Wertungssysteme für Videospiele sind für mich aus zwei Gründen interessant. Zum einen, weil es eines der wenigen Themen ist, die mich seit Anbeginn meines Interesses für das Medium fast unverändert begleiten. Zum anderen, da oftmals Zahlen, Werte und mehr oder weniger logische Systeme dahinterstecken, was bei mir als Person mit einem gewissen Fetisch für Statistiken eine wohlige Wärme im Brustkorb hervorruft. Im Laufe der Jahre habe ich viele Arten und Möglichkeiten von Wertungssystemen für Videospiele gesehen. Begonnen von einer Wertung in Prozenten oder Punktesysteme in beliebigen Skalierungen, hin zu Spielspaßkurven, die in Form eines Diagramms die unterschiedlichen Wertungsschwankungen im Verlauf der Spielzeit visualisierten. Und es gibt Besprechungen, die am Ende eine Empfehlung aussprechen und es gibt Besprechungen, die einfach nur aus dem Inhalt selbst bestehen.
Über die Jahre hinweg, die ich mich mit dem Medium Videospiele beschäftigte, hat sich viel verändert, eigentlich sogar sehr viel. Videospiele sind größer hinsichtlich Umfangs und der Branche geworden. Videospiele sind technisch auf einem ganz anderen Niveau und versuchen inhaltlich neue Wege zu beschreiten. Videospiele werden anders konsumiert und die Art wie man sich darüber informiert, hat sich ebenso verändert. Videospiele werden anders gekauft und vertrieben, von der Industrie sowie dem Einzelhandel. Videospiele sind im Jahr 2019 definitiv anders, die Videospielindustrie ist im Jahr 2019 anders und es ist vielleicht Zeit für eine andere Art eines Wertungssystems im Jahr 2019.
Das Schöne an meinem Wertungssystem ist, dass es nicht sonderlich kompliziert ist und Videospiele in fünf unterschiedliche Kategorien einteilt. Das Unschöne daran ist, dass es nicht als universelles Wertungssystem geeignet ist, da es ein rein subjektives Wertungssystem ist.
Die erste Kategorie sind Videospiele, welche man im Prinzip kostenlos erhält und auch ohne Kosten spielt. Im Prinzip kostenlos, da manche der Titel wirklich kostenlos in digitalen Marktplätzen, wie zum Beispiel dem Epic Games Store, bezogen werden können oder im Rahmen einer kostenpflichtigen Mitgliedschaft wie PlayStation Plus, Twitch Prime oder Xbox Live Gold als Draufgabe ohne Aufpreis enthalten sind. Das sind Videospiele, die meist schon etwas älter sind oder aus der vorherigen Generation der Videospielkonsolen stammen, aber keineswegs als schlecht einzustufen sind. Natürlich sind nicht alle Titel, die man so bezieht, Videospiele, die man selbst aussuchen würde. Aber es sind oft Titel, die man schon mal gerne zumindest anspielen würde, aber irgendwie hat es zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht gepasst. Entweder war der Preis zu hoch, der Zeitpunkt der Veröffentlichung war aus persönlicher Sicht ungünstig oder man hatte einfach eine gewisse Neugierde, ohne bereit zu sein Geld und oder Zeit zu investieren. Kurz zusammengefasst fallen in diese Kategorie Videospiele, die man vielleicht mal spielen wollte, aber jetzt wo sie kostenlos sind auch spielen wird, wenn nicht momentan ein anderer Titel einer der anderen vier Kategorien gespielt wird.
Gefolgt wird die erste Kategorie von Titeln aus einem kostenpflichtigen Abonnement, wie zum Beispiel PlayStation Now oder dem Xbox Game Pass für die Konsole oder den PC. Diese Dienste bieten ein umfangreiches Angebot unterschiedlichster Videospiele aus allen Genres und haben je nach Dienst auch aktuelle Titel im Sortiment. In diese Kategorie fallen viele Titel, die zwar interessant sind und für die man auch bereit ist Zeit aufzuwenden, jedoch ein gewisser Faktor der Unsicherheit besteht und daher die Bereitschaft direkt Geld auszugeben zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht vorhanden sind. Aber jetzt, wo man ein solches Videospiel beim Durchstöbern des Katalogs entdeckt hat, ist es nur mehr ein Tastendruck, um den Download zu starten. Und von dort dann, ist es nur mehr ein Tastendruck, um den Titel auch zu starten, samt der eigenen Bereitschaft Zeit zu investieren, denn schließlich zahlt man für das Abonnement ja eine monatliche Gebühr, um genau solche Titel zu spielen.
In die dritte Kategorie fallen Videospiele, an denen man doch eher mehr interessiert ist und für die man auch bereit ist Zeit zu investieren sowie grundlegend auch Geld direkt dafür zu bezahlen, jedoch erst wenn der Titel im Angebot ist. Diese Kategorie ist wohl am schwierigsten zu beschreiben und auch am schwammigsten für einen selbst zu bestimmen, da sehr viele Faktoren bei der Kategorisierung involviert sind. Sehr oft fallen hierunter Videospiele, bei denen man bereits im Vorfeld genau weiß, was einen erwartet und man ist sich auch sicher, dass man eine gute Zeit mit dem Titel haben wird, jedoch ist man nicht bereit den vollen Preis dafür zu bezahlen. Manchmal ist dies der klassische Nachfolger von einem Videospiel, welches man gerne gespielt hat. Manchmal ist es aber auch ein Ableger in einem anderen Genre eines geliebten Videospieluniversums. Es können aber auch Titel sein, die man theoretisch zum vollen Preis kaufen würde, die aber zu einem persönlich suboptimalen Zeitpunkt veröffentlicht wurden und damit erst wieder im Rahmen von Spezialangeboten auf den digitalen Marktplätzen in den eigenen Fokus rücken. Für mich persönlich sind es Videospiele, die ab einem gewissen Preispunkt einfach gekauft werden, meist unabhängig von meiner zum Kaufzeitpunkt verfügbaren Zeit. Impulskäufe, welche mich mittelfristig dazu zwingen Zeit in das Videospiel zu investieren, da ich dafür direkt Geld ausgegeben habe.
Und dann gibt es Titel, die man einfach zur Veröffentlichung oder in den ersten Tagen danach kauft. Es ist ein Bekenntnis seine Zeit zu investieren und man ist auch bereit den vollen Preis zu bezahlen. Also Videospiele, auf die man sich freut und die man entweder blind oder anhand der ersten Berichte kauft. Das können Nachfolger von geliebten Serien sein, neue Titel von einem geliebten Studio oder einfach Videospiele, auf die man sich einfach wirklich freut und die man von Beginn an spielen möchte, unabhängig davon wie sich der Preis des Titels in den nächsten Wochen oder Monaten entwickelt oder was andere Leute davon halten.
Die Königskategorie auf dieser fünfteiligen Skala stellen dann schlussendlich die Videospiele dar, die man bereits Wochen oder Monate vor der eigentlichen Veröffentlichung oder gar bevor es überhaupt einen konkreten Termin zur Veröffentlichung gibt vorbestellt. Im Prinzip ein Bekenntnis zu den Kosten sowie ein Vorabbekenntnis beim Erscheinen auch Zeit zu finden, den Titel zu spielen. Quasi egal in welche Richtung sich der Titel zwischen Zeitpunkt der Vorbestellung und der Veröffentlichung entwickelt oder was die Berichterstattung sagt, das Videospiel ist bedingungslos mehr als nur einfach gekauft. Überspitzt formuliert der „Fanboy-Preorder-Instabuy“, welcher für mich persönlich in den letzten Jahren immer seltener geworden ist, aber die ein oder zwei Mal eine unerwartet große Befriedigung erzeugt hat.
Und das waren dann die fünf Kategorien meines persönlichen neuen Wertungssystems für Videospiele im beziehungsweise ab dem Jahr 2019. Wie ich dieses Wertungssystem kurz und knackig zusammenfassen würde? Fünf Kategorien, welche die persönliche Bedeutung eines Videospiels in Hinblick der Bereitschaft seine Zeit und sein Geld zu investieren unter Berücksichtigung der veränderten Videospielindustrie und Distributionskanäle abbilden. Welche Videospiele dieses Jahr für mich persönlich in welche Kategorie dieses Wertungssystems gefallen sind? Celeste als kostenloser Titel, Hollow Knight als Videospiel in einem kostenpflichtigen Abonnement, Moonlighter wurde zu einem reduzierten Preis digital gekauft, für Beat Saber habe ich zur Veröffentlichung ohne großes Nachdenken Geld ausgegeben und Kingdom Hearts III habe ich bereits Monate vor der Veröffentlichung vorbestellt. Warum ist dies spannend? Weil es mehr über einen selbst und die Videospielindustrie im Jahr 2019 verrät als man auf denkt.