in einer Mischung aus Schleichen und mit roher Waffengewalt eliminiert. An regelmäßig vorhandenen Lagerfeuerstellen erlernt man in einem dreigeteilten Fertigkeitsbaum neue Fähigkeiten und bessert ebenso die eigene Ausrüstung auf. Zum Drüberstreuen findet man in der Videospielwelt in sich autarke Gräber sowie Relikte, welche mit etwas Abstand betrachtet nette optionale Herausforderungen in Form von Umgebungsrätsel der und mit der Videospielwelt darstellen, welche den normalen Ablauf ebenso sehr angenehm unterbrechen und für eine schöne Abwechslung sorgen.
Klingt nicht wirklich anders zu den beiden vorherigen Ablegern und ist es auch nicht. Natürlich ist alles etwas schöner, natürlich ist alles etwas optimierter, natürlich gibt es hier sowie dort kleine neue Möglichkeiten und Shadow of the Tomb Raider stellt für mich definitiv den besten und in jeglicher Hinsicht optimiertesten Teil der neuen Reihe dar. Es ist die sehr konsequente Fortführung der bestehenden Formel, leider auch mit meiner Ansicht nach vermeidbaren Elementen. Was ich damit meine? Das bereits erwähnte Sammeln von allem möglichen Krimskrams in der Videospielwelt, um im Prinzip nur die Ausrüstung zu verbessern, ist am Ende mehr eine Beschäftigungstherapie und bringt den Titel spielerisch nicht wirklich weiter. Lara Croft ist eine Abenteurerin und erkundet längst vergessene Gräber und kämpft gegen einen bösen und übermächtigen Gemeinbund oder anders formuliert, Lara Croft stirbt aufgrund von vielen Fallen und durch Waffengewalt mehr als nur ein paar Mal den digitalen Bildschirmtod. Grundlegend nichts ungewöhnlich, wenn nicht der anscheinend bei den Entwicklern vorhandene Fetisch für Torture Porn vorhanden gewesen wäre. Jeder Tod von Lara Croft wird regelrecht auf das Brutalste hin inszeniert, teilweise mit zig unterschiedlichen Sequenzen als auch in Zeitlupe in Szene gesetzt und gefühlt fast schon menschenabwertend gefeiert. Dies bereichert weder das Videospiel, noch hilft es dem Videospieler und ist meiner Ansicht nach ein sehr vermeidbares Element, aber anscheinend haben irgendwelche Fokusgruppen diesen Fetisch als akzeptabel und aufgrund der Wiederholung in allen drei Teilen der Serie als unverzichtbar eingestuft, verstehe es am Ende wer es wolle.
Aber genug Mimimi, denn es gibt in Shadow of the Tomb Raider neben dem sehr angenehmen Spielfluss, der gut getakteten Abwechslung, dem meiner Ansicht nach optimalen Umfang, einem sehr gut gesteuerten Schwierigkeitsgrad auch die eineinhalb Dinge, welche mich nachhaltig mehr als nur begeistert haben. Welche dafür gesorgt haben, dass ich teilweise Minuten lang einfach auf den Fernseher gestarrt habe. Das wahre Highlight ist schlichtweg die wunderschöne Videospielwelt, die Fauna sowie Flora, die zufällig scheinende aber bewusst gesteuerte Beleuchtung der Umgebung und eigentlich alles rundherum. Zerlegt man die Art und Weise wie Shadow of the Tomb Raider hier vorgeht, entdeckt man nichts bahnbrechendes neues, aber es ist hier einfach die wirklich perfekte Umsetzung aller Grundregeln und das mehr als nur einmal.
Wie bereits erwähnt wechseln sich schlauchige mit etwas offeneren Abschnitten ab und diese offeneren Abschnitte werden gerne für den Übergang zu einem, sowie für die Vorstellung eines neuen thematischen Gebiets genutzt. Und diese Bereiche werden entsprechend inszeniert. Zum Beispiel läuft man mit Lara Croft aus einer Höhle heraus und wird vom einfallenden Sonnenlicht beim Ausgang leicht geblendet. Kaum verlässt man die Höhle, befindet man sich auf einer leicht erhöhten Position und überblickt einen gefühlt unendlich weiten Bereich, entdeckt beim kurzen automatisch ablaufenden Kameraschwenk einen Wasserfall, bei dem im optimalen Winkel einzelne Sonnenstrahlen reflektiert werden, über die Baumkronen fliegen Vögel in Richtung eines Felsen und es ist im Prinzip das perfekte Motiv. Verstärkt wird dieses Motiv durch das Aussetzen der Musik, welche das bewusste Wahrnehmen der Geräusche der Umgebung vereinfacht und der Tatsache, dass man als Videospieler sich der Situation unbewusst bewusst wird, dass man in diesem sich vor einem und im Prinzip zu Füßen liegenden malerischen Idyll in wenigen Momenten selbst auf Entdeckungstour geht.
Das für mich Beeindruckende bei der Gestaltung dieser inszenierten Bereiche der Videospielwelt bei Shadow of the Tomb Raider ist, dass diese sehr häufig vorkommen und sich im Verlauf des Videospiels steigern. Bin ich es von anderen Videospielen gewöhnt, dass die schönsten Elemente oftmals innerhalb der ersten ein bis zwei Stunden eingesetzt werden, steigert sich die Imposanz und damit die Zeit die ich mit halb offenen Mund auf den Bildschirm gestarrt habe stetig mit meinem Fortschritt im Titel.
Das noch offene halbe Element, welches bei mir einen ebenso starken Eindruck hinterlassen hat, waren die optionalen Gräber und Relikte. Es handelt sich hier um abgetrennte Bereiche in der Videospielwelt, welche aufgrund der Tatsache, dass es sich um uralte und seit Jahrhunderten unentdeckte Gräber sowie Bereiche handelt, nicht ganz den Spielregeln bei der inhaltlichen Ausrichtung der Videospielwelt folgen müssen. Konkret bedeutet dies, dass diese Gräber und Relikte im inhaltlichen Kontrast zur restlichen Videospielwelt stehen können, die man als Lara Croft nur wenige Minuten zuvor erkundet hat. Die Varianz reicht von einem hunderte Jahr alten Schiff, welches in einer unterirdischen Höhle auf Grund gelaufen ist, bis hin zu komplexen Maschinen in luftige Höhen und alles was man sich zwischen diesen beiden Extremen so vorstellen kann. Jedes der Gräber steht für sich, jedes hat seinen eigenen Stil und jedes stellt den Videospieler vor Rätsel, welche mit Physik sowie der Umgebung zu lösen sind. Ein für mich äußerst reizvoller Twist in Shadow of the Tomb Raider und eine angenehme Abwechslung, welche glücklicherweise in jeweils ebenso schönen sowie imposanten Abschnitten der Videospielwelt stattfindet.
Shadow of the Tomb Raider ist meiner Meinung nach die, wie bereits erwähnt, konsequente Fortsetzung und minimale Weiterentwicklung der beiden zuvor erschienenen Titel der neugestarteten Videospiel-Serie. Der Titel macht sehr viel mehr richtig als falsch und beeindruckt massiv durch die Videospielwelt und viel mehr durch die perfekte Inszenierung dieser. Das minutenlange Aufsaugen der Atmosphäre während ich auf den Bildschirm starrte waren für mich weniger die Ausnahme, sondern im fortschreitenden Verlauf von Shadow of the Tomb Raider die Regel. Sollte man Shadow of The Tomb Raider spielen? Wenn man Titel aus dem Genre der Action-Adventure mag oder einen der Vorgänger gespielt hat und dabei gut unterhalten wurde, dann auf jeden Fall. Sollte man Shadow of the Tomb Raider ansehen und sich von der Szenerie beeindrucken lassen? Ohne Einschränkungen auf jeden Fall.
Gespielt wurde Shadow of the Tomb Raider auf einer Xbox One S. Entwickelt wurde der Titel von kanadischen Entwicklungsstudio Eidos Montréal und vertrieben wird der Titel vom japanischen Publisher Square Enix. Das Videospiel ist für den PC, die PlayStation 4 sowie die Xbox One erhältlich. Digitale Bezugsmöglichkeiten sind Steam (PC Direktkauf), der PlayStation Store (PlayStation AT Direktkauf) und der Microsoft Store (Xbox Direktkauf). Physische Datenträger sowie Download-Codes gibt es unter anderem bei Amazon (physische Datenträger & Download-Codes*). Preislich liegt das Videospiel bei etwa 30 bis 60 Euro.