One Year Next Gen, One Year Current Gen

Ende letzten Jahres startete Microsoft mit der Xbox One und Sony mit der PlayStation 4 in die achte Konsolengeneration, in das Next Gen Zeitalter. Zwölf Monate später ist es Zeit die Namensbefindlichkeiten neu zu ordnen und die neue Konsolengeneration als die aktuelle Generation zu sehen, als Current Gen. Als eine Generation die teilweise kontroverse Ansätze verfolgte, als die Generation mit den schnellsten und höchsten Verkaufszahlen und als eine Konsolengeneration die theoretisch ohne Internetanbindung auskommt, aber bei realer Nutzung zwingend eine Breitbandanbindung voraussetzt.

One Year Next Gen - One Year Current Gen - Konsolen

Microsoft lud am Vorabend des Xbox One Veröffentlichungstags zum Launch Event nach Wien, während Sony die Vorzüge der PlayStation 4 im ersten Wiener Gemeindebezirk im Apartment 4ThePlayers mit Blick auf den Stephansdom präsentierte. Mit dem Motto „Schöner, Größer, Besser“ versuchten sich beide Plattformen von der besten Seite zu zeigen und die vorhandenen Problemstellen so gut es ging zu kaschieren. Microsoft startete teurer als die PlayStation 4, die wiederum das schwächere Angebot an Starttitel hatte und für die Plattform wichtige Eigenproduktion um Monate nach hinten verschieben musste. Der Xbox One fehlten in Österreich mit der Kinect Sprachsteuerung und der vollständigen TV Integration zwei im Vorfeld stark beworbene Schlüsselfunktionen, während Sony die Nachfrage aufgrund der eigenen fragwürdigen Produktions- und Logistikprozesse bis in Sommermonate nicht erfüllen konnte und auch versprochene Systemfunktionen am Veröffentlichungstag schuldig blieb. Quasi allen zum Start erhältlichen Spielen fehlte der Wow-Effekt und Funktionsumfang sowie Softwarequalität beider Konsolenbetriebssysteme konnte man nur mit fragwürdig und unfertig zusammenfassen. Das Resultat einer Mischung aus Zeitdruck um vor Weihnachten im Regal zu stehen, auf keinen Fall später als der Marktbegleiter zu starten und teils einfach fehlende Orientierung am Kunden.

Vergleicht man den Status der beiden Konsolen vor einem Jahr mit dem heutigen Status, erkennt man schnell den tatsächlichen Unterschied zu den Vorgängern und es sind weder die Spiele, die Hardware, die grundlegende Funktionsweise oder der Preis. Aktuell erscheinende Spiele wären zwar technisch in Bezug auf die Optik und des Umfangs nicht auf der PlayStation 3 oder Xbox 360 möglich gewesen, aber das offensichtliche Unterscheidungsmerkmal wie bei früheren Generationssprüngen fehlt. Pure Leistungszahlen oder Besonderheiten der Hardware sind aufgrund mehrheitlicher Multiplattform-Spiele unter Berücksichtigung des kleinsten gemeinsamen Nenners irrelevant und auch die auf beiden Plattformen gegebene grundlegende Funktionalität des Betriebssystems ist sichergestellt. Der zu Beginn für die PlayStation 4 vorhandene preisliche Vorteil wurde von Seiten Microsoft durch die Loslösung von Kinect in Kombination verschiedenster Hardware-Spiele-Bundles relativiert bis sogar aufgehoben und wäre ganz nüchtern betrachtet in Hinblick auf die laufenden Kosten über die Nutzungsdauer sowieso fast irrelevant gewesen. Der tatsächliche Unterschied zwischen den beiden Plattformen liegt im Bereich Software und Services und genau hier wird es spannend, denn hier unterscheiden sich Microsoft und Sony deutlich. Lautete die Wette früher wer die besseren Spiele auf seiner Plattform hat, lautet heute die Frage wer die bessere Software auf seiner Konsole hat, den besseren Onlineservice bietet und beides auch unter Kontrolle hat.

Wagt man einen Rückblick auf die ersten zwölf Monate des Lebenszyklus der Geräte erkennt man den Unterschied sehr klar, den Unterschied zwischen einem Softwarehersteller und einem Hardwareproduzenten. Microsoft wagte sich an das Thema Express Software Deployment im großen Stil und lieferte seit Februar 2014 monatlich Aktualisierungen des Xbox One Betriebssystems. Dank neu geschaffener Prozesse wurden bei jedem der zehn großen Updates etliche neue Funktionen hinzugefügt, die teilweise auch einen massiv positiven Einfluss auf die Gesamterfahrung haben. Ein parallel dazu geschaffenes halböffentliches Vorschauprogramm unterstützt die Xbox Entwicklungsabteilung mit echten Nutzerdaten, ermöglicht somit eine optimierte Anpassung an Spielerwünsche und zwischen Fertigstellung des Updates und der Installation auf Konsolen vergehen mittlerweile oft weniger als 48 Stunden bei einer bleibenden hohen Softwarequalität. Sony hingegen schaffte es zwar am Papier die besseren Hardwarezahlen zu liefern, schaffte es aber nicht seine Softwareprozesse unter Kontrolle zu bekommen. Anstatt wie bei der Xbox One mittels Salamitaktik den Funktionsumfang nach und nach zu erhöhen, setze man bei der PlayStation 4 auf ein umfangreiches Update des Betriebssystem, welche erst kürzlich und damit relativ genau ein Jahr nach dem Konsolenstart die damals mit angekündigten Funktionen nachrüstete. Nichts von Express Software Deployment und auch wenig von Softwarequalität, denn wie bereits in der vergangenen Generation mussten mittels nachfolgender Updates kleine und teilweise größere Probleme für Sony relativ aufwändig behoben werden. Kein unüblicher Vorgang bei Sony und auch Microsoft lieferte in der Vergangenheit problembehaftete Updates aus, jedoch zeigt die nun unterschiedliche Herangehensweise der beiden Hersteller wer am meisten aus den Problemen und Herausforderungen der vorhergehenden Generation gelernt hat und wer weiterhin an alten Strategien festhält.

Ähnliches sah es in den letzten zwölf Monaten bei den Onlinediensten Xbox Live und dem PlayStation Network aus. Beide Dienste sind mit Einführung der neuen Konsolen kostenpflichtig und vom Funktionsumfang sehr ähnlich. Onlinepartien nur für zahlende Mitglieder, monatlich ein ausgewähltes Spiel kostenlos und regelmäßig wechselnde digitale Sonderangebote stehen bei beiden Premiumdiensten auf der Checkliste. Die von Microsoft beworbenen 300.000 Cloudsysteme für Xbox Live sind zwar am Papier ein großes Vorteil gegenüber den unbekannten Dimensionen des PlayStation Networks, jedoch schaffte es Microsoft bisher nicht die tatsächlichen Vorzüge dieser Infrastruktur sinnvoll zu erklären oder gar zu demonstrieren. Microsoft liefert derzeit auf der Xbox One praktisch dieselbe Xbox Live Qualität wie auf der Xbox 360 und auch Sony macht mit dem PlayStation Network dasselbe, inklusive der regelmäßigen Wartungsarbeiten während der das gesamte PlayStation Network auch im Jahr 2014 für etliche Stunden offline geschaltet werden muss.

Müsste ich heute die Frage nach der zukünftig besseren Konsolenplattform beantworten, wäre die Antwort die Xbox One. Die nächsten sieben bis elf Jahre werden nicht durch Hardware bestimmt, sondern durch Software und Services. Die Xbox One legt hier dank des extrem ausgeprägten Softwarehintergrunds von Microsoft die Messelatte für Sony, das PlayStation 4 Betriebssystems und das PlayStation Network fast unerreichbar hoch und der Trend der letzten zwölf Monate bekräftigt diesen Einschätzung deutlich. Auch wenn die PlayStation 4 den ersten Sprint dank Hardwaredaten und einem günstigeren Einstiegspreis gewonnen hat, hat meiner Ansicht nach Microsoft aufgrund von Software und Services die bessere Ausgangslage für den restlichen Marathon. Und welche Konsole sollte man sich nun kaufen? Die Xbox One mit der besseren Software und den problemloseren Services oder die PlayStation 4 mit der leistungsstärkeren Hardware? Die Frage ist relativ leicht beantwortet, denn es ist die Konsole, die die Freunde besitzen, denn das gemeinsame Spielen überwiegt jedes Argument und dabei ist es unabhängig ob es sich um eine PlayStation 4, eine Xbox One oder gar eine Wii U handelt.

Hinweis hinsichtlich Transparenz: Ich war Xbox, Xbox 360 und bin Xbox One Besitzer der ersten Stunde und ein Fan des Systems, der Möglichkeiten und der Ansätze von Microsoft. Neben Konsolen aus dem Hause Microsoft befinden sich auch Konsolen von Nintendo (NES, SNES, N64, GameCube und Wii) sowie Sony (PlayStation 2 und PlayStation Portable) in meiner Videospielegeschichte. Der Beitrag spiegelt meine persönliche Meinung wieder und basiert auf den öffentlich erkennbaren Strategien der Hersteller und auf Gesprächen mit Käufern der neuen bzw. aktuellen Konsolen. Weder meine Moderationstätigkeit in den Xbox.com Foren oder die Koordinierung der österreichischen Xbox Community Playdates haben sich inhaltlich auf den Beitrag ausgewirkt.

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