Das Problem bei Videospielen wie Super Lucky’s Tale ist die eigene Erwartungshaltung, da man jeden Vertreter des Genres der 3D-Plattformer immer zumindest irgendwie mit zig Referenztiteln aus dem Hause des Genre-Primus Nintendo vergleicht. Egal ob bewusst, unbewusst, gewollt oder ungewollt, irgendwie ist ein solcher Vergleich immer vorhanden und selbst Videospiele aus dem Hause Nintendo müssen sich mit vorhergehenden Genre-Vertretern aus dem eigenen Haus messen. Ich mag solche Vergleiche nicht, da diese im Regelfall nicht sonderlich kreativ sind und oftmals Elemente aus dem Zusammenhang gerissen werden. Auf den ersten Blick macht Super Lucky’s Tale den Verzicht auf solche Vergleiche unheimlich schwer, erst Recht da meiner Meinung nach jeder langjährige Videospieler innerhalb von Minuten unbewusst solche Vergleiche beim Spielen anstellt. Berücksichtigt man jedoch den Ursprung des Titels, stellt sich heraus, dass dieser zumindest nicht ausschließlich auf Referenztitel von Nintendo basiert, sondern durch das im März 2016 erschienene Virtual-Reality-Videospiel Lucky’s Tale für das Oculus Rift auch technologischer Natur sein könnte. Aber ja, Lucky’s Tale für das Head-Mounted Display hat ohne Diskussion die Genre-Vertreter der 3D-Plattformer als Inspiration benutzt. Super Lucky’s Tale basiert auf diesem Vorgänger, ist jedoch als typischer Titel für Videospielkonsolen umgesetzt und versucht ein familienfreundliches Videospiel für alle Generationen von Videospielern zu sein.
Um gleich noch mehr vorwegzunehmen: Super Lucky’s Tale definiert weder noch erfindet es das Genres der 3D-Plattformer neu. Es ist vielmehr die Sammlung bereits im Genre seit langen manifestierter Systeme und Mechaniken und kombiniert diese zu einem neuen Gesamtbild. Inhaltlich bedeutet dies, dass man als Videospieler den Fuchs Lucky bei seinem Abenteuer durch vier thematische Videospielwelten begleitet, um am Ende die eigene Schwester vor den Bösewichten zu retten. Spielmechanisch passiert dies mit einem überraschend angenehm reduzierten Umfang an möglichen Bewegungen, einer überschaubaren Anzahl an Gegnertypen und auch eher wenig unterschiedlichen Zielen in den jeweiligen Spielabschnitten. Diese Spielabschnitte sind wie bereits erwähnt in vier Videospielwelten unterteilt und über einen thematisch passenden Hub-Abschnitt anwählbar. Das Bewegungsrepertoire von Lucky besteht aus dem klassischen Sprung als auch Doppelsprung und dem Angriff mittels Schweifrotation. Ergänzt wird dies noch um die Möglichkeit sich durch weichen Untergrund zu buddeln um Gegner aus dem Erdreich zu attackieren sowie eingegrabene Objekte einzusammeln. Generell betrachtet kann man in Super Lucky’s Tale alles Sammeln was nicht bei drei auf dem Baum ist. Zu den Sammelobjekten gehören Münzen, Diamanten, Buchstaben und was sonst noch so in den einzelnen Spielabschnitten und Hub-Abschnitten herumliegt und herumschwebt. Der Sammelfokus ist auch einer der primären Treiber, denn es gibt pro Spielabschnitt in Summe vier Kleeblätter zu sammeln. Diese werden benötigt um in jedem Hub-Abschnitt den Zugang zum jeweiligen Boss-Gegner freizugeben, um nach dem Meistern von diesem die nächste Videospielwelt und damit den nächsten Hub-Abschnitt erreichen zu können.
Klingt nicht nach Raketenwissenschaft und ist es einzeln betrachtet auch nicht. Ein 3D-Plattformer funktioniert durch die Kombination und Feinabstimmung. Spielabschnitte können groß sein, machen aber keinen Spaß, wenn man sich nicht orientieren kann. Die Spieldauer kann zu kurz sein oder durch repetitive Spielmechaniken unendlich lange gezogen werden. Beim Schwierigkeitsgrad gilt es den Spagat zwischen nicht fordernd einfach sowie überraschend knackig für die gesamte Zielgruppe zu finden. Die Komplexität der Steuerung, sowie des Bewegungssets, steuern den Schwierigkeitsgrad gemeinsam mit der Kamera indirekt und werden im optimalsten Fall nicht bemerkt. Viele Möglichkeiten und Herausforderungen für einen Videospiel-Entwickler und Super Lucky’s Tale muss sich diesen natürlich stellen. Was folgt ist das Bemerkenswerte, das Kritisierbare und der Aspekt genau in der Mitte.
Das Element welches mir am stärksten in Erinnerung geblieben ist, war die auftretende innere Befriedigung beim Sammeln von Elementen. Konkret geht es hier nicht um die spielmechanisch relevanten Kleeblätter, sondern um die Sammelelemente wie Münzen und Diamanten. Erklärt werden kann dies zum Beispiel durch die systematische Anordnung, die das Einsammeln in einer Reihenfolge indirekt vorgeben. Zum Beispiel sind Münzen als Kreis angeordnet, wodurch man diese auch im Regelfall durch Ablaufen des Kreises einsammelt. Dies führt zu zwei Dingen: Mit jeder quasi korrekt eingesammelten Münze steigt die Höhe des Geräusches beim Sammeln an und am Ende taucht in der Mitte des ursprünglichen Kreises eine größere Münze auf, welche beim Einsammeln die akustische Sammelkette befriedigend beendet. Der spielmechanische relevante Bonus durch aus Einsammeln ist abgesehen von der Steigerung der nicht relevanten Lebensanzeige nicht vorhanden. Die sich stetig wiederholende kurzweilige innere Befriedigung ist jedoch im direkten Vergleich enorm hoch. Kreise ablaufen, in Kreisen vergrabene Münzen frei buddeln, zeitlich perfekt abgestimmte Sprünge von Gegner zu Gegner oder einfach ein perfekt durchlaufener Abschnitt sorgen für dieses absolut positive Gefühl in der eigenen Brust.
Genau das gegenteilige Gefühl erzeugte bei mir die Kamera, jedoch erst in den letzten gefühlten 5% von Super Lucky’s Tale. Um die Komplexität nicht zu steigern, ist die Kamera grundlegend fix und passt sich an die Spielsituation an. Die einzige Manipulation der Kamera durch den Videospieler ist ein leichtes Schwenken auf die linke sowie rechte Seite. Klingt auf den ersten Blick nach einer starken Limitierung, ist aber aufgrund des Aufbaus der Spielabschnitte nicht wirklich relevant oder als Limitierung bemerkbar. Aber da waren dann diese erwähnten letzten paar Prozent und auch der letzte Boss-Gegner. Hier ist der Aufbau der Spielabschnitte und die Perspektive so ungünstig gewählt, dass diese Bereiche unnötig schwierig und für mich auch unnötig frustrierend waren. In meinen Augen ärgerlich und noch ärgerlicher, wenn die sonst durchgehend positive Erfahrung ganz am Ende durch einen solch unverständlichen Patzer im Videospiel-Design zerstört wird.
Der Aspekt genau zwischen diesen beiden Elementen ist im Prinzip der gesamte Rest. Die Grafik ist zweckmäßig hübsch, der Umfang von etwa sechs Spielstunden für das Durchspielen in Hinblick auf den geringen Preis gerechtfertigt, die Motivationskurve wird durch die geschickten Variationen von Spielmechaniken in den einzelnen Spielabschnitten sowie kleineren Nebenaufgaben hoch gehalten und der Schwierigkeitsgrad ist meiner Ansicht nach optimal gewählt, um grundlegend nicht zu viel Denken zu müssen um durchzukommen, aber sich dann doch anstrengend zu müssen, um alle 99 Kleeblätter in Super Lucky’s Tale zu finden sowie zu sammeln.
Super Lucky’s Tale ist stark vereinfacht ein Videospiel welches weder herausragend, aber auch keinesfalls schlecht ist. Es ist ein 3D-Plattformer für die Xbox One, welcher im Gegensatz zu vielen anderen Vertretern des Genres auf der Plattform funktioniert und auch fast durchgehend Spaß macht. Beurteilt man den Titel hinsichtlich der primären Motivation, nämlich ein familienfreundliches Videospiel für alle Generationen von Videospielern zu schaffen, dann ist Super Lucky’s Tale nicht nur ein gutes Videospiel, sondern in meinen Augen ein sehr guter Titel für alle Zielgruppe auf der Xbox One.
Gespielt wurde die Xbox One Version von Super Lucky’s Tale. Das Videospiel ist seit November 2017 für die Xbox One sowie Windows 10 PCs erhältlich. Amazon verkauft den Titel in Form eines physischen Datenträgers* für die Xbox One und als Download-Code* für Xbox Play Anywhere auf der Videospielekonsole und Windows 10 PCs. Alternativ gibt es Super Lucky’s Tale natürlich auch direkt im Microsoft Store*, dort natürlich mit allen Xbox Play Anywhere Vorteilen. Preislich liegt der empfohlene Verkaufspreis bei etwa 30 Euro.