Armin Wolf, stellvertretender Chefredakteur im ORF-Fernsehen und als Anchorman der Zeit im Bild 2 der bekannteste Fernsehjournalist Österreichs, übernahm im Sommersemester 2012 die Theodor-Herzl-Dozentur und stellte drei Vorlesungen unter das fragende Motto nach dem heutigen Bedarf an Journalisten. Er spricht über die veränderte Mediennutzung, die Unterschiede zwischen professionellen Medien, Bloggern, Wikipedia sowie Wikileaks und den Herausforderungen bei Politiker-Interviews. Die Transkripte der Vorlesungen wurden mittlerweile in Buchform* veröffentlicht und um Wolfs Festrede für die Absolventinnen und Absolventen der FH Journalismus in Wien im Juni 2009 erweitert.
Es geht um E(rnsten)-Journalismus, U(nterhaltungs)-Journalismus und K(ommerz oder Kampagnen)-Journalismus. Beide Formen des schriftlichen K-Journalismus lassen sich leicht zusammenfassen, denn vertreten sie anstelle der Interessen des Lesers die von Anderen. Es ist entweder als Journalismus verkleidete Anzeigenkeilerei oder im zweiten Fall dieser als verkleidete Politik. Der E-Journalismus bietet hohe Qualität sowie relevante Inhalte für einen stetig schrumpfenden Markt, U-Journalismus bietet belanglose Inhalte für einen gefühlt wachsenden (aber zumindest stabilen) Markt und K-Journalismus funktioniert wirtschaftlich solange er nicht durchschaut wird. Die Einstufung unterschiedlicher Medieninhalte in diese Kategorien ist schwierig und noch schwieriger wird es, wenn man versucht sich als Blogger mit seinen eigenen Inhalten selbst ehrlich einzuordnen.
In den letzten Jahren wurde unter anderem in der Causa Schmidt der ideenlosen Stil deutscher Videospiel-Fachmedien kritisiert oder hier im Blog aufgrund der fehlenden Weiterentwicklung bei gedruckten Inhalte auf den bei uns auch heute noch gängigen Videospiel-Journalismus eingeprügelt. Der Aufschrei war groß, die gefühlten Änderungen nicht vorhanden und auch die aktuellen IVW-Zahlen lassen sich unter der Überschrift „Das Leiden geht weiter“ passend zusammenfassen. Ein 25% Minus bei den Exemplaren innerhalb eines Jahres ist die Regel, ein 15% Rückgang wird positiv gewertet und die Halbierung der verkauften Hefte ein trauriger Negativrekord.
Aber warum? Berichte über Videospiele fallen eigentlich in den U-Journalismus, in den Bereich mit Inhalte die kein Mensch zwingend zum Leben braucht. Genau jene Sparte, die zumindest seit Jahren mehr oder weniger stabil ist oder gar wächst. Belangloses Zeug, welches wir konsumieren wenn wir Lust danach haben und welches auch eine Prise K-Journalismus sowie im optimalen Fall auch E-Journalismus enthalten kann. Betrachtet man den deutschen Videospiel-Journalismus stellt man fest, dass es kein U-Journalismus ist und nein, auch wenn die Argumentationskette direkt zum K-Journalismus führen könnte, es handelt sich um W-Journalismus. W für Waschmaschine und dies beschreibt den seit Jahrzehnten vorhandenen konditionierten Stil zur Beurteilung von Videospielen ganz gut, welcher zusätzlich mit immer deutlicheren Spuren von K-Journalismus versetzt ist. Mit W-Journalismus lässt sich die Auflage nicht (mehr) steigern und der spürbare Anteil an K-Journalismus wirkt sich negativ auf Glaubwürdigkeit aus. Die Strategie der Verlage? Die Steigerung des K-Anteils, denn wenn die Leser nicht zahlen, dann soll es die Industrie mit hübschen Werbeanzeigen und möglichst sonnigen Pressereisen. Das klingt nicht nur wie eine sich abwärtsdrehende Spirale, das ist auch eine.
Und was mache ich eigentlich? Anfangs dasselbe, denn die jahrelange Konditionierung hat Spuren hinterlassen. Über Jahrzehnte wurde der W-Journalismus als Königsklasse des Videospiel-Journalismus vermittelt und so wie fast jeder verfiel ich in dasselbe Muster. Irgendwann kam aber der Punkt, an dem ich das antrainierte Verhalten ablegte und mich in Richtung des U-Journalismus entwickelte. Es sind Inhalte die niemand zum Leben braucht, die aber das Bedürfnis nach Unterhaltung stillen sollen. Für mich geht es nicht darum Elementarteilchen und jeglichen Aspekt zu beleuchten. Wichtiger ist es ein Gesamtbild zu schaffen, das Besondere hervorzuheben und zu unterhalten. Mein Weg dorthin dauerte ein paar Jahre und wenn ich mittlerweile mein eigenes Medienkonsumverhalten durchdenke, merke ich, dass es der richtige Weg ist.
Der W-Journalismus steht weiterhin vor mittlerweile fast unlösbaren Herausforderungen und zu den bestehenden kommen nun weitere hinzu. Die Industrie hat genug vom jahrelangen Stillstand und wendet sich langsam in Richtung des U-Journalismus im Internet. Es mag zwar anfangs mehr Aufwand sein, aber die Streuung und Qualität ist letztendlich besser. Da spielt es auch keine Rolle, wenn der K-Anteil schlecht bis nicht steuerbar ist, denn anstelle der Kommunikation über einen Mittelsmann konsumieren die Kunden die K-Inhalte gerne und freiwillig, Twitter und Facebook sei Dank.