In den sechs Wochen vor der Veröffentlichung von Quantum Break hat Microsoft alle Register des PR‑Handbuchs gezogen und versucht möglichst viel Aufmerksamkeit für die neue Videospielmarke des finnischen Entwicklers Remedy Entertainment zu erzeugen. Die Entwicklungsgeschichte hinter Quantum Break reicht aber deutlich weiter zurück, war es doch der Vorzeigetitel bei der Vorstellung der Xbox One im Jahr 2013 und sollte gleichzeitig als Referenz für die Verschmelzung zwischen Videospielen und TV-Inhalten dienen. Seither ist viel passiert, Microsoft hat die eigenen Ambitionen in der Unterhaltungsindustrie wieder auf den Bereich der Videospiele fokussiert und die finale Version von Quantum Break hat auf den ersten Blick eigentlich nichts mehr mit der damaligen Ankündigung zu tun.
Keine Sorge, die nun folgenden Absätze setzen die Art und Weise des ersten Absatzes nicht fort. Schreiten wir gleich zur Tat und klären die üblichen Fragen zu Beginn. Ist die massive Änderung zwischen Ankündigung und dem finalen Videospiel etwas Schlechtes? Nein, rückwirkend betrachtet sogar eher positiv. Ist Quantum Break ein perfektes Spiel? Natürlich nicht. Ist es anders und merkwürdig? Ja, aber positiv auf die charmant spannende Art und Weise für die ich Videospiele aus dem Hause Remedy Entertainment mag. Sollte man Quantum Break spielen? Absolut. Und wie? Eine merkwürdige Frage, aber genau damit beschäftigt sich der restliche Beitrag. Komisches Thema, aber man kann beim Spielen von Quantum Break einiges falsch machen und erlebt damit das Videospiel nicht wie man es erleben sollte.
Aber kurz einen Schritt zurück, denn was ist Quantum Break überhaupt. Ein Videospiel mit einer gut erzählten und sehr starken Geschichte, welche über verschiedene Elemente erzählt wird. Zum einen durch Abschnitte die aus spielmechanischer Sicht eine Mischung aus 3rd-Person-Deckungs-Shooter sowie auf Zeit basierenden Spezialfähigkeiten sind, Bereichen zum Erkunden um weitere Aspekte der Videospielwelt zu entdecken, kurzen moralischen Entscheidungsabschnitten sowie vier in etwa 25 Minuten lange Videosequenzen mit realen Schauspielern an realen Schauplätzen, welche die Geschichte und deren Protagonisten aus einer anderen Perspektive beleuchten. Liest sich komplizierter als es ist und funktioniert dank der durchgehend hohen Produktionsqualität aller Elemente überraschend gut.
Der wichtigste Aspekt um eine optimale Spielerfahrung zu haben, ist die Komponente der Zeiteinteilung. Keine Sorge, es kommen keine Wortspiele mit Bezug zu den auf Zeit basierenden Spezialfähigkeiten der Spielfigur oder der auf Zeitreisen basierenden Geschichte. Es ist vielmehr die Erzählstruktur von Quantum Break, welche die unterschiedlichen Abschnitte in fünf Akte gliedert. Jeder dieser fünf Akte bietet alleine eine zufriedenstellende Spielerfahrung und beinhaltet alle im vorherigen Absatz beschriebenen Elemente: Gebiet erkunden, Sequenz mit Feinden, Gebiet erkunden, tiefer in die Spielwelt eintauchen, Sequenz mit Feinden, tiefer in die Spielwelt eintauchen, moralischer Entscheidungsabschnitt gefolgt von einer der vier Videosequenzen die das zuvor gespielte aus Sicht der Gegenspieler betrachten. Die Erzähl- und Spielstruktur dieser Akte gliedert die spielerischen Elemente und das Abschlussvideo so gut, dass diese am ehesten mit einzelnen Folgen einer TV-Serie zu vergleichen sind. Und genau auf diese Art sollte man Quantum Break auch erleben. Nicht am Stück in einer oder zwei Spielsitzungen, sondern zumindest in fünf eigenständigen Spielsitzungen, welche im optimalen Fall von je einem Tag Spielpause unterbrochen werden. Damit schafft man sich selbst die Zeit das gespielte und gesehene vollständig zu erfassen, darüber nachzudenken und am Ende auch den teils komplexe aber in sich schlüssige Handlungsstrang des Titels zu verstehen.
Ebenso wichtig ist es, dass man sich genügend Zeit nimmt für die einzelnen Akte, da es innerhalb der Spielwelt etliche zu entdeckende Elemente gibt. Dazu zählen E-Mails, Videos, Zeitungsartikel, Plakate, Notizen, Pläne oder Gegenstände die zu einem noch stärkeren Bezug zur Handlung führen. Es ist zu Beginn merkwürdig mehrere Minuten eine E-Mail vom Bildschirm abzulesen und es ist auch inhaltlich teilweise verwirrend, unterstützt aber den Prozess die Motivation einzelner Charaktere und damit die Handlungsstränge besser zu verstehen. Im Gegensatz zu anderen Videospielen stellt Quantum Break den Spieler nie vor eine definierte Ist-Situation, sondern schafft es die Ausgangslange und das angewendete erzählerische Regelwerk anhand dieser erweiterten Erzählstruktur zu erklären. Klingt nach einem Textbaustein aus einer PR‑Meldung, aber egal ob es die Info ist warum die eigene Spielfigur mit Schusswaffen umgehen kann, weshalb man nicht einfach in die Vergangenheit reist um Adolf Hitler zu töten oder welche Auswirkungen etwaige Manipulationen in der Vergangenheit auf die Gegenwart und Zukunft haben, es wird schlüssig erklärt. Das Sammeln und Erfassen dieser Inhalt ist optional und man kann auch der Gesamthandlung ohne diese Elemente folgen, die optimale Spielerfahrung hat man dann jedoch nicht.
Ist man nach etwa zehn Stunden mit der Kampagne durch, empfiehlt es sich einen oder zwei Tage zu pausieren um danach Quantum Break ein zweites Mal zu spielen. Ungewöhnlich für ein stark erzählerisches Videospiel, jedoch in diesem Fall angebracht und auch spannend. Mit dem Wissen was wann und wo passiert, erlebt man als Spieler die ersten vier Akte auf eine ganz andere Art und Weise. Dinge die man beim ersten Durchgang als gegeben hingenommen hat, bekommen beim zweiten Durchgang eine neue Perspektive. Element die man zuvor nicht gesehen hat, springen einen nun förmlich ins Gesicht und sorgen für ein noch stärkeres Verständnis der von Remedy Entertainment angewendeten Grundprinzipien des Zeitreisens und der Art die Geschichte zu erzählen. Zusätzlich kann man im zweiten Durchlauf den Schwierigkeitsgrad zwecks der Herausforderung auf Schwer ändern und auch in den vier Entscheidungssequenzen die jeweils andere Entscheidung treffen, welche zwar nicht den Ablauf oder Ausgang der Geschichte maßgeblich ändern, aber für den einen oder anderen Twist sorgen.
Drei Aspekte die meiner Ansicht nach jeder Spieler bei Quantum Break beachten sollte um die beste und intensivste Spielerfahrung zu erleben. Also sollte man Quantum Break spielen? Ja. Und wenn ich mir noch immer unsicher bin, da in diesem Beitrag keine Abhandlung zu Spielmechanik und oder der Geschichte vorkommt? Dann erst Recht. Denn, wenn man inhaltlich unvoreingenommen die Geschichte erlebt, dann funktioniert diese besser als wenn man inhaltlich beeinflusst wurde. Aber wenn ich trotzdem einen zweiten Text über den Titel lesen möchte? Dann liest man den Testbericht bei den Kollegen vom Continue Magazin und startet danach mit dem Intro von Quantum Break.
Gespielt wurde die Xbox One Version von Quantum Break. Zusätzlich gibt es auch eine inhaltsgleiche Version für Windows 10. Die Xbox One Version gibt es ab etwa 65 Euro auf Amazon*, die Windows 10 Version für etwa 70 Euro im Windows Store. Beide Versionen wurden Anfang April 2016 veröffentlicht und werden wohl in den nächsten Monaten noch den einen oder anderen Akt als kostenpflichtigen Zusatzinhalt bekommen. Hinweis hinsichtlich Transparenz: Microsoft hat mir vorab einen Xbox One Download Code für Quantum Break zur Verfügung gestellt.