Die diesjährige Games Developer Conference ist vorüber und eines der gefühlt größten Themen waren die Steam Machines. Valve als Spieleentwickler, Technologieanbieter und noch viel wichtiger, als Betreiber der rein digitalen und bei PC-Spielen führenden Vertriebsplattform Steam, hat im Rahmen der diesjährigen Konferenz gemeinsam mit Hardware-Partner eine vor etwa zwei Jahren angekündigte Vision konkretisiert. Ab November 2015 gibt es die Plattform Steam auch auf Steam Machines, auf für das Wohnzimmer optimierten Spiele-PCs, die auf den ersten Blick die Probleme des PCs als Spieleplattform lösen sollen. Die schlechte Nachricht ist, dass trotz Vorteilen wie zum Beispiel der zum großen Teil vorhandenen Kompatibilität oder der optionalen Ausstattung mit dem Linux-Betriebssystem SteamOS, die von Valve angepriesenen Steam Machines weder Probleme wie die unendlich große Hardware-Fragmentierung lösen können und auch nicht für eine Entschleunigung des zwingend erforderlichen Aufrüstwahnsinns sorgen werden. Viel mehr ist der Begriff Steam Machine ein Markenname für einen möglichen standardisierten Verkauf von vordimensionierter Hardware, aber zu keinem Zeitpunkt ein relevanter Angriff auf die bereits im Wohnzimmer befindlichen Videospielkonsolen.
Das liest sich jetzt etwas hart und bietet auch mehr als drei zitatwürdige Aussagen falls die Vision der Steam Machine in den nächsten Jahren doch unerwartet aufgehen sollte. Wenn ich im Wohnzimmer spielen möchte, dann mache ich das im Jahr 2019 relativ sicher auch noch auf der PlayStation 4, einer Wii U oder Xbox One und dem zugehörigen Controller. Und ja, Steam bietet eine sehr viel größere Auswahl an Spielen als die drei Konsolen und auch durch regelmäßig von digitalen Abverkäufen nach unten gepeitschte Preise. Das wirkliche Problem von Steam im Wohnzimmer sind nicht fehlende vorkonfektionierte Spiele-PCs, es ist die abgesehen von Maus und Tastatur fehlende universelle Eingabemethode und der Weg zum Fernseher. Valve versteht diese Problematik, arbeitet seit Jahren daran und hat auch im Rahmen der Games Developer Conference den wirklichen Lösungsansatz zur Eroberung des Wohnzimmers weniger prominent präsentiert, Steam Link und den Steam Controller.
Verfechter des Spiele-PCs lassen sich aus verschiedensten Gründen nicht auf Videospielkonsolen ein und die Bezeichnung von Spiele-PCs als Steam Machines wird daran nichts ändern. Trotz der Verweigerung des hohen Komforts von Videospielkonsolen besteht irgendwo tief im Inneren dieser Verfechter jedoch auch manchmal der Drang, und sei es nur bei bestimmten Spielen, die Freizeitbeschäftigung ins Wohnzimmer zu verlagern. Steam Link ist eine kleine Streaming-Box, die über das heimische Netzwerk die Spielinhalte vom PC auf den Fernseher bringt. Kein Verlegen von Kabeln, kein technisch problematisches Spiegeln von Bildschirminhalten und keine abenteuerlich unbequemen Verrenkungen mit Maus oder Tastatur im Wohnzimmer. Valve verspricht mittels Steam Link einen einfachen Zugang um auf die bereits existierende Steam-Spielesammlung im Wohnzimmer zuzugreifen. Aktuell ist Valve der einzige Hersteller der meiner Einschätzung nach aus technologischer, inhaltlicher und aus Sicht der Benutzerakzeptanz diese PC-Wohnzimmer-Verbindung auch wirklich meistern könnte.
Das zweite und viel wichtigere Puzzleteil in der Strategie ist der Steam Controller. Valve tritt dabei an den bisher am PC zum Standard mutierten Xbox 360 Controller als Eingabegerät vom Thron zu stoßen und gleichzeitig die Probleme in Hinblick auf die erforderliche extreme Flexibilität möglichst stark zu kompensieren. Spiele auf Steam sind Spiele für den PC, grundlegend gedacht zur Steuerung mittels Maus und Tastatur. Anstelle der zum allgemeinen Industriestandard gewordenen Analogsticks sind zwei Trackpads die Antwort von Valve auf die unterschiedlichsten Anforderungen. In Kombination mit der Möglichkeit zur individuellen Belegung wird gleichzeitig versucht einen sehr hohen Grad an Komptabilität zu bereits erschienenen Spielen zu erreichen. Die Vision von Valve ist, dass künftig erscheinende Spiele den Steam Controller mit einer passenden Belegung unterstützen und für andere Spiele sinnvolle Belegungen über die Steam Community geteilt und bezogen werden können. Der Umstand, dass sich das Eingabegerät von Valve praktisch automatisch mit Steam Machines und natürlich Steam Link koppelt ist natürlich selbstverständlich.
Klingt alles nach einem super Plan? Das ist es auch und der Gewinner dahinter ist Valve. Nicht wegen der Spiele-PCs die als Steam Machines bezeichnet werden oder den wahrscheinlich geringen Erlösen durch den Verkauf der etwa 50 Euro teuren Steam Link Steaming-Box oder des gleich teuren Steam Controllers. Warum Steam Machines trotz der Unwichtigkeit medial gefühlt stärker wahrgenommen werden als Steam Link und der Steam Controller? Weil ein Angriff auf den bestehenden Konsolenmarkt offensichtlicher scheint und medienwirksam auch besser erklärt werden kann, auch wenn diese Angriff in Wirklichkeit nicht stattfindet. Valve geht es vielmehr darum den Spielern auf einfache Art und Weise einen zusätzlichen Zugang zum Steam Universum zu ermöglichen, im konkreten Fall über das Wohnzimmer. Kein Verfechter des Spiele-PCs will oder wird den jährlich erscheinenden 0815-Mehrspieler-Shooter mittels Steam Link und Steam Controller auf dem Fernseher spielen, aber sehr wohl Spiele die den Steuerungsursprung auf den Videospielkonsolen haben oder zur derzeit hippen Kategorie der Indie-Games gehören. Spiele die derzeit von PC-Spieler teilweise gemieden werden, aber aufgrund einer erstmals möglichen und günstigen Verlagerung des Spielorts künftig relevanter werden könnten und meiner Ansicht nach auch werden.
Man kann es bereits rauslesen, es geht Valve in Wirklichkeit um das Verkaufen von mehr Spielen. Dies bringt zum einen natürlich Valve zusätzliche Einnahmen als Betreiber der Vertriebsplattform Steam und bindet mit jedem Verkauf den Spieler noch stärker daran. Stärker gebundene Spieler sind künftige Kunden, mehr künftige Kunden bedeuten mehr Verkäufe und mehr Verkäufe dienen gleichzeitig als optimales Argument gegenüber der Videospiel-Industrie noch stärker in das Steam Universum einzusteigen und mehr Teile davon zu unterstützen. Der Ablauf wiederholt sich und ist ein sich selbst stärkender Kreislauf. Steam Link und Steam Controller sind zwei trojanische Pferde um die Stellung von Valve im Bereich der PC-Spiele zu stärken, zu stärken gegenüber Microsoft, wo mit Windows 10 erstmals seit Jahren eine sinnvolle Spiele Strategie auf allen Plattformen von der Xbox One im Wohnzimmer, dem PC im Arbeits- oder Jugendzimmer bis hin zu Smartphones vorhanden zu sein scheint. Aber muss sich Valve vor Microsoft fürchten? Nein, zum einen weil die Position von Valve nur durch massive strategische Fehler in absehbarer Zeit spürbar geschwächt werden könnte und auch nein, da das neue Microsoft meiner Einschätzung nach die Lehren aus mehreren gescheiterten Verdrängungswettbewerben gezogen hat und auf Basis der strategischen Entscheidungen der letzten Monate noch nie so offen gegenüber anderen Plattformen war wie heute. Aber wer weiß heut schon, was die Zukunft im Jahr 2019 so bringen wird.
Valve präsentiert auf der GDC unter dem Slogan „PC-Gaming expandiert“ den November 2015 geplanten Einstieg ins Hardwaregeschäft und damit eine wegweisende Erweiterung des Steam Universums. Auf der Steam Homepage findet man auch hübsche Bilder und weitere allgemeine Details zum Steam Controller, Steam Link, Steam Machines und dem super funky SteamVR.