Need for Speed The Run

November ist Need for Speed Zeit und seit gefühlten Jahrhunderten veröffentlicht der ehemalige Branchenprimus EA jährlich einen neuen Ableger der Arcade-Rennspielserie. Als Spiel Nummer 17 des Franchises (Shift 2 zählt aufgrund des Titels sowie der Neuausrichtung nicht wirklich dazu) kämpft NfS The Run um die Gunst der Spieler. Gleichzeitig stellt der Titel das Konsolencomeback von EA Black Box dar, die seit NfS Undercover im Jahr 2008 zurecht auf die Strafbank geschickt wurden und seither die meiste Zeit am praktisch gescheiterten MMO-Rennspiel NfS World im wahrsten Sinne des Wortes gebastelt und experimentiert haben.

Neben der Tastatur liegt gerade die Xbox 360 Version des Titels auf meinem Schreibtisch und auf der Rückseite findet sich neben vier eher nichtssagenden Bildern folgender Werbetext: „Das Rennen deines Lebens! Erlebe ein rasantes Rennen von San Francisco nach New York. Sei Jacks entscheidender Vorteil, während er um sein Überleben kämpft. Verbinde dich mit Autolog und besiege deine Freunde auf dem Weg nach NYC.“ Hört sich nach Marketing Bullshit an? Es ist auch irgendwie Marketing-Bullshit und es wäre jetzt wohl der passende Augenblick das Spiel auseinanderzunehmen und einen mehr als vernichtenden Beitrag darüber zu schreiben. Man ist relativ schnell mit der Story durch (Spielzeit: etwa 3 bis 3 1/2 Stunden / angezeigte Rennzeit: 2 Stunden und 16 Minuten), dank der hirnbefreiten Story vergisst man innerhalb von Minuten seinen Namen und auch den Namen der adretten rothaarigen Auftraggeberin, die Grafik ist im Vergleich zum letztjährigen Ableger trotz Frostbite 2 Engine mehr als enttäuschend und auch die Tatsache, dass die einzige Schwierigkeit nicht die Gegner sondern der zufällig generierte Verkehr ist, sprechen nicht wirklich für ein „gutes“ Spiels.

Trotz der negativen Aspekte habe ich im Gegensatz zu vielen (besseren) Spielen das Arcade Rennspiel beendet (soweit man in der heutigen Zeit Spiele bis zum Ende spielen kann) und was bleibt ist die Frage nach dem Warum. Need for Speed The Run schafft es trotz der Macken diesen gewissen Gemütszustand hervorzurufen, der einen stetig weiterspielen lässt. Es sind die kurzen Rennabschnitte in den zehn Etappen, die den „Nur noch das nächste Rennen“-Effekt erzeugen und dank der massiven Simplifizierung der Fahrzeuge braucht man sich wirklich nur auf die Rennen konzentrieren. Auch wenn die während der gerade noch erträglichen Ladezeiten eingeblendeten Texte die Vorzüge der verschiedenen Fahrzeugtypen erklären, ist es eigentlich egal. Meine Strategie war die Selektion aufgrund optischer Kriterien, was ohne wirkliche Probleme zum gewünschten Erfolg führte.

The Run ist quasi der Actionfilm unter den Rennspielen und auch genau in diese Richtung optimiert und vermarktet. Rasche Action ohne großes Nachdenken, eine mehr als streng linear ablaufende Story und im Nachgang erinnert man sich an genau eine Sequenz (Spoiler: das aus den Trailern bekannte Avalanche Rennen) und gerät in Versuchung anhand dieser das Gesamtwerk zu Beurteilen. Thematisch zum Vergleich passend gab es kurz vor Release noch den Michael Bay Trailer zum Spiel und analog zum Kino erfüllt die tatsächliche Spielerfahrung nicht die vom Trailer verkaufte Spielerfahrung (und wie im Kino verrät der Trailer praktisch das Spiel).

Früher gab es einmal eine Zeit, da habe ich mich auf jeden neuen Teil der Serie gefreut und hatte auch richtig lange Spaß mit den Titeln. Zwar kommt seit der Jahrtausendwende kein Ableger an die Genialität von NfS Porsche ran, aber manche Teile wie Underground, Most Wanted oder das letztjährige Hot Pursuit schafften es ganz gut zu unterhalten. Aber ich schweife ab und bevor ich jetzt noch beginne weitere 0815 Sätze über das Spiel zu schreiben (die Grafik ist wirklich mau, der Mega Ultra Gummiband Effekt nervt, die Story ist #%§%’§’#+(%§, einfallslose und nervende Quicktime Events), verweise ich einfach auf die seriösen Testberichte auf Seiten mit ganz viel Werbung (eurogamer.de, gamersglobal.de) und dem etwas anderen Review auf superlevel.de.

Sollte jemand trotz der harten Worte Lust auf Need for Speed The Run bekommen haben, dann kann man zum Beispiel auf Amazon im Austausch gegen etwa 45 Euro die Xbox 360*, PS3*, PC*, Wii* oder 3DS* Version erwerben. Falls der obige Text zulange geworden ist, gibt es auch noch ein passendes Gastkurzfazit von @JannemannH, welches sich inhaltlich mit meinem Eindruck vom Spiel sehr gut deckt: The Run ist wie ein One Night Stand. Es vergnügt kurz, kann längerfristig nicht befriedigen.

Gespielt wurde eine von Electronic Arts zur Verfügung gestellt Version auf der Xbox 360. Need for Speed The Run ist seit November 2011 für praktisch fast alle Plattformen im Handel erhältlich.

Update: Das dort angekündigte Gewinnspiel wurde hier sowie da durchgeführt und die Gewinner sind Yaab (3DS Version) sowie goosch (PC Version). Digitale Briefe mit weiteren Details sind bereits unterwegs.

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